# taz.de -- Privatisierung von Griechenlands Stränden: Zerstörung im Namen der Troika
       
       > Ein neues Gesetz, durch das die gesamte griechische Küste bebaut werden
       > könnte, sorgt für Empörung. Doch die EU sieht es als Mittel gegen die
       > Krise.
       
 (IMG) Bild: Bald exklusiv: Strand auf der griechischen Insel Mykonos.
       
       BERLIN taz | Derzeit gibt es an der griechischen Mittelmeerküste noch viele
       naturbelassene Bereiche. Und Urlauber können sich darauf verlassen, überall
       kostenfrei ans Meer zu kommen: Weil die Küste als Gemeingut gilt, darf der
       Zugang nicht beschränkt werden. Beides könnte bald der Vergangenheit
       angehören.
       
       Ein Gesetzentwurf sieht vor, dass Strände künftig privatisiert und sehr
       viel einfacher bebaut werden können. Zudem sollen sämtliche ohne
       Genehmigung errichteten Gebäude auf einen Schlag legalisiert werden, warnt
       etwa Dimitris MelissAs, Jura-Professor an der Technischen Universität
       Athen. „Der Staat würde sich völlig entmachten“, sagt er.
       
       Der umstrittene Entwurf stammt vom ehemaligen Finanzminister Giannis
       Stournaras – und das zeigt bereits, worum es bei den Plänen geht:
       Griechenland will mit der Entwicklung seiner Küsten die Staatskasse füllen
       – und seinen Geldgebern entgegenkommen, EU-Kommission, Internationalem
       Währungsfonds und Europäischer Zentralbank. Die Troika entscheidet über die
       Auszahlung weiterer Hilfskredite an das Land.
       
       Die Kommission lobt die Pläne in der jüngsten Überprüfung des
       Anpassungsprogramms für Griechenland ausdrücklich: Die geplanten „Maßnahmen
       zur Verbesserung der Flächennutzung für wirtschaftliche Entwicklung“ würden
       „strategische Investitionen und Privatisierung erleichtern“, heißt es im
       vertraulichen Zwischenbericht, der der taz vorliegt.
       
       ## Protest gegen Privatisierungspläne
       
       In Griechenland haben die Pläne einen Proteststurm entfacht. Der
       Umweltverband WWF spricht von einem „ökologischen Verbrechen“, über 100.000
       unterschrieben eine Petition. Die Regierung legte das Gesetz darum Ende Mai
       zunächst auf Eis. Vor wenigen Tagen sprach sich Umweltminister Giannis
       Maniatis für eine deutlich abgespeckte Variante aus.
       
       Doch ob sich der neue Finanzminister Gikas Chardouvelis dem anschließt, ist
       offen. Kritiker vermuten, dass er sich auf die Troika beruft, um an den
       Plänen festzuhalten. Denn auch im jüngsten „Memorandum of Unterstanding“,
       das die Bedingungen für Finanzhilfen regelt, ist das Küstengesetz
       ausdrücklich erwähnt. Allerdings steht es dort im Kapitel zur Einführung
       eines Bodenkatasters.
       
       Ob die EU auf den weitgehenden Plänen des Finanzministers besteht, ist
       offen. Die Grünen fordern darum, dass die EU sich klar von den Plänen
       distanziert. „Anderenfalls macht sich die Kommission an einem ökologischen
       Desaster mitschuldig“, sagt der EU-Abgeordnete Sven Giegold. „Sich an
       solchen Maßnahmen zu beteiligen, verstößt gegen die EU-Verträge.“ Zudem
       zeige das Beispiel Spanien, dass die Verschandelung der Strände auch
       ökonomisch nicht erfolgreich sei.
       
       Die Bundestagsabgeordnete Franziska Brantner forderte Finanzminister
       Wolfgang Schäuble (CDU) auf, sich in Brüssel für eine Abschwächung der
       Pläne einzusetzen. „Die Bundesregierung kann ja wohl nicht Empfehlungen an
       Griechenland absegnen, für die sie in Deutschland niemals eine Mehrheit
       bekäme“, sagte sie der taz. „Und auch wir als Bundestagsabgeordnete sollten
       künftig genauer hinsehen, was das in unserem Namen an sogenannten
       Reformauflagen EU-weit beschlossen wird.“
       
       28 Jul 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Malte Kreutzfeldt
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Troika
 (DIR) Privatisierung
 (DIR) Gemeingut
 (DIR) Sigmar Gabriel
 (DIR) Antonis Samaras
 (DIR) EU
 (DIR) Jean-Claude Juncker
 (DIR) Banken
 (DIR) EU
 (DIR) Schwerpunkt Finanzkrise
 (DIR) Antonis Samaras
 (DIR) Europawahl 2014
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kooperation von Staat und Privat: Gabriels Profitexperten
       
       Sigmar Gabriel will Banken und Versicherungen hohe Profite verschaffen.
       Dafür soll Deutschlands Infrastruktur privatisiert werden.
       
 (DIR) Griechische Regierung: Samaras stellt Vertrauensfrage
       
       Die Regierung von Premier Samaras will den Forderungen nach einer Neuwahl
       die Spitze nehmen. Ende der Woche könnte es zur Abstimmung kommen.
       
 (DIR) Kommentar Juncker in Griechenland: Unter Freunden
       
       Von Junckers Besuch in Athen wird viel erwartet. Premier Samaras, der den
       neuen EU-Kommissionschef unterstützt hat, will nun etwas zurückhaben.
       
 (DIR) Jean-Claude Juncker in Athen: Zeichen für Griechenland
       
       Mit großen Erwartungen wird der künftige Chef der EU-Kommission empfangen.
       Die wichtigen Entscheidungen fallen aber erst im nächsten Monat.
       
 (DIR) Krise in Portugal: Millardenhilfe für Bank
       
       Die Banco Espírito Santo wird mit fast 5 Milliarden Euro aus Steuergeldern
       saniert. Dafür werden „faule“ Kredite in eine „Bad Bank“ ausgelagert.
       
 (DIR) Freier Handel in der Europäischen Union: Wem's schon gut geht, der profitiert
       
       Der EU-Binnenmarkt ist ein wirtschaftlicher Erfolg, so eine Studie der
       Bertelsmann Stiftung. Attac fragt: für wen? Vielen Deutschen gehe es
       schlechter.
       
 (DIR) Chinas Engagement in Griechenland: Frisches Geld aus Fernost
       
       China kauft umfangreich in Hellas ein, darunter auch Staatsanleihen. Das
       freut nicht alle Griechen. Auch die EU-Kommission ist skeptisch.
       
 (DIR) Ökonom über die Eurokrise: „Griechenland schafft es“
       
       Im Krisenland gibt es starke Forschungsinstitute und eine interessante
       Gründerszene, sagt der Ökonom Alexander Kritikos. Das Land bleibt in der
       Eurozone.
       
 (DIR) Ergebnis der AfD bei der Europawahl: Der Populismus der Neulinge
       
       „Für unsere Kinder“ verkündet Bernd Lucke seine Botschaft – und ruft die
       AfD als neue Volkspartei aus. Was genau das für die Arbeit in Brüssel
       bedeutet, bleibt im Dunkeln.