# taz.de -- „Shopping Queen“ bei Vox: Blödmannshow ohne Blödmann
       
       > Seit etwa 500 Folgen zeigt „Shopping Queen“ Menschen beim
       > Klamottenkaufen. Doch die Sendung hat einen ganz besonderen Reiz: ihren
       > Moderator.
       
 (IMG) Bild: Bedingungsloser Philanthrop: Guido Kretschmer und die Teilnehmerinnen aus einer „Promi“-Ausgabe von „Shopping Queen“.
       
       Hach, wie herrlich könnte man an dieser Sendung herumnörgeln. Schließlich
       bietet sie eine Breitseite nach der anderen: Die blanke
       Konsumorientiertheit (gekürt wird, wer „am besten shoppt“). Die
       Oberflächlichkeit und fehlende Nachhaltigkeit. Der unverhohlen ausgelebte
       Voyeurismus (während eine Kandidatin einkaufen geht, schnüffeln die anderen
       in ihrer Wohnung herum). Das dokusoaptypische Vorführen, und das durch
       launigem Off-Kommentar tendenziöse Verurteilen der Kandidatinnen. Der
       Schleich- und Sponsorenwerbeaspekt. Der selbstverständliche Alkoholkonsum
       zu kindaffinen Tagesprogrammzeiten. Und so weiter. Man kann sie auch
       einfach langweilig finden: Worin besteht der Reiz, einer Woche lang fünf
       Frauen (selten auch Männern) aus einer Stadt dabei zuzuschauen, zu einem
       vorgegebenen Thema ein Outfit für nicht mehr als 500 Euro zu finden?
       
       Aber „Shopping Queen“, das von Constantin Entertainment für den
       Fernsehsender Vox produzierte Nachmittags-Zugpferd, das im letzen Jahr für
       den Deutschen Fernsehpreis nominiert war, im Februar mit der „Goldenen
       Kamera“ ausgezeichnet wurde, in Hochzeiten eine Einschaltquote um die 10
       Prozent erreicht und Montag zum 500. Mal ausgestrahlt wird, ist vor allem
       in nichtkommerzieller Hinsicht komplexer und wirkungsmächtiger, als es den
       Anschein hat.
       
       Verantwortlich dafür ist größtenteils der Mann, der die Einkaufsbummeleien
       der einstündigen „Factual Entertainment“-Show kommentiert und am Ende seine
       Punkte für das „beste Wochenoutfit“ abgibt: „Star-Designer“ Guido Maria
       Kretschmer.
       
       Der 48jährige gebürtige Münsteraner, der seine Kollektionen seit seinem
       TV-Erfolg auf Fashion Weeks und in Versandhäusern präsentiert, bei der
       siebten Staffel des „Supertalents“ als Juror mitwirkte und bei RTL die viel
       schlechter produzierte Vorführ-vorher-nachher-Show „Hotter than my
       daughter“ moderiert, ist das Beste, was dem potenziellen
       Shopping-Queen-Publikum passieren kann: Kretschmer ist bedingungsloser
       Philanthrop. Und damit das Gegenteil des landläufigen Modedesigners, der
       seine Catwalk-Bohnenstangen gern hungrig und jung hat.
       
       ## Freundliche Bewunderung
       
       Der Westfale kommentiert auch die unförmigsten, exaltiertesten und
       schiefgesichtigsten Wuchtbrummen der Sendung gebetsmühlenartig mit seinem
       Mantra: Es ist scheißegal, welche Figur jemand mit sich herumträgt, wie alt
       jemand ist, inwieweit er den landläufigen Schönheitskriterien entspricht.
       Spaß an Mode hat damit nichts zu tun.
       
       Das kann man als Binsenweisheit abtun oder als Utopie bemängeln. Für das
       „Shopping-Queen“-Zielpublikum jedoch, das auch Heidi Klums und Dieter
       Bohlens Kommentaren in deren jeweiligen Blödmannshows lauscht, das
       eventuell selbst (noch) in einer Lebensphase steckt, die von Selbstzweifeln
       geprägt ist, könnte Kretschmers freundliche Bewunderung für modemutige
       Frauen jeden Alters, jeder sexuellen Orientierung und jeder Statur Balsam
       auf der Seele sein. Dazu haben Kretschmers vielleicht wegen der
       Dialektfärbung oft ehrlich wirkenden Sprüche, seine erfreuten „Wat ne tolle
       Puppe!“-Ausrufe einen hohen Unterhaltungswert. Zudem begreift man endlich
       den Unterschied zwischen Eigenwahrnehmung und Außenwirkung, wenn eine der
       Schnäppchenjägerinnen sich in eine furchtbare Leggins drückt und sich
       zufrieden vor dem Spiegel dreht.
       
       Natürlich ist „Shopping Queen“ für Menschen mit textilem Desinteresse so
       interessant wie die „Sportschau“ für SporthasserInnen. Aber die anderen,
       die heimlich gern mal darüber nachdenken, was sie selbst sich für das Motto
       „Yachtparty vor Ibiza“ oder „Gelb regiert die Welt“ in vier Stunden
       zusammenstellen würden, die sollen ihren billigen Spaß weiter genießen.
       Oder wie es Philosoph Lagerfeld einst ausdrückte: „Der Mode entkommt man
       nicht.“
       
       Anmerkung: Sorry, wir haben uns verrechnet, am Montag wird wohl nicht die
       500. Folge ausgestrahlt. Trotzdem gute Show!
       
       28 Jul 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jenni Zylka
       
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