# taz.de -- Innenstadt wachküssen: Konkurrenz zur Überseestadt
       
       > Zwei Machbarkeitsstudien befassen sich mit neuen Nutzungsformen alter und
       > leer stehender Bürohäuser in der Innenstadt. Sozialer Wohnraum kommt
       > darin nicht vor.
       
 (IMG) Bild: Könnte zum "Landmarktower der Bahnhofsvorstadt" werden: Das Bundeswehrhochhaus.
       
       taz | „Revitalisierung“ und „Redevelopment“: Damit befassen sich zwei neue
       Machbarkeitsstudien im Rahmen des Senatskonzepts „Bremen Innenstadt 2025“,
       die Nutzungsmöglichkeiten für alte Büroimmobilien im Stadtkern vorstellen.
       Gebäude wie das Bundeswehrhochhaus an der Falkenstraße oder der Telekomturm
       an der Neuenstraße könnten danach künftig entweder modernisierte
       Arbeitsplätze bereitstellen oder sogar neuen Wohnraum. Für den direkten
       Innenstadtbereich soll das eine Änderung des Bebauungsplans vorantreiben;
       die dortigen als Wohnraum ausgewiesenen Flächen sollen ausgeweitet werden.
       
       Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg, denn mit den beiden Gutachten –
       eines beschäftigt sich mit der Umwandlung von Büroimmobilien in Wohnraum,
       das andere mit dem Aspekt „Neuer Raum für Arbeit“ in alten Büroimmobilien –
       sollen laut Senatsbaudirektorin Iris Reuther erst einmal die Potenziale für
       die Innenstadt erkannt werden: „Für reale Entscheidungen erwarten wir
       Impulse sowohl von Investoren als auch von Grundstücks- und
       Gebäudeeigentümern.“
       
       Ob damit freilich der Wunsch von Initiativen wie dem Bremer Bündnis
       „Menschenrecht auf Wohnen“ erfüllt wird, in leer stehenden Gebäuden wie an
       der Bürgermeister-Smidt-Straße oder am Wall günstigen Wohnraum zu schaffen,
       sei dahingestellt: Erstellt hat die Machbarkeitsstudie neben der
       Aufbaugemeinschaft Bremen die „Gewerbe und Investment“ GmbH Robert C. Spieß
       und das durch Bauprojekte in den nicht eben niedrigpreisigen Gebieten
       Stadtwerder, Hulsberg und Überseestadt bekannte Bremer Planungsbüro
       Westphal.
       
       Makler Jens Lütjen vom Unternehmen Spieß nahm bei der Präsentation der
       Studie denn auch die Überseestadt zum Maßstab: „Eine Entwicklung des
       Innenstadtbereichs parallel zur Überseestadt kann durchaus möglich sein.“
       Noch sei die Bahnhofsvorstadt „akquisitorisch nicht sehr attraktiv“, aber
       das ließe sich ändern: „Der Standort muss stärker erläutert werden, zum
       Beispiel auch auf Messen wie der Expo Real.“ Architekt Jost Westphal sprach
       von „Potenzialen, die noch nicht wachgeküsst wurden“. Die Innenstadt müsse
       durch Menschen lebendig werden, die nicht nur dort arbeiteten, sondern auch
       dort wohnten.
       
       Für das Haus am Wall 175–177 ergibt sich daraus laut Studie „ein
       attraktives ’Durchwohnen‘ sowie Mieterwartungen, die – bei umfassendem
       Redevelopment und der Integration von Terrassen/ Balkonen – bei um 10 bis
       11 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter möglich werden“, und das
       Bundeswehrhochhaus hat laut Studie das Potenzial des Landmarktowers in der
       Überseestadt. Es könnte sowohl reines Büro- als auch reines Wohnhaus oder
       auch ein „Hybridgebäude“, also eine Mischung aus Wohnungen und Gewerbe
       werden.
       
       Oder aber eine Flüchtlingsunterkunft: Die Bremer Grünen wollen angesichts
       der steigenden Flüchtlingszahlen ein „Sonderprogramm für Wohnraum für
       Flüchtlinge“ als zentralen Punkt in ihr Bürgerschaftswahlprogramm
       aufnehmen. 500 neue Wohnungen sollen danach pro Jahr für Flüchtlinge
       bereitgestellt werden. Die Sozialbehörde sucht bereits händeringend nach
       Unterkünften und prüft dabei auch das Bundeswehrhochhaus auf eine
       entsprechende Tauglichkeit. Dass die Machbarkeitsstudie diese Option nicht
       berücksichtigt, begründet Westphal damit, „dass das Flüchtlingsthema erst
       während der Bearbeitungsphase aufkam“.
       
       Allerdings habe die Studie ja bewiesen, so Dirk Kühling vom
       Wirtschaftsressort, dass das Bundeswehrhochhaus durchaus auch als Wohnraum
       für Flüchtlinge geeignet sei: „Das ist auch eine Option für weitere
       Immobilien, die aufgeführt sind – und auch diejenigen, die nicht in der
       Studie vorkommen, sollen motiviert und angeregt werden.“ Laut Makler Lütjen
       könnten das auch „Stiftungen und karitative Bestandhalter sein.“ Der
       Zeitpunkt sei aufgrund der niedrigen Zinsen gut: „Das muss nicht
       zwangsläufig teuer werden.“
       
       11 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Simone Schnase
 (DIR) Simone Schnase
       
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