# taz.de -- Streikdrohung der Lokführer: Alle Räder ruhen, aber erst später
       
       > Die Lokführer-Gewerkschaft GdL lehnt den Vorschlag der Bahn ab und setzt
       > auf Konfrontation. Wann der nächste Streik kommt, steht noch nicht fest.
       
 (IMG) Bild: Am Hamburger Hauptbahnhof: Noch ist der Führerstand dieses Zuges besetzt.
       
       BERLIN taz | Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) droht mit
       neuen Streiks. Am Montag lehnten der Hauptvorstand und die Tarifkommission
       der GDL einstimmig einen Vorschlag des Bahnvorstands zur Beilegung ihres
       seit Monaten andauernden Konflikts ab. Die GDL beuge sich keinem
       „Tarifdiktat“, verkündete GDL-Chef Claus Weselsky. Wann die Lokführer in
       den Ausstand treten wollen, ließ die Gewerkschaft offen. „Die GDL wird
       darüber rechtzeitig informieren“, teilte sie nur mit.
       
       Im aktuellen Tarifkonflikt hat die GDL bereits fünfmal gestreikt, zuletzt
       Mitte Oktober insgesamt 50 Stunden lang. Hauptstreitpunkt ist die Forderung
       der GDL, nicht nur für die Lokführer, sondern auch für die Zugbegleiter
       Tarifverträge aushandeln zu dürfen – obwohl diese Gruppe mehrheitlich in
       der größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) organisiert ist. Am
       Sonntag endete eine von der GDL zugesagte Streikpause.
       
       Mit völligem Unverständnis reagierte die Bahn auf die unversöhnliche
       Haltung der Lokführergewerkschaft. „So verhält sich kein verlässlicher
       Verhandlungspartner“, sagte DB-Vorstand Ulrich Weber. „Eine gute
       Zukunftslösung ist erneut an reinen Machtfragen gescheitert.“
       
       In den vergangenen Tagen hatten sich die Unterhändler der Bahn dreimal mit
       Vertretern der Lokführergewerkschaft zum vertraulichen Tête-à-Tête
       getroffen. Insgesamt habe man mehr als zehn Stunden zusammengesessen und
       „kurz vor Unterzeichnung einer Lösung“ gestanden, teilte die Bahn mit.
       
       Verhandelt hatten die Emissäre über einen „Tarifvertrag zur Regelung
       tariflicher Verfahrensfragen“. Der siebenseitige Entwurf sieht vor, dass
       die GDL und die konkurrierende Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG)
       parallel am gleichen Ort und zur gleichen Zeit mit der Bahn verhandeln. Ein
       Verhandlungsergebnis wäre dann erreicht, wenn sich die Arbeitgeberseite mit
       beiden geeinigt hat. Der entsprechende Tarifvertrag würde dann jedoch „von
       jeder Gewerkschaft eigenständig abgeschlossen“.
       
       ## GDL geht hohes Risiko ein
       
       Bei nicht auflösbaren Meinungsverschiedenheiten zwischen den Gewerkschaften
       soll als Ultima Ratio bei den Lokführern der Standpunkt der GDL und bei den
       Zugbegleitern der der EVG entscheidend sein – was den Kräfteverhältnissen
       in den jeweiligen Berufsgruppen entsprechen würde. Die Bahn wäre aber
       verpflichtet, der unterlegenen Gewerkschaft den Abschluss identischer
       Regelungen anzubieten. Der Haken: Dafür dürfte diese in einem solchen Fall
       nicht mehr zu Streiks zur Durchsetzung ihrer abweichenden Forderungen
       greifen, was auch für Warn- und Sympathiestreiks gelten soll.
       
       Der Tarifvertrag hätte der GDL sowohl über Jahre ihre Vorherrschaft über
       den Lokführerbereich gesichert als auch erstmals ein garantiertes
       Mitspracherecht beim Zugbegleitpersonal eingeräumt. Trotzdem ließ sie die
       Verhandlungen am Sonntag platzen. „Der Tarifeinheitswahn der DB geht so
       weit, dass sie siegessicher das Grundrecht auf Koalitionsfreiheit all ihrer
       Mitarbeiter infrage stellt und dies von den beteiligten Gewerkschaften als
       Grundvoraussetzung für die Tarifverhandlungen 2014 per Unterschrift
       fordert“, begründete GDL-Chef Weselsky die Ablehnung des Vorschlags.
       
