# taz.de -- Kolumne Die eine Frage: Tuttlingen gegen Heilbronn
       
       > Die CDU und die unfassbarste Frage des Jahres: Wie kann man Winfried
       > Kretschmann in Baden-Württemberg schlagen?
       
 (IMG) Bild: Zwei Ministerpräsidentenkandidatenkandidaten von der CDU: Guido Wolf (links) und Thomas Strobl.
       
       Es ist eine der unfassbarsten oder je nach Weltsicht wunderbarsten
       Entwicklungen dieses Landes, dass eine große Frage der Gegenwart lautet:
       Wie kann man Kretschmann schlagen? Und wir sprechen hier nicht von einem
       innergrünen Zwergenaufstand. Wir sprechen von der richtigen Welt. Wir
       sprechen von der CDU Baden-Württemberg, dem traditionell erfolgreichsten
       Landesverband der Christdemokraten, der ein Jahrhundertabo auf den
       Ministerpräsidentenjob hatte. Genauer: zu haben glaubte. Bis Kretschmann
       kam.
       
       Heute müssen sich die Männer der CDU – die Frauen sind zu Hause, wo sie in
       einer freiheitlichen Partei auch sein dürfen, wenn sie das unbedingt
       wünschen – in Sporthallen treffen, um beim gemeinsamen Absingen der
       deutschen Nationalhymne Mut zu fassen für ihren Wahlkampf 2016 gegen den
       Grünen Ministerpräsidenten, dessen Politik 70 Prozent im Land schätzen. Sie
       müssen eine Mitgliederwahl zwischen zwei
       Ministerpräsidentenkandidatenkandidaten erfinden, um von der Öffentlichkeit
       und sich selbst wieder wahrgenommen zu werden.
       
       Ministerpräsidentenkandidat Nummer 1 heißt Guido Wolf, sieht aus wie der
       Landrat von Tuttlingen, war Landrat von Tuttlingen und gilt in Tuttlingen
       als Humorkanone. „Mir wellat die Leit a bisle onderhalda“, sagt er.
       Übersetzung: Er will die Zuhörer der Regionalkonferenzen mit den Mitteln
       der Unterhaltung aus der Leichenstarre kitzeln. Gleichzeitig fürchtet er
       seine Wirkung, weshalb er hinzufügt, er wolle keinesfalls ein
       „Schbruchbeidel“ sein, also keiner, der großspurig daherredet und nichts
       einlöst.
       
       Ministerpräsidentenkandidat Nummer 2 sieht aus wie ein republikanischer
       Präsidentschaftskandidat. Silberner Scheitel, Big Dauer-Smile. Sein Schmiss
       leuchtet im Scheinwerferlicht. Das könnte jetzt auch New Hampshire sein.
       Obacht, er spricht ein Mitglied direkt an. „Liebär Härr Klingele“, sagt er.
       Jetzt ist es eindeutig Biberach.
       
       Es handelt sich um Thomas Strobl, Bundestagsabgeordneter von Heilbronn und
       Landeschef, der Superbeziehungen nach Berlin und als CDU-Bundesvize sogar
       zur Kanzlerin hat. Der Exlandrat offenbar nicht, da Strobl doch häufiger
       erwähnt, wie wichtig diese Kontakte seien. Dafür kennt der Exlandrat sich
       (logischerweise) auf dem Land aus. Er will zudem einen „Neuanfang“
       verkörpern, weil: Er war früher nicht der Hiwi des schlimmen Mappus. Strobl
       schon, aber der meint, man habe ja nach der Niederlage 2011 schon eine
       mutige „Erneuerung“ gemacht (also Mappus weg) und dabei gleichzeitig am
       „Bewährten“ festgehalten (also an ihm).
       
       Beide Ministerpräsidentenkandidatenkandidaten sagen zu Grün-Rot: „Ha, des
       kann’s ja iberhaupt net sein.“ Es müsse wieder so werden wie früher (nur
       ohne Mappus). Beide sind der Bewahrung der Schöpfung, den Floskeln, dem
       Ba-Wü-Chauvinismus und dem christlichen Menschenbild verpflichtet, weshalb
       Strobl auch betont, dass man „offene Herzen und offene Arme“ für
       Flüchtlinge habe. Allerdings nur für berechtigte Flüchtlinge. Er selbst hat
       den Asylkompromiss im Kanzleramt ausverhandelt, also in Berlin. Wolf redet
       gleich von einer „Asylflut“ bei ihm auf dem Land, und dann machen sie
       Stimmung mit dem Satz, man müsse „aufpassen, dass die Stimmung nicht
       kippt“. Fazit der CDU: Die CDU kann stolz sein auf zwei solche
       Spitzenkandidaten.
       
       Versteht mich nicht falsch, aber wer wirklich meint, die Kretschmann-Grünen
       seien von der CDU ja nicht mehr zu unterscheiden, der könnte sich die
       Alternative sicherheitshalber vorher mal anschauen.
       
       30 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Peter Unfried
       
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