# taz.de -- Gutachter Mönnich über kommunale Entsorgung: „Traumatische Erfahrungen“
       
       > Die SPD ist gespalten in der Frage nach der Rekommunalisierung der Bremer
       > Müllabfuhr, die Grünen halten sich zurück. Gutachter Ernst Mönnich hat
       > Erklärungen.
       
 (IMG) Bild: Mindestens bis 2018 noch gehört der Bremer Müll der Firma Nehlsen.
       
       taz: Herr Mönnich, heute will der SPD-Vorstand über die Rekommunalisierung
       der Müllabfuhr entscheiden. Es wurde bisher immer gesagt, für eine
       fachkompetente Entscheidung fehlen noch viele Informationen? 
       
       Ernst Mönnich: Ich kenne keine Antwort des Umweltsenators auf die in der
       Bürgerschaft gestellten Fragen. Insbesondere das Kernproblem scheint mir
       ungelöst: Für den Fall, dass man keine vollständige Rekommunalisierung
       will, haben 300 alte kommunale Müllwerker, die 1998 mit der ENO an die
       Nehlsen-Gruppe verkauft wurden, ein Rückkehrrecht zur Stadt. Auf zehn Jahre
       gerechnet besteht ein 100-Millionen-Euro-Risiko, haben Gutachter
       geschrieben.
       
       Wenn die Stadt eine gemeinsame GmbH mit Nehlsen gründet, wäