# taz.de -- Prozess gegen Antifaschisten: Einstellung nach heiterem Geplänkel
       
       > Ein weiterer Prozess gegen Antifaschisten in Dresden scheitert. Die
       > Staatsanwaltschaft bietet selbst die Einstellung an.
       
 (IMG) Bild: Im Visier der sächsischen Justiz: Lothar König (li.) und Markus Tervooren vor dem Amtsgericht in Dresden.
       
       DRESDEN taz | Kurzer Prozess, wenn auch nicht im landläufigen Sinne, am
       Donnerstagvormittag im Dresdner Amtsgericht: Die Anklage gegen den
       51-jährigen Markus Tervooren, Berliner Geschäftsführer der Vereinigung der
       Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten, wegen schweren
       Landfriedensbruchs läuft ins Leere.
       
       Nach einem einstündigen Rechtsgespräch hinter verschlossenen Türen
       verständigen sich die Prozessbeteiligten auf eine Einstellung des
       Verfahrens gegen Geldauflage nach § 153a Strafprozessordnung.
       
       Was folgt, ist nur noch ein scharfes Nachwaschen für die Presse und die
       zahlreichen Unterstützer des Angeklagten. Darunter der Jenaer Jugendpfarrer
       Lothar König, im November selber wegen ähnlicher Vorwürfe erneut angeklagt,
       und seine Tochter, die Thüringer Landtagsabgeordnete Katharina König.
       Verteidiger Ols Weidmann zerpflückt noch einmal die haltlose
       Anklageschrift, die die Staatsanwältin Diana Büch unbeeindruckt verliest.
       
       Tervooren gehörte zu den auswärtigen Nazi-Gegnern, die am 19. Februar 2011
       nach Dresden gereist waren, um gegen den Missbrauch des Dresdner
       Zerstörungsgedenkens zu protestieren. Die Dresdner Staatsanwaltschaft wirft
       ihm vor, dabei in fünf Fällen mittels Megafon und geschwenkter Fahne zum
       Durchbruch von Polizeisperren aufgerufen zu haben. In zwei Fällen wurden
       Polizisten durch Steinwürfe verletzt. Einziges Beweismittel sind
       Videoaufzeichnungen, deren Zusammenschnitt die Verteidigung als
       „willkürlich" bezeichnete. Wegen schweren Landfriedensbruchs und
       gefährlicher Körperverletzung hätten dem „Rädelsführer" bis zu zwei Jahre
       Haft gedroht.
       
       ## Öffentliche Herabwürdigung
       
       Doch die kurze angesetzte Dauer der Hauptverhandlung von nur einem Tag, die
       lange nichtöffentliche Beratung vor deren Beginn und das entspannte Gesicht
       von Amtsrichter Arndt Fiedler ließen den Ausgang schon ahnen. Die
       Verteidiger Sina Maas und Ols Weidmann wurden nach eigener Auskunft dennoch
       vom Angebot der Staatsanwältin überrascht, das Verfahren einzustellen.
       
       Weidmann legte deshalb Wert darauf, die bereits im November 2011 erhobene
       und unverändert beibehaltene Anklage noch einmal öffentlich als „tendenziös
       und überholt" darzustellen. „Die Anklage beruht im wesentlichen auf
       manipuliertem Videomaterial", sagte der Berliner Strafverteidiger. Sie sei
       nur geeignet, den Angeklagten öffentlich herabzuwürdigen.
       
       ## Heiteres Geplänkel
       
       „Die dargestellten Gewalttaten können dem Angeklagten nicht zugeordnet
       werden", verkündete denn auch Richter Fiedler. Es handele sich um minder
       schwere Taten, die überdies bereits dreieinhalb Jahre zurückliegen. 500
       Euro solle der nicht vorbestrafte Angeklagte an eine gemeinnützige
       Einrichtung für die Einstellung zahlen. Nach kurzem, teils heiterem
       Geplänkel einigte man sich auf die Reformierte Kirche Dresden.
       Staatsanwältin Büch wies zwar den Vorwurf der Manipulation zurück. Doch das
       ging schon fast in den Glückwünschen an Tervooren unter.
       
       Unter dessen Freunden und Prozessbeobachtern wird nun diskutiert, wie
       sowohl die späte Ansetzung der Hauptverhandlung als auch deren Ausgang zu
       bewerten seien. Die Dresdner Staatsanwaltschaft hat sich den Ruf erworben,
       auffällig scharf gegen linke Gegendemonstranten und weniger eifrig gegen
       Rechtsextreme vorzugehen. Nur wenige tatsächliche Gewalttäter von 2011
       konnten ermittelt und bestraft werden.
       
       Ein politischer Einfluss des Justizministeriums auf die weisungsgebundene
       Staatsanwaltschaft ist zwar schwer nachweisbar. Der Versuch, den im ersten
       Anlauf gescheiterten Prozess gegen Lothar König und die
       Berufungsverhandlung gegen den Berliner Tim H. noch in diesem Herbst
       durchzuziehen, könnte dennoch mit der anstehenden Regierungsneubildung zu
       tun haben – denn die SPD spekuliert in den derzeitigen
       Koalitionsverhandlungen mit der CDU auf das Justizministerium.
       
       16 Oct 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Bartsch
       
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