# taz.de -- Solodebüt „Apto Machinam“ von Shaban: Wumms, wieher, knick-knack
       
       > Shaban, der Bruder von Käptn Peng, geht mit seinem Album auf Tour. Und
       > zersägt sogar Rachmaninow mit dem Basswurststrahl.
       
 (IMG) Bild: Ein Beat aus wabernden Ostseesteinen: auf dem Stück „Waltan“.
       
       Es gibt ja so Typen, die in zwei Minuten da sind, wenn das Haus brennt. Die
       Türen aufstemmen, Feuer löschen, Beine einrenken und
       Silberrücken-Pfeilgift-Ninjas mit dem Basswurststrahl zerbröseln. Shaban
       ist so einer.
       
       Und dann gibt es diejenigen, die aus dem Feuer gerettet werden müssen.
       Kleine Brüder, die nicht allein an die Türklinke kommen. So einer ist Käptn
       Peng. Auch wenn die beiden Künstler eigentlich Hannes und Robert Gwisdek
       heißen, aber solche Namen kann man sich in einer Welt, in der man von
       Silberrücken-Pfeilgift-Ninjas auf die Fresse bekommt, nicht leisten – zumal
       die Verbindung zu den berühmten Schauspielereltern dann allzu
       offensichtlich wäre.
       
       Also eben Shaban & Käptn Peng, der Schäfer und die Knalltüte, der Musiker
       und der Dichter, der Ältere (33) und der Jüngere (30). Vor zwei Jahren
       debütierten sie mit ihrem HipHop-Album „Die Zähmung der Hydra“, ein Jahr
       später unternahmen sie mit den Tentakeln von Delphi die „Expedition ins O“,
       dieses Jahr veröffentlichte Käptn Peng sein erstes Buch. Nur Shaban war bis
       vor einiger Zeit der ewige Zweite, das Plus Eins, der Sidekick, der
       Beatmaster neben dem MC. „Shaban, wo warst du denn so lange?“, fragt Peng
       auf dem ersten Album. „Ich hatte Abwasch in der Spüle und bei Aldi war ne
       Schlange.“ Ja ja, die Tücken des Alltags.
       
       Wie gut, dass Shaban zwischen Haushalt und Einkaufen doch noch Zeit
       gefunden hat, seine Maschine zu rüsten. „Apto Machinam“ heißt sein
       Soloalbumdebüt, das im April erschienen ist und mit dem er jetzt auf Tour
       geht. Und Deus-ex-machina-Momente, in denen eine Gottheit mithilfe eines
       Krans auf der Theaterbühne auftaucht, gibt es darauf reichlich. Vermutlich,
       weil Shaban nicht nur Klangausstatter, DJ und Produzent, sondern auch
       Theatermusiker ist und weiß, wie man Effekte schafft und Stimmungen
       hervorruft.
       
       Trotzdem ist das Album nicht gerade eingängig, eher zwei-, nein drei-,
       pffff, unendlichgängig!, und mindestens so lang wie die Nervenbahnen des
       Gehirns eines erwachsenen Menschen, also 5,8 Millionen Kilometer. Mit einer
       beinahe hörbaren Freude am Frickeln feuert Shaban mit dem Basswurststrahl
       auf die Synapsen, bis sie sich auflösen und neu zusammensetzen. Als
       Hintergrundmusik für Sex ist das eher weniger geeignet, auch wenn es sich
       durch alle Öffnungen fräst, die der Körper so hergibt.
       
       ## Harmonie vorgaukeln
       
       „Apto Machinam“ besteht aus elf Stücken und geht ziemlich genau, also
       annähernd, jedenfalls ungefähr 42 Minuten lang. Und 42 ist ja bekanntlich
       die Antwort auf alles: auf die Frage nach dem Leben, dem Universum und dem
       ganzen Rest.
       
       Die Stücke tragen Namen wie „Waltan“, „Gwynplaine“ und „Veloziped“, und
       einige von ihnen gaukeln zumindest anfangs erfolgreich Harmonie vor. Allen
       voran das zum Heulen schöne „Ich und R“, bei dem Shaban Rachmaninows
       Präludium in cis-Moll sampelt und die durch wuchtige Oktaven imitierten
       russischen Glocken mit elektronischen Klängen unterlegt. Das sphärische,
       jazzige „Who’s Lucy“ wäre ohne das störende Knarzen, Knacken, Tropfen und
       Rascheln und die herabfallenden Münzen schon beinahe abstoßend loungig.
       „Veloziped“ ist ist eine akustische Fahrradtour mit viel Boing Boing und
       Parallelen zu Ratatat und Kraftwerk, „Gwynplaine“ wiederum hört sich an,
       als würde man Amélie aus ihrer fabelhaften Welt in einen Horrorfilm
       katapultieren.
       
       Der Rest des Albums ist weniger leicht verdaulich, aber das ist bei
       Vollkornbrot ja auch so, und trotzdem ist es gesünder als helles. Bei
       „Violate“ gilt der Titel offenbar auch für das Taktschema, das in jeder
       Hinsicht missachtet wird, und während einem Smack-my-bitch-up-mäßig der
       Kopf weggeknallt wird, schraubt sich im dazugehörigen Video ein Delfin
       anmutig zu gescratchten Platten aus dem Wasser. Wahnsinnig anstrengend ist
       auch „Waltan“, dessen Melodie sich durch den Beat aus wabernden
       Ostseesteinen zu sägen scheint.
       
       Eines scheint die Gebrüder Gwisdek jedenfalls zu vereinen: Der eine spielt
       mit Klängen wie der andere mit Sprache. Der Käptn pengt und onkt, Shaban
       wummst, wiehert und knick-knackt. Und obwohl der kleine Bruder diesmal
       eigentlich nicht an dem Album beteiligt ist, mischt er uneigentlich doch
       wieder mit: Er ist verantwortlich für einige der Videos, windet sich in
       „Ungleichungen“ mit anderen Tänzern durch ein unrenoviertes Haus und schält
       sich aus seinem Körper wie die Melodie aus dem Klangwirrwarr. Am Ende
       bleibt eben doch alles in der Familie.
       
       10 Oct 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Franziska Seyboldt
       
       ## TAGS
       
 (DIR) HipHop
       
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