# taz.de -- Kommentar Killerkühe: Die Natur schlägt zurück
       
       > Wo läge mehr Trost als in ihren Augen? Und doch wird das Tier heuer
       > vielen Wanderern zum Verhängnis – auch wenn wir denken, wir hätten es
       > domestiziert.
       
 (IMG) Bild: Die hier macht eine Pause.
       
       Kein Tier ist für den Menschen wichtiger als die Kuh. Ihre Nutzung trug
       wesentlich dazu bei, dass er sein nomadisches Sammlerleben zugunsten
       sesshafter Hochkultur aufgeben konnte. Die Kuh ist die Geburtshelferin der
       modernen Zivilisation.
       
       Im Gegenzug haben wir das Rind zur erfolgreichsten Großsäugerart gemacht,
       1,3 Milliarden Exemplare zählt die globale Herde. Und wir zehren stetig
       weiter von der Kuh: die einen, indem sie sich von ihren Produkten nähren
       und kleiden, die anderen, weil der Verzicht auf ebendas ihnen Lebenssinn
       gibt und das Gefühl, etwas Besseres zu sein. Allen gemeinsam lindert sie
       den Schmerz am Sein: „Manchmal hat man ja auf Wanderungen Gelegenheit, sich
       einem solchen Tier zu nähern. Es ist ein unglaublich schönes Gefühl, eine
       Kuh zu umarmen oder eine Weile in ihre Augen zu schauen. Aller Trost der
       Welt liegt in ihren Augen“, schrieb Max Goldt.
       
       Doch die Kuh kann auch bockig sein. Derzeit machen Schreckensmeldungen von
       Killerkühen die Runde, die friedliche Wandersleut’ auf den Almen
       terrorisieren. Zwei Menschen kamen in diesem Sommer zu Tode – und es
       scheint, die Zahl der Unfälle steige an. Die Gründe sucht man in der
       steigenden Wanderlust, der erhöhten Nachfrage nach Almrindprodukten und der
       somit steigenden Kuhfrequenz: Es ist gerade die Sehnsucht nach mehr Natur,
       die manchen ihrer Liebhaber ins Verderben lockt!
       
       Womit das Weiderind geradezu allegorisch wirkt, wenn es uns vor Kuhaugen
       führt, dass wir den Kräften der Natur letztlich ausgeliefert bleiben,
       sosehr wir sie auch umzäunt und domestiziert zu haben glauben. „So wir
       nicht umkehren und werden wie die Kühe“, schrieb Friedrich Nietzsche, „so
       kommen wir nicht in das Himmelreich.“ Da hat er sich wohl geirrt. Manchmal
       reicht es auch, gerade nicht umzukehren vor den Kühen.
       
       29 Aug 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Heiko Werning
       
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