# taz.de -- Verurteilung in Österreich: Solidaritätsliteratur für Josef S.
       
       > Der wegen Landfriedensbruchs verurteilte Demonstrant ist als Gasthörer an
       > der Wiener Kunstuni anerkannt. So konnte er in Haft mit Büchern versorgt
       > werden.
       
 (IMG) Bild: In Haft hat er immerhin etwas Gutes zu Lesen bekommen.
       
       Josef S. aus Jena, unfreiwillig prominent durch seine Verurteilung wegen
       Landfriedensbruch anlässlich einer Demo in Wien, ist Gasthörer am Institut
       für Sprachkunst an der Universität für Angewandte Kunst in Wien.
       
       Die dort lehrende deutsch-jüdische Schriftstellerin Esther Dischereit
       konnte ihn so schon während seiner sechsmonatigen Untersuchungshaft mit
       Literatur versorgen. Der 23-jährige Student hat gegen das Urteil von zwölf
       Monaten Freiheitsstrafe – acht davon auf Bewährung – Berufung angekündigt.
       
       [1][Im Interview mit der Wiener Online-Publikation die Zeitschrift.at]
       begründet die Professorin ihre Einladung und zeigt sich ernüchtert über
       Österreichs Justiz, die sie beim Prozess gegen Josef S. als parteilich und
       reaktionär erlebt hat. Aufmerksam gemacht wurde sie auf den Fall durch
       einige Studenten, die an der Demonstration gegen den rechten
       Burschenschafterball im Januar teilgenommen hatten.
       
       Sie solidarisierten sich mit dem einzigen Teilnehmer, der für die
       Ausschreitungen am Rande der Demo verantwortlich gemacht wurde. „Dass ein
       Mensch, der aus Sicht der Beteiligten kein Anstifter für Gewalttaten ist,
       herausgepickt und dazu gemacht wird, erfuhren sie als existentielle
       Bedrohung. Man kann für eine Meinungsäußerung – und das Demonstrieren ist
       eben auch eine Form, die Meinung zu sagen – zu einem gerechten Anliegen
       martialisch bestraft werden“, so Dischereit.
       
       ## Erschütterung über den Richter
       
       In Österreichs Medien und Juristenkreisen wird das Urteil vorwiegend
       kritisch kommentiert. Der Staatsanwalt habe seine Voreingenommenheit durch
       Begriffe wie „Demonstrationssöldner“ und „Terrorist“ verraten, der Richter
       das Prinzip „im Zweifel für den Angeklagten“ umgedreht. Dischereit habe den
       ersten Prozesstag im Juni miterlebt und erschüttert konstatiert, wie der
       Richter jeden Widerspruch in der einzigen belastenden Zeugenaussage
       zulasten des Angeklagten auslegte.
       
       Daraufhin bot sie Josef S. eine Gasthörerschaft an und schickte ihm Bücher
       von Jürgen Fuchs und Utz Rachowski. Beide hatten in der DDR als Dissidenten
       im Gefängnis gesessen. Dischereit: „Sie waren damals so jung wie es Josef
       S. heute ist. Und sie stammten auch aus der Gegend von Jena.“ Utz Rachowski
       habe sein Buch mit einer persönlichen Widmung versehen.
       
       Für das politische Engagement des Studenten hat die Autorin volles
       Verständnis: „Wenn man in Jena nicht gegen rechts auf die Straße geht, dann
       nehmen die Rechten die Straße. Zivilcourage ist eine ehrenhafte Sache und
       Bürgerpflicht in Jena.“ Schließlich sei die Stadt auch die Heimat des
       mörderischen NSU gewesen.
       
       29 Jul 2014
       
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