# taz.de -- Textilarbeiter-Proteste in Kambodscha: „Man lässt uns verhungern“
       
       > In Phnom Penh gehen die Textilarbeiter auf die Straße. Sie fordern eine
       > bessere Bezahlung. Aber die Verhandlungen werden verschleppt.
       
 (IMG) Bild: Fordern mehr Lohn: Textilarbeiter in Phnom Penh.
       
       BANGKOK taz | „Wir brauchen eine anständige Bezahlung“ und „Man lässt uns
       verhungern“, steht auf den Transparenten, mit denen Tausende Demonstranten
       am Sonntag durch Kambodschas Hauptstadt Phnom Penh ziehen. Aufgerufen zum
       jüngsten Protest haben sechs Gewerkschaften der Textilindustrie. Denn die
       Verhandlungen über die lange geforderten Lohnerhöhungen für Textilarbeiter
       sollen verschoben werden, wie eine in den lokalen Medien verbreitete
       Mitteilung angekündigt hat.
       
       Das Arbeitsministerium wolle sich aus dem für die Abstimmung über
       Lohnerhöhungen zuständigen Komitee aus Repräsentanten der kambodschanischen
       Textilhersteller, Gewerkschaften und Regierung zum jetzigen Zeitpunkt
       zurückziehen und die Abstimmung zu einem noch ungenannten Zeitpunkt im
       November nachholen, heißt es.
       
       „Die Verhandlungen über eine Lohnerhöhung für 2015 wurden verschoben, ohne
       ein konkretes Datum zu benennen“, kritisierten die sechs Vorsitzenden der
       am Protest beteiligten Gewerkschaften. Wir wissen, dass die heimischen
       Arbeitgeber 110 US-Dollar angeboten haben, aber wir bestehen auf einem
       monatlichen Mindestlohn von 177 US-Dollar.“ Andere Gewerkschafter hingegen
       geben sich abwartend: Sie glauben, dass die Verzögerung mehr Raum für einen
       Kompromiss zulasse.
       
       Seitens der globalen Industrie gibt es zwar verstärkte, bislang allerdings
       nur vereinzelte Signale, die Forderungen nach Erhöhung des monatlichen
       Mindestlohns von derzeit 100 US-Dollar zu unterstützen. Laut Cambodia Daily
       hatten sich acht internationale Modemarken für eine bessere Entlohnung
       ausgesprochen, allerdings ohne konkrete Angaben zu machen. Für Aktivisten
       ist schon das ein vielversprechender Schritt – auch wenn nur ein Teil der
       globalen Textilketten überhaupt zu Zugeständnissen bereit ist. Zeitgleich
       scheint ein von Entwicklungshilfeminister Gerd Müller (CSU) geplantes
       Bündnis auf der Kippe zu stehen.
       
       ## Wichtigster Exportzweig des Landes
       
       Mehr als 600.000 Menschen arbeiten in Kambodschas Textilsektor, der vor
       allem internationale Modemarken beliefert. Er gilt als wichtigster
       Exportzweig des Landes: Allein 2013 exportierte der Sektor Waren im Wert
       von 5,5 Milliarden US-Dollar, was 80 Prozent des Gesamtexports entsprach.
       Doch die Beschäftigten in den Fabriken, hauptsächlich Frauen aus ländlichen
       Regionen, spüren nichts vom Exportsegen. Stattdessen fristen sie ihr Dasein
       mit Hungerlöhnen und unter unzumutbaren Arbeitsbedingungen.
       
       Gewaltsame Niederschlagungen von Protesten streikender Arbeiter oder auch
       von Landraub betroffener Bewohner sind keine Seltenheit in Kambodscha, das
       zu den ärmsten Ländern in Asien zählt. Die Kundgebung vom Sonntag reiht
       sich ein in eine Serie von Protesten, die Ende 2013 begonnen hatte. Die
       zunächst friedlichen Demonstrationen waren Anfang Januar dieses Jahres
       eskaliert: So waren damals in Phnom Penh fünf Menschen getötet worden.
       Militärpolizisten hatten versucht, die Kundgebungen gewaltsam zu beenden,
       und mit automatischen Gewehren auf die Demonstranten gefeuert. Zuvor waren
       Elitesoldaten gegen protestierende Arbeiter vorgegangen und hatten mehrere
       Streikende verhaftet.
       
       Menschenrechtler hatten den Einsatz militärischer Eliteeinheiten, bei dem
       Arbeiter, Gewerkschafter sowie Mönche misshandelt und verletzt worden
       waren, damals als „beispiellos“ kritisiert.
       
       12 Oct 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nicola Glass
       
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