# taz.de -- Kampf gegen Drogenkriminalität: Henkel auf dem Holzweg
       
       > Der CDU-Innensenator spielt den starken Mann: Um den Görlitzer Park
       > schieben Polizisten Dauerwache. Das Gebiet soll zur „Null-Toleranz-Zone“
       > werden.
       
 (IMG) Bild: Nach dreitägigem Einsatz des Gartenbauamts sieht es im Görlitzer Park kahl aus.
       
       Kahlschlag im Görlitzer Park. Motorsägen kreischen, Schaufelbagger wühlen
       sich durch die Erde. Den dritten Tag in Folge ist ein Großaufgebot des
       Gartenbauamts in der Kreuzberger Grünanlage zugange. Sie stutzen die
       Hecken, reißen das Dickicht nieder, schütten den Hohlweg zu. Freier Blick,
       so weit das Auge reicht. Auf den Bänken sitzen vereinzelt Afrikaner und
       schauen dem Treiben zu. Sie wirken irritiert.
       
       Polizisten sind nicht zu sehen. Aber sie sind in der Nähe. Am U-Bahnhof
       Görlitzer Bahnhof und in den Seitenstraßen stehen sie. Seit einer Woche
       geht das schon so. Offenbar musste es erst dazu kommen, dass der Wirt einer
       Shishabar in einem Akt von Selbstjustiz einen Drogendealer niederstach.
       Dass der Wirt in den Wochen vor der Tat 70-mal die Polizei gerufen hatte,
       weil er sich von Dealern bedroht fühlte, zeigt die Dimension des
       politischen Versagens. Innensenator Frank Henkel (CDU) habe die Zuspitzung
       der Verhältnisse bewusst in Kauf genommen, um den grün regierten Bezirk als
       unfähig vorzuführen, wird spekuliert.
       
       Henkels Reaktion: hektischer Aktivismus. 4.378 Einsatzstunden hat die
       Polizei in den letzten zehn Tagen in Kreuzberg rund um den Park absolviert.
       „So viel wie sonst in vier Monaten dort“, verdeutlicht ein Polizeisprecher
       am Mittwoch die Relation. Zudem hat der Innensenator eine aus
       Sicherheitsbehörden und Bezirk bestehende „Taskforce“ eingerichtet, die die
       Drogenkriminalität zwischen Görlitzer Park und Revaler Straße eindämmen
       soll. Am Dienstagnachmittag tagte die Runde zum ersten Mal. Das Ergebnis
       ist ein Maßnahmenbündel von sechs Punkten: Zentrale Ansprechpartner bei
       Polizei, Staatsanwaltschaft und Ausländerbehörde sollen eingeführt werden;
       der Bezirk werde sich für eine Ausweitung des Quartiersmanagements auf den
       Park einsetzen; von einer nachhaltig erhöhten Präsenz der Polizei im Kiez
       ist die Rede. Dabei werde die Polizei auch eine Verdrängung der Dealer in
       Richtung RAW-Gelände in Friedrichshain oder der Hasenheide im Blick
       behalten, heißt es.
       
       Oberste Priorität hat für Henkel aber die Einführung einer „räumlich
       begrenzten Schwerpunktzone“, in der die Polizei auch unterhalb der
       geltenden Richtlinien Strafverfolgung in Sachen Cannabis betreiben könnte.
       Vollmundig sprach der Senator von einer „Null-Toleranz-Zone“.
       
       ## 15 Gramm Eigenbedarf
       
       In Berlin gilt die liberale Regelung, dass man bis zu 15 Gramm Cannabis für
       den Eigenverbrauch haben darf. Bei bis zu 10 Gramm muss die
       Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellen. Diese Richtlinien wollen
       Henkel und CDU-Justizsenator Thomas Heilmann nun mit einer abenteuerlichen
       Begründung für Park und Umgebung aushebeln: Heilmanns Sprecherin nennt es
       eine „Ausnahme von der Ausnahme“. Das Ziel: Die Konsumenten dürfen nichts
       mehr bei sich tragen und sollen kriminalisiert werden, um den Dealern, die
       sich ebenfalls auf Eigenbedarf berufen, beikommen zu können.
       
       Heilmanns und Henkels Vorhaben zeugt von absoluter Unbeschlagenheit. Die
       Herabsetzung der Eigenbedarfsmenge ist nicht nötig, um den Drogenhandel zu
       bekämpfen, sagt der Vorsitzende des Deutschen Hanfverbands, Georg Wurth.
       „Sobald der Handel mit Cannabis nachgewiesen werden kann, gilt nach der
       aktuellen Rechtslage null Toleranz“, betont Wurth.
       
       Das Problem für die Polizei ist vielmehr: Die Ermittler müssen den Nachweis
       für die Handelstätigkeit erbringen. Mit Video- oder Fotoaufnahmen lässt
       sich nicht belegen, dass es sich bei der übergebenen Substanz wirklich um
       Rauschgift handelt. Die Menge spielt dabei keine Rolle.
       
       Beim Koalitionspartner SPD stieß Henkels Idee auf Ablehnung. Der
       rechtspolitische Sprecher Sven Kohlmeier sprach von „nicht zielführenden
       Plänen“, die er nicht unterstütze.
       
       26 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Plutonia Plarre
       
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