       Damit geht die GDL ein hohes Risiko ein. Denn über ihr schwebt das
       Damoklesschwert des Tarifeinheitsgesetzes, mit dem die schwarz-rote
       Bundesregierung den Bewegungsspielraum der Spartengewerkschaften dramatisch
       einschränken will. Falls das Gesetz wie geplant im Sommer den Bundestag
       passiert, wird im Streitfall nur noch der Tarifvertrag der Gewerkschaft mit
       den meisten Mitgliedern im Betrieb gelten. Damit wäre die GDL nicht nur bei
       den Zugbegleitern außen vor, ihr drohte zudem, das Verhandlungsmandat für
       die Lokführer zu verlieren – falls sie sich nicht mit der EVG und der Bahn
       verständigt. Dann wäre die GDL erledigt.
       
       3 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Pascal Beucker
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Lokführer
 (DIR) Gewerkschaft der Lokführer
 (DIR) Streik
 (DIR) Deutsche Bahn
 (DIR) EVG
 (DIR) GDL
 (DIR) GDL
 (DIR) Schwerpunkt Bahnstreik
 (DIR) Tarifeinheit
 (DIR) Gewerkschaft
 (DIR) Tarifeinheit
 (DIR) GDL
 (DIR) Streik
 (DIR) GDL
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Angriff auf Privatsphäre des GDL-Chefs: Staatsfeind Nummer Eins
       
       GDL-Chef Weselsky schlägt nicht nur sachliche Kritik wegen des Bahnstreiks
       entgegen. Nachdem im Netz Bilder seines Hauses aufgetaucht sind,
       verständigt er die Polizei.
       
 (DIR) Streitende Gewerkschaften: Das große Lokangebot
       
       Die GDL ist so mächtig, weil ihre einstige Konkurrenz Transnet so zahm war.
       Deren Chef bekam dann einen Bahn-Posten.
       
 (DIR) Arbeitskampf der Lokführer: Auf geht's, ab geht's, vier Tage Streik
       
       Es ist der längste Streik seit der Gründung der Deutschen Bahn AG im Jahr
       1994: Ab Donnerstag legen die Lokführer im Personenverkehr erneut ihre
       Arbeit nieder.
       
 (DIR) Entwurf für Tarifeinheitsgesetz: Lokführer an die Kette
       
       Die Arbeitsministerin lädt die großen Gewerkschaften ein, die Kleinen
       plattzumachen. Den genauen Gesetzentwurf will sie bisher nicht offenlegen.
       
 (DIR) Arbeitsrechtler über Tarifeinheit: „Eingriff ins Streikrecht“
       
       Heiner Dribbusch hält das Vorhaben der Arbeitsministerin für einen Fehler.
       Die Spartengewerkschaften seien weder übermächtig noch besonders
       streikfreudig.
       
 (DIR) Pro & Contra Tarifeinheitsgesetz: Wer kämpft für wen?
       
       Die Regierung plant ein Gesetz zur Tarifeinheit. Handelt es sich um einen
       Eingriff ins Streikrecht oder hilft es den Beschäftigten?
       
 (DIR) Tarifeinheitsgesetz geplant: Vielfalt der Streikwesten gefährdet
       
       Das Tarifeinheitsgesetz soll in diesem Jahr kommen: Im Konfliktfall
       entscheiden Arbeitsgerichte, wer im Betrieb das Sagen hat.
       
 (DIR) Kommentar Streik bei Amazon und Bahn: Lokführer müsste man sein
       
       Wenn Piloten oder Lokführer streiken, sind die Auswirkungen schnell
       spürbar. Wenn Paketpacker streiken, kriegt das kaum jemand mit.
       
 (DIR) Streit bei der GDL: Gegenwind für Weselsky
       
       Innergewerkschaftliche Kritiker fordern den Rücktritt von GDL-Chef Claus
       Weselsky. Exchef Schell spricht von Egoismus.