# taz.de -- Jenseits dieser Welt: Ein Mond für die Begüterten
       
       > Der Bremer Satelliten-Konzern OHB startet Mondmission in memoriam von
       > Gründer Manfred Fuchs - und zur Promotion seiner Lieblings-Geschäftsidee.
       
 (IMG) Bild: Bremisch: Apollo-11-Astronaut Edwin Aldrin hisst 1969 die rot-weiß gestreifte Flagge.
       
       BREMEN taz | Mit einer unbemannten Mondmission erinnert das Bremer
       Familienunternehmen [1][OHB], Europas größter privater Satellitenbauer, an
       seinen Ende April im Alter von 75 Jahren verstorbenen Gründer Manfred
       Fuchs. Die Kosten des Projekts, die Rede ist von 400.000 Euro, trägt ganz
       allein OHB, erfuhr die taz von Jochen Harms, dem Geschäftsführer der im
       Konzern für die Mondangelegenheiten [2][zuständigen] Tochter LuxSpace.
       „Andere Partner bringen kostenlos ihr Know-how ein.“
       
       Starten soll die Mission bereits am 23. Oktober von China aus. Der
       Satellit, der während seiner Mondumrundung Manfred-Fuchs-Gedenkbotschaften
       als Morsecode an die Erde funken wird, ist gleichsam beigeladen auf einer
       Trägerrakete der in Erinnerung an Mao Zedong „Chang zheng“, also [3][Langer
       Marsch], benannten [4][Baureihe]. „Er sitzt gleichsam auf ihrer Oberstufe
       und bleibt auch da“, erläutert OHB-Sprecher Martin Stade.
       
       Die Flugdauer ist auf 190 Stunden berechnet, sodass der Scheitelpunkt am
       26. Oktober, auf den Tag genau ein halbes Jahr nach Fuchs Tod erreicht
       wird. „Wir haben Amateurfunker aus aller Welt dazu aufgerufen, die
       Nachrichten wieder zurück an LuxSpace zu melden“, so Stade.
       
       Auf diese Weise lasse sich zugleich feststellen, ob sie auch wirklich
       angekommen seien. „Wir kennen die hier selbst auch nicht“, so der Sprecher.
       Es handele sich um Botschaften von Freunden, Angehörigen oder mit OHB
       verbundener Unternehmen. Ihr Umfang sei auf 13 Zeichen limitiert, „also
       deutlich rigider als Twitter“, wobei es allerdings möglich gewesen sei,
       verbundene Botschaften mit auf die Reise zu geben, in einem Fall solle es
       sich sogar um ein Gedicht handeln.
       
       Das Projekt ist nicht mit konkreten anderen Vorhaben des Konzerns
       verbunden: Der war immer Ziel der [5][Kritik] von
       [6][Menschenrechtsgruppen] und Flüchtlings-[7][AktivistInnen], weil die
       Daten seiner satellitengestützten Aufklärungssysteme – wie etwa der
       SAR-Lupe – von der europäischen Grenzschutzagentur Frontex zum frühzeitigen
       Aufspüren und Zurückdrängen afrikanischer Flüchtlinge auf dem Mittelmeer
       [8][genutzt] werden.
       
       Zugleich ist es fast beruhigend, dass die OHB-Mondmission, die nach
       Konzernangaben als erste private Mondmission der Geschichte gelten muss,
       auch einen geschäftsstrategischen Hintersinn hat: Ein fliegendes,
       temporäres Scheingrab würde zwar ein neues Kapitel in der [9][Geschichte
       des Todes] aufschlagen. Doch es könnte zugleich als bedrückendes Symbol der
       sozialen Spreizung Bremens gelesen werden, dem Bundesland mit dem höchsten
       Anteil von Armut bedrohter Kinder – und der Stadt mit der angeblich
       höchsten Millionärsdichte in Deutschland.
       
       Neben dem Gedenken an Professor Fuchs und der Durchführung von kleineren
       wissenschaftlichen Experimenten, die mit an Bord sind, „wollen wir auch
       wieder Aufmerksamkeit auf den Mond richten“, informiert LuxSpace-CEO Harms
       über den Marketing-Aspekt der Aktion.
       
       Tatsächlich hatte Fuchs auch aus strategischen Gründen seit mindestens
       einem Jahrzehnt massiv für die Idee einer bemannten europäischen
       Mondmission geworben. Von der versprach er sich neue Möglichkeiten der
       Energiegewinnung, astrophysikalische Einsichten und funktechnische
       Fortschritte. „Beim Mond nicht dabei zu sein, ist gefährlich“, hatte er im
       Jahr 2005 in einem [10][Interview] gewarnt. „Es wäre doch schön, wenn sich
       aus unserer Aktion ein Projekt im Sinne des Firmengründers ergäbe“, sagt
       OHB-Sprecher Stade.
       
       Das wäre in der Tat ein Coup. Fuchsens Mond-Gedanken nämlich blieben
       Träume: Zwar schafften sie’s ins „Raumfahrtprogramm der CDU-Deutschland“,
       aber keine der Regierungen unter Führung von Angela Merkel verfolgte sie
       näher. Spätestens mit Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrisen erlahmte
       auch das Interesse der [11][USA], erneut den [12][Erdtrabanten]
       anzusteuern, mittlerweile geht der Mond wieder ziemlich stille durch die
       Abendwolken hin: Gerade die extrem hochpreisige und von der öffentlichen
       Hand als Auftraggeber fast vollständig abhängige Astro-Branche hat unter
       einer am Sparen ausgerichteten Haushaltspolitik schlechte Karten.
       
       18 Sep 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://wwww.ohb.de
 (DIR) [2] http://moon.luxspace.lu/memorial/
 (DIR) [3] http://de.wikipedia.org/wiki/Langer_Marsch
 (DIR) [4] http://www.raumfahrer.net/raumfahrt/raketen/cz5.shtml
 (DIR) [5] http://www.dielinke-bremen.de/nc/politik/aktuell/detail/zurueck/archiv/artikel/was-hat-bremen-mit-frontex-und-der-fluechtlingsabwehr-am-mittelmeer-und-lampedusa-zu-tun/
 (DIR) [6] http://www.bremerfriedensforum.de/259/event/bremer-technik-fuer-jagd-auf-fluechtlinge/
 (DIR) [7] http://www.fluechtlingsinitiative-bremen.de/
 (DIR) [8] /Satelliten-Hersteller-Manfred-Fuchs/!35737/
 (DIR) [9] http://philippe-aries.histoweb.net/spip.php?article70
 (DIR) [10] http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/raumfahrt-zurueck-zum-mond-und-endlich-weiter-1294402.html
 (DIR) [11] http://www.space.com/7834-president-obama-propose-abandoning-nasa-moon-plan.html
 (DIR) [12] http://gutenberg.net.au/ebooks04/0400041h.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Benno Schirrmeister
       
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