# taz.de -- Kommentar Schottland: Camerons Hölle
       
       > Das gescheiterte Streben nach Unabhängigkeit hat sich für die Schotten
       > gelohnt. Jetzt muss der britische Premier einlösen, was er versprochen
       > hat.
       
 (IMG) Bild: Cameron auf gebücktem Besuch in einem Atom-U-Boot an Schottlands Westküste.
       
       Es hat nicht gereicht. Trotz einer massiven politischen Kampagne, wie
       Schottland sie noch nie erlebt hat, zogen die Anhänger der schottischen
       Unabhängigkeit am Ende den Kürzeren. Sie kamen beim Referendum am
       Donnerstag auf 45 Prozent.
       
       Dennoch ist es keine komplette Niederlage, wie sie ihnen der britische
       Premierminister David Cameron noch vor zwei Monaten prophezeit hatte. Je
       näher der Termin rückte, desto mehr holten die Separatisten auf. Als ein
       Meinungsforschungsinstitut vor knapp zwei Wochen die Ja-Seite sogar vorne
       sah, verursachte das eine Panikattacke bei Cameron und den Parteichefs der
       anderen großen Parteien, Ed Miliband und Nick Clegg.
       
       Die drei reisten flugs gen Norden, im Gepäck Lieberschwüre und Geschenke
       für die Eingeborenen. Diese Geschenke werden Cameron noch zu schaffen
       machen. Alle drei Parteien versprachen den Schotten erheblich mehr
       Autonomie und mehr Finanzen, falls sie sich dazu durchringen, im
       Vereinigten Königreich zu bleiben.
       
       In seiner Siegesrede wiederholte Cameron das nicht nur, sondern versprach
       auch den Walisern und Nordiren mehr Rechte und den Engländern ein
       Entscheidungsrecht über eigene Angelegenheiten – und das alles bis Januar.
       Viele seiner Hinterbänkler sind alarmiert. Ein föderales Vereinigtes
       Königreich? Wo soll das Geld dafür herkommen? Noch mehr Austeritätspolitik?
       
       Das wiederum würde die Chancen der Tories vor allem in den umkämpften
       Wahlkreisen bei den Unterhauswahlen im nächsten Frühjahr schmälern. So wird
       Cameron bei der Umsetzung seiner Zusagen auf die Opposition angewiesen
       sein. Und im Norden Englands, wo viele Landstriche aufgrund der
       De-Industrialisierung und der Austeritätspolitik immer mehr vor die Hunde
       gehen, wird man gespannt auf die Vorschläge schauen.
       
       Die Sache ist für Cameron also längst nicht in trockenen Tüchern. Sicher,
       die unmittelbare Gefahr für seinen Job ist abgewendet. Aber seine
       Hinterbänkler werden ihm das Leben zur Hölle machen, wenn er seine
       Versprechen zu erfüllen beginnt. Das knappe Ergebnis hat Schottlands
       Position erheblich gestärkt. Insofern war die Kampagne der schottischen
       Separatisten nicht umsonst.
       
       19 Sep 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
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