# taz.de -- Neuwahl an der Bezirksspitze: Viertel-Bürgermeisterin in spe
       
       > Hellena Harttung soll neue Ortsamtsleiterin im Viertel und in Mitte
       > werden. Die Beiräte wählten sie am Dienstag als Nachfolgerin von Robert
       > Bücking
       
 (IMG) Bild: Soll Robert Bücking im Ortsamt ablösen: Hellena Harttung.
       
       BREMEN taz | Hellena Harttung ist zur neuen Ortsamtsleiterin für die
       Stadtteile Mitte und Östliche Vorstadt gewählt worden. Ihre Wahl ist
       durchaus eine Überraschung: Auf einer gemeinsamen Sitzung der beiden
       Beiräte am Dienstagabend konnte sie sich als parteilose „Externe“ gegen
       zwei Kandidaten aus den Beiräten durchsetzen. Auf Joachim Musch entfielen
       14 Stimmen, er sitzt seit sieben Jahren für die Grünen im Beirat. Manfred
       Rauch ist als sachkundiger Bürger für die Linkspartei im Beirat aktiv, und
       bekam keine Stimme.
       
       Die 48-Jährige Harttung arbeitet seit 1999 für das Blaumeier-Atelier und
       hat sich als Netzwerkerin in der Stadt einen Namen gemacht. Sie sorgte mit
       dafür, dass das inklusive Projekt, in dem KünstlerInnen aller
       Normalitätsgrade zusammenarbeiten, einen festen Platz in der Kulturszene
       einnimmt und mit Projekten im Theater Bremen, dem Rathaus oder in der
       Kunsthalle auftraten.
       
       Harttung hatte zuvor Jura in Göttingen studiert und nach einem
       Referendariat Kulturmanagement in Hamburg. Bei Blaumeier sei sie „eine
       Ermöglicherin“ gewesen, sagte sie bei ihrer Vorstellung im Bürgerhaus
       Weserterrassen vor den Beiräten und zahlreichen Zuschauern.
       
       Nach ihren künftigen Schwerpunkten gefragt, nennt sie immer wieder ein
       Thema: „Barrierefreiheit“. Wichtig sei diese, „um die soziale Mischung
       halten zu können“, so Harttung zur taz. Dabei gehe es nicht nur um Autos,
       die Fußwege versperrten oder ums Kopfsteinpflaster, sondern auch ums
       „Bewusstsein“. Die Entwicklung des Verkehrs und des Wohnens im Stadtteil
       seien „virulent“. Bei der Errichtung neuer Flüchtlingsheime müsse man für
       eine „Willkommenskultur“ sorgen und die Debatten „gut moderieren“, um
       AnwohnerInnen bestehende Ängste zu nehmen. Die Bebauung des
       Bahnhofsvorplatzes hingegen ist für sie kein Thema mehr, obwohl die Kritik
       daran groß ist. „Da kann man nicht mehr viel verändern“, sagt Harttung.
       
       Als erste Frau auf dem Posten folgt Harttung auf Robert Bücking (Grüne),
       der 20 Jahre im Ortsamt in der Villa Rutenberg Am Dobben saß und nun seinen
       eigenen Gang durch die Institutionen anzutreten plant: Er will für die
       Bürgerschaftswahl am 10. Mai 2015 kandidieren.
       
       Ortsamtsleiterin wäre Harttung für die nächsten zehn Jahre, sicher im Amt
       ist sie allerdings erst, wenn in 14 Tagen die Klagefrist abgelaufen ist.
       Erst am Montag hatte das Oberverwaltungsgericht über eine derartige Klage
       entschieden und die Wahl von Inga Köstner (SPD) als Ortsamtsleiterin im
       Stadtteil Horn-Lehe bestätigt – nach über einjähriger Verzögerung, einem
       Widerspruch, einer Wahlwiederholung und zwei klagenden Konkurrenten.
       
       Das Verfahren in Mitte war deshalb von Anfang an von der Angst vor formalen
       Fehlern geprägt, die Kandidaten wurden erst zu Anfang der Sitzung im
       Bürgerhaus der Öffentlichkeit vorgestellt. Dort achteten zwei Vertreter der
       Senatskanzlei penibel auf faire Bedingungen. Alle drei mussten sich den
       gleichen acht Fragen der Beiräte stellen – zu Berufserfahrung, der
       Einbindung auch älterer Bürger oder der angestrebten Rolle als
       OrtsamtsleiterIn.
       
       Eine gute Figur machten sie alle. Der grüne Kandidat Musch konnte aus
       seiner langen Beiratserfahrung schöpfen und antwortete am konkretesten.
       Dass er sich nicht durchsetzte, lag am Ende wohl ausgerechnet an der
       örtlichen Stärke seiner Partei: Die Grünen sind mit fünf Sitzen im Beirat
       Mitte und acht in der Östlichen Vorstadt jeweils die größte Fraktion. Vor
       allem die Beiräte der Linkspartei befürchteten wohl, mit einem – erneut –
       grünen Ortsamtsleiter und einem teilweise grünen Senat, dass zu oft der
       „kleinen Dienstweg“ eingeschlagen werden könnte, anstatt alle Fraktionen
       des Beirats zu berücksichtigen – und gaben ihre Stimmen nicht ihrem eigenen
       Kandidaten, sondern Muschs aussichtsreichster Konkurrentin. Harttung
       reichte schließlich eine Stimme Mehrheit.
       
       9 Oct 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jean-Philipp Baeck
       
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