# taz.de -- Bloggender Waffenspezialist: Krieg ist sein Hobby
       
       > Eliot Higgins ist im Netz zum Experten für Waffen und deren
       > Verbreitungswege avanciert. Das Wissen hat er aus Filmen von
       > Schwarzenegger und Rambo.
       
 (IMG) Bild: Nach dem Einschlag von zwei mutmaßlichen Fassbomben in Aleppo
       
       DUBLIN taz | Wer ist dieser Mann? Brown Moses nennt er sich und in seinem
       [1][Blog] schreibt er schneller und genauer als alle Zeitungen über
       Bombardierungen und neue Waffen im Syrienkrieg. Das fragten sich nicht nur
       Journalisten, sondern auch Sicherheitsexperten. Man ahnte zunächst nur,
       dass er Frank-Zappa-Fan war, denn auf der Zappa-LP „Thing-Fish“ gibt es den
       Song „Brown Moses“ – sein Pseudonym.
       
       Im Internet kursierten schnell Gerüchte: Brown Moses arbeite für die CIA
       oder den MI5, hieß es, vielleicht auch für den Mossad, aber mindestens sei
       er Mitglied der Bilderberg-Gruppe, einem informellen Treffen
       einflussreicher Personen aus Wirtschaft, Militär, Politik, Medien,
       Hochschulen und Adel.
       
       Um die Verdächtigungen zu entkräften, outete er sich schließlich: Brown
       Moses ist Eliot Higgins, ein arbeitsloser Engländer aus Leicester ohne
       Fremdsprachenkenntnisse. Der 34-Jährige hat ein abgebrochenes Medienstudium
       hinter sich, seinen Job bei einer Wohltätigkeitsorganisation für obdachlose
       Asylbewerber hat er vor zwei Jahren verloren. So kümmert er sich zu Hause
       um die knapp dreijährige Tochter, während seine türkische Frau in einem
       Postamt arbeitet. Nebenbei surft er im Internet.
       
       Die Analyse syrischer Waffen betrieb er zunächst als Hobby. Seit März 2012
       stellt er sie ins Netz. Die Waffenkenntnisse hat er sich selbst erarbeitet.
       „Vor dem Arabischen Frühling wusste ich nicht mehr über Waffen als ein
       durchschnittlicher Xbox-Besitzer“, sagt er. „Meine Kenntnisse stammten von
       Filmen mit Arnold Schwarzenegger und Rambo.“ Er war noch nie in Syrien, und
       auch sonst niemand, den er kennt, hat irgendwelche Beziehungen zu dem Land.
       
       Higgins durchforstet täglich 450 You-Tube-Kanäle nach Bildern von Waffen.
       Entdeckt er einen neuen Waffentyp, sucht er solange im Netz, bis er weiß,
       worum es sich handelt. Diese Informationen stellt er in seinem Blog zur
       Verfügung, er benennt seine Quellen und erklärt genau, wie er zu seinen
       Ergebnissen gekommen ist. Rivalität mit anderen Bloggern ist ihm fremd.
       Wenn er etwas nicht weiß, bittet er um Hilfe. Seine Leser danken ihm die
       Offenheit und versorgen ihn mit Informationen.
       
       ## Der Erste, der über Fassbomben berichtete
       
       Er war der Erste, der 2012 über Clusterbomben und Fassbomben –
       improvisierte Sprengkörper, die erstmals von der US-Armee im Vietnamkrieg
       eingesetzt wurden – im Syrienkrieg berichtet hat. Sein bisher größter Coup
       war die Nachzeichnung des Weges, den kroatische Waffen aus dem Balkankrieg
       bis nach Syrien in die Hände der Rebellen genommen haben. Der
       Waffenschmuggel wurde von Saudi-Arabien finanziert, die USA waren zumindest
       informiert darüber. Diese Enthüllung war der New York Times eine
       Schlagzeile wert.
       
       Man müsse nur genau hinschauen, sagt Higgins. Weil tausend Augen mehr sehen
       als zwei, hat er nun die Rechercheplattform [2][„Bellingcat“] gegründet.
       Dort will er seine Leser zur Recherche anleiten. Zunächst soll die
       Plattform durch Crowdfunding finanziert werden, später soll sie von
       etablierten Medien getragen werden.
       
       Der Name der Plattform basiert auf der mittelalterlichen Fabel „Belling the
       Cat“, in der Mäuse einer Katze eine Glocke umbinden wollen, um künftig
       gewarnt zu werden. Bei der Fabel geht es um den Unterschied zwischen einer
       guten Idee und ihrer Durchführbarkeit, denn alle Mäuse drücken sich vor dem
       gefährlichen Job. Higgins alias Brown Moses indes will zeigen, dass eine
       gute Idee auch durchführbar ist.
       
       Im Vergleich zu den Kriegen in Afghanistan und im Irak gibt es in Syrien
       wenige Reporter vor Ort, weil die Recherche zu gefährlich ist. Der
       Kriegsreporter der New York Times, CJ Chivers, forderte deshalb seine
       Kollegen auf, ehrlicher zu sein und einzuräumen, wie viel sie vom
       Brown-Moses-Blog für ihre Artikel verwendet haben: „Viele verlassen sich
       auf seine tägliche Arbeit, die unzähligen Videos vom Syrienkonflikt
       auszuschlachten.“
       
       13 Aug 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://brown-moses.blogspot.de/
 (DIR) [2] http://bellingcat.com/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
       ## TAGS
       
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