# taz.de -- Kommentar Argentiniens Staatsbankrott: Sich das Stigma leisten können
       
       > Argentinien steht nicht vor der Pleite. Es riskiert nur das Label
       > „Zahlungsunfähigkeit“, weil es die Schulden von Hedgefonds nicht
       > begleicht.
       
 (IMG) Bild: „Genug, Geier“: Die Haltung der argentinischen Regierung könnte innenpolitisch von Vorteil sein.
       
       Argentinien steht nicht vor der Pleite. Behauptungen solcher Art sind
       sensationsheischend, zeugen von Nichtwissen oder sie sind geschickt
       gestreute Propaganda von Finanzmarktlobbyisten. Was Argentinien zum 30.
       Juli droht, ist das Label der Zahlungsunfähigkeit. Doch nicht, weil kein
       Geld für den Schuldendienst da ist, sondern weil ein New Yorker Richter die
       Tilgung fälliger Ratenzahlungen an Gläubiger blockiert.
       
       Argentinien galt lange Zeit als Musterschüler des Internationalen
       Währungsfonds. Es befolgte dessen Rezepte, schuldete um, so lange, bis das
       Land 2001 mit der Hilfe der Washingtoner Währungshüter bankrottging. 2002
       stellte es seinen Schuldendienst vorübergehend ein. Auf den internationalen
       Finanzmärkten gilt Argentinien seither als schwarzes Schaf, über dem
       sprichwörtlich die Geier kreisen.
       
       Nach dem Staatsbankrott und den anschließenden zähen Verhandlungen über
       eine Neuregelung der Schulden nahm Argentinien den Schuldendienst wieder
       auf. Seither wird pünktlich und penibel getilgt. Und hätte sich der
       argentinische Staat nicht mit einer Einmalzahlung seiner gesamten
       Verbindlichkeiten in Höhe von 9,8 Milliarden US-Dollar beim IWF Ende 2005
       von diesem ausdrücklich losgesagt, dann könnte es heute wieder als dessen
       Musterschüler in Sachen Schuldentilgung gelten.
       
       Mithilfe der US-Justiz sehen die Gläubiger jetzt ihre Stunde gekommen.
       Moralisch mag ihr Handeln verwerflich sein, juristisch scheint es korrekt.
       Und die Genugtuung, das renitente Schaf am Ende doch zur Strecke gebracht
       zu haben, scheint auch ihre Fantasie zu beflügeln.
       
       Wenn sich die Regierung in Buenos Aires weigert, die Forderungen der
       „Geier“ zu begleichen, dann tut sie es mit dem Argument, sie dürfe laut
       einer Vertragsklausel vor Ende 2014 keine verbesserte Tilgung für die alten
       Schuldentitel anbieten, da sonst eine Lawine von Nachforderungen
       losgetreten würde. Möglich ist, dass weitere Gläubiger eben genau darauf
       warten.
       
       Mit der Zahlungsverweigerung ist Argentiniens Regierung auf der sicheren
       Seite, und sie wird sich bis Ende des Jahres die Zahlungsunfähigkeit
       leisten. Innenpolitisch ist das sogar von Vorteil: Für die weiter steigende
       Inflation und die Wirtschaftsrezession, die bereits eingesetzt hat, geben
       die „Gefiederten“ einen scheinbar plausiblen Schuldigen ab.
       
       28 Jul 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Vogt
       
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