# taz.de -- Nahverkehr in Leipzig: Zoff ums Bürgerticket
       
       > Zwangsabgabe oder Bahn und Bus ohne Fahrschein? Leipzig streitet über 20
       > Euro im Monat für die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs.
       
 (IMG) Bild: Fahrscheinlos in Bahn und Bus? Eine Busspur mit Tramschienen in Leipzig.
       
       DRESDEN taz | Warum soll, was Studierende bereits mit dem Semesterticket
       praktizieren, nicht auch für alle Bürger eines Verkehrsraumes möglich sein?
       In Leipzig erregt seit dem Wochenende die Einführung eines „Bürgertickets“
       für den Nahverkehr die Gemüter.
       
       20 Euro im Monat soll jeder Leipziger künftig für Bus und Bahn zahlen –
       egal ob er tatsächlich fährt oder nicht. Dies ist einer der Vorschläge, mit
       denen der Mitteldeutsche Verkehrsverbund (MDV) seine prekäre
       Finanzsituation aufbessern will.
       
       Als Bürgerticket oder „fahrscheinlosen ÖPNV“ haben sich diese Idee längst
       viele Grüne, Linke und Piraten zu eigen gemacht. Die Leipziger Linke
       schrieb sie 2014 in ihr Kommunalwahlprogramm, ihr Stadtvorsitzender Volker
       Külow äußerte prompt „Freude und Genugtuung“ darüber, dass der MDV den
       Vorschlag aufgreift. Neben einer stabileren und solidarischen
       Finanzierungsgrundlage erwarten Befürworter auch ökologische Effekte wie
       weniger Autonutzung und eine geringere Schadstoffbelastung der Luft.
       
       Doch die deutschen und internationalen Erfahrungen sind geteilt. Templin
       und Lübben in Brandenburg führten vorübergehend eine kostenlose Nutzung
       ein, weil die Buslinien vor der Einstellung standen. Seattle und Portland
       in den USA und Hasselt in Belgien stellten ihre Gratisfahrten wieder ein,
       weil sich die Erwartungen nicht erfüllten. Die estnische Hauptstadt Tallin
       führte den kostenlosen Nahverkehr hingegen im Vorjahr ein.
       
       ## Das „Zwangsticket“
       
       Der noch amtierende sächsische Wirtschaftsminister Sven Morlok (FDP) lehnt
       die „Nahverkehrsabgabe“ strikt ab – und verweist auf eine halbe Milliarde
       Euro Regionalisierungsmittel für den öffentlichen Nahverkehr. Marco Böhme,
       neuer Linken-Verkehrsexperte im Landtag, sieht sich hingegen bestätigt. Das
       solidarische Modell müsse aber sozial abgefedert und schrittweise
       eingeführt werden. Die Diffamierung in den Medien als „Zwangsticket“ habe
       dem Projekt schwer geschadet, sagt sein Amtsvorgänger Enrico Stange.
       
       Die grüne Verkehrspolitikerin Eva Jähnigen findet die Idee zwar
       „interessant“, verweist aber auf die starken Unterschiede im Angebot
       zwischen Stadt und Land. Ein städtisches Bürgerticket würde ländliche Räume
       noch mehr abhängen. Kernproblem sei die bessere Finanzierung von Bus und
       Bahn, so Jähnigen. Wichtig ist ihr außerdem ein Einheitstarif für die fünf
       sächsischen Verkehrsverbünde.
       
       22 Oct 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Bartsch
       
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