# taz.de -- Schauspieler Hanno Koffler: „Ich bin woanders“
       
       > Hanno Koffler spielte sich früh nach vorn, ging in die Lehre und ist nun
       > ein gefragter Fernsehschauspieler. Jetzt ist er in „Besondere Schwere der
       > Schuld“ zu sehen.
       
 (IMG) Bild: Für „Freier Fall“ bekam Koffler (oben) den Deutschen Filmpreis.
       
       Eigentlich hätte Hanno Koffler damals einfach weitermachen können. Lief
       doch. Er hatte 2003 in „Anatomie 2“ mitgespielt, kurz darauf in Marco
       Kreuzpaintners „Sommersturm“, in „Hallesche Kometen“, im „Tatort“. Koffler
       war gerade einmal 25 – und plötzlich weg vom Schirm.
       
       Er machte nicht einfach weiter. Er wollte zum Theater. Schon als kleiner
       Junge hatte er im Schiller- und im Renaissancetheater im alten West-Berlin
       gespielt. Die Schauspielschule Ernst Busch in Berlin hatte ihn trotzdem
       abgelehnt. Also warum nicht weitermachen mit den Filmen? Läuft doch.
       
       Doch laufen ist blöd, wenn man rennen will. Er wurde am Max Reinhadt
       Seminar angenommen und zog 2005 nach Wien. Zwei Jahre lernte er das
       Schauspiel, lernte von Klaus Maria Brandauer, dass es darum gehe, „sein
       Herz zu bilden“, zitiert er. „Die Eindrücke füllen den eigenen emotionalen
       Erfahrungsschatz. Gepaart mit emotionaler Intelligenz bilden sie ein
       Reservoir, auf das man als Schauspieler zurückgreifen kann.“
       
       Es war nicht das erste Mal, dass Koffler einen überraschenden Weg ging.
       1990 zog er – während sich der halbe Osten gen Westen aufmachte – von
       West-Berlin nach Stendal, Sachsen-Anhalt, damals 50.000 Einwohner. „Mein
       Vater ist die Karriereleiter von ganz oben bis ganz unten
       hinuntergepurzelt“, sagte er mal dem Berliner Stadtmagazin Zitty. 
       
       Koffler sitzt in einem Berliner Hotel, er macht Werbung für den ARD-Film
       „Besondere Schwere der Schuld“, in dem der jahrzehntelang inhaftierte
       Komalschek (Götz George) in das Ruhrgebiet heimkehrt. Koffler spielt den
       jungen Polizisten Tom Barner, der ihn überwachen soll. Doch bald kommen
       Barner Zweifel an Komalscheks Schuld. Koffler ist in der Rolle fast
       zurückhaltend, lässig, mit weniger Körpereinsatz als man es sonst von ihm
       kennt, der seriöse Polizist. Koffler fand das Drehbuch „wahnsinnig gut“.
       Außerdem lockte die Zusammenarbeit mit George.
       
       ## „Scheiß-Wessi“ in der Schule
       
       Koffler, mittlerweile 35, Vater einer Tochter, erzählt von Stendal. Wie es
       war, auf der Schule der „Scheiß-Wessi“ zu sein. Die Schule war auch nicht
       so ein Backsteingebäude wie die Schlüter-Grundschule, auf der er zuvor war,
       sondern ein Plattenbau, aus dem die Klasse bald darauf rausmusste, weil die
       Asbestplatten entfernt wurden. Koffler lernte, sein Herz zu bilden und den
       eigenen Erfahrungsschatz zu füllen. „Ich hab es damals total verflucht,
       nach Stendal ziehen zu müssen“, erzählt Koffler, „aber gerade die Momente,
       in denen man durch Krisen gegangen ist, erweisen sich ja dann häufig als
       sehr wertvoll.“
       
       Stendal ging vorbei, Wien auch. 2007 endete die Ausbildung. Er hatte unter
       Brandauer in „Hamlet“ und im „Sommernachtstraum“ gespielt. Jetzt begann er
       wieder in Filmen mitzuspielen: „Der Rote Baron“, „Krabat“. Dann ging er
       wieder. Nicht nach Berlin, wo junge Kino- und Fernsehschauspieler
       eigentlich zu wohnen haben, sondern nach Braunschweig. „Man macht ja
       manchmal die Sachen, die Fragen aufwerfen“, sagt Koffler, „dann reagiert
       man fast schon trotzig stolz darauf: Bei mir ist es halt so, ich bin
       woanders.“
       
       In Braunschweig wurde am Staatstheater ein neues Ensemble um einen neuen
       Intendanten herum aufgebaut, „tolle Kollegen, tolle Rollen“. Und er konnte
       weiter in Filmen mitwirken, unter anderem in „Freier Fall“, wo er einen
       Polizisten spielte, der sich in einen Kollegen verliebt. Dafür bekam er den
       Deutschen Filmpreis.
       
       Mittlerweile lebt Koffler wieder in Berlin. Der Film „Coming in“, in dem er
       eine Nebenrolle spielt, ist gerade in den Kinos. Auf der Besetzungsliste
       von „Besondere Schwere der Schuld“ steht er hinter Götz George an zweiter
       Stelle. Vor Hannelore Elsner. Läuft doch.
       
       1 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürn Kruse
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schauspieler
 (DIR) ARD
 (DIR) Kino
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Europäischer Filmpreis 2014: Das Dilemma
       
       Der polnische Film „Ida“ gewinnt fünf Preise. Inszenierende Frauen aber
       gehen bei der Verleihung des Europäischen Filmpreises weitgehend leer aus.
       
 (DIR) Bundeswehreinsatz im Fernsehfilm: Rückkehr im Sarg
       
       Die Kamera begleitet die Bundeswehr auf einen „Auslandseinsatz“. Ohne
       Kitsch zeigt der Film, wie eine Mission in Afghanistan als Tragödie endet.