# taz.de -- Protest gegen Giftmüll-Lager: Die Angst vor dem Feuer
       
       > In Hemelingen gehen die Bürger auf die Barrikaden. Auch nach der
       > Explosion einer Chemiefirma in Ritterhude sind die Pläne für ein
       > Giftmüll-Lager nicht vom Tisch.
       
 (IMG) Bild: In Ritterhude explodierten giftige Abfall-Chemikalien. Vor ähnlichen Katastrophen fürchten sich auch die Anwohner in Hemelingen, sollte hier ein Abfall-Lager genehmigt werden.
       
       BREMEN taz | Die Entscheidung über die Errichtung eines Chemiemüll-Lagers
       in Hemelingen wird aufgeschoben. Das bestätigte eine Sprecherin des
       Bauressorts am Dienstag der taz. Mehr als die mögliche Aufschiebung hatte
       Bau-Staatsrat Wolfgang Golasowski (Grüne) am Montagabend nicht in Aussicht
       gestellt. Vor rund 170 aufgebrachten Bürgern hatte er in der
       Wilhelm-Olbers-Schule in Hemelingen versucht, über die Entscheidung zu
       informieren. Ein Antrag der Firma Pro Entsorga, die das Lager errichten
       will, wird momentan von der Baubehörde geprüft.
       
       Gegen das Giftmüll-Lager wehren sich die AnwohnerInnen seit Jahren. Ihr
       Widerstand wurde jetzt angeheizt: Vergangene Woche war in Ritterhude eine
       Chemiefirma explodiert, seit Dienstag ist klar, dass dadurch ein Mensch ums
       Leben kam.
       
       „Es gibt auch am Hemelinger Hafen häufiger Feuer!“, sagte ein Anwohner auf
       der Veranstaltung. „Ausgerechnet hier sollen giftige Abfälle gelagert
       werden.“ Erst vor einer Woche hatte es in einem nahen Recyclingbetrieb
       gebrannt. „Wir wollen das Ding hier nicht“, rief ein anderer Bürger.
       
       Hartmut Teutsch von der Bremer Gewerbeaufsicht versuchte zu beruhigen. In
       der geplanten Anlage würden keine brandfördernden, hochentzündlichen oder
       krebserregenden Stoffe gelagert werden. Andreas Reich, Anwalt der
       Initiative „Bürger gegen Giftmüll“, hielt dagegen: Pro Entsorga-Chef
       Mohammed Zakaria habe erst zwei Tage nach der Explosion in Ritterhude
       geschrieben, dass er solche Stoffe ausschließe. Die Stoffliste in dem
       Antrag sei aber nicht überarbeitet worden.
       
       Teutsch erklärte weiter. Der TÜV müsse die geplante Anlage nur alle drei
       bis fünf Jahre prüfen – mit vorheriger Ankündigung. „Viel zu selten“,
       riefen die BürgerInnen. Auf den Tumult antwortete Teutsch, dass dies nur
       die Regelüberwachung sei. „Bei Beschwerden gehen wir unangekündigt hin.“
       
       Staatsrat Golasowski sprach nur kurz: In der geplanten Anlage in Hemelingen
       würden zwar ähnliche Stoffe eingelagert wie in Ritterhude, allerdings sei
       hier keine Verarbeitung der Stoffe vorgesehen. In Ritterhude habe man die
       Chemikalien beispielsweise bei 400 Grad destilliert. „Mit solchen Vorgängen
       haben wir es hier nicht zu tun“, so Golasowski.
       
       In der Sendung „Buten un binnen“ hatte er am Freitag noch nach einem Besuch
       in Ritterhude gesagt: „Ich werde mich am Montag nicht hinstellen und sagen:
       Leute, es ist alles in Ordnung, wir haben alles im Griff.“ Ein Bürger
       konfrontierte ihn nun mit dem Zitat. Golasowski setze an, „das war am
       Freitag“ – zu mehr kam er nicht. Ein Sturm der Empörung schlug ihm
       entgegen. „Wie lange gilt denn eine Politikeraussage?“, rief ein Mann.
       
       Golasowski blieb ruhig. Er habe am Montagmorgen mit dem Antragsteller und
       dem Vermieter über das Lager gesprochen. „Wir müssen einen Umgang mit den
       Abfällen finden“, erklärte er den AnwohnerInnen.
       
       Politisch hatten sich seine ParteikollegInnen nach dem Brand in Ritterhude
       schon festgelegt: Maike Schaefer, umweltpolitische Sprecherin der grünen
       Bürgerschaftsfraktion, forderte: „Solange keine Erkenntnisse über die
       Ursachen der Explosion in Ritterhude vorliegen, darf keine Genehmigung für
       das Abfallzwischenlager in Hemelingen erteilt werden.“
       
       Die Hemelingerin Petra Vollborn glaubt nach der Veranstaltung nicht mehr an
       einen Erfolg: „Ich denke, dass die Giftmülldeponie inzwischen eigentlich
       bewilligt worden ist“, sagte sie der taz am Dienstag. Von der
       Betroffenheit, die Golasowski in Ritterhude gezeigt hätte, habe man am
       Montag nichts mehr gemerkt.
       
       Der Staatsrat sagte, es werde eine zweite Informationsveranstaltung geben,
       wenn die Ergebnisse aus Ritterhude vorlägen.
       
       16 Sep 2014
       
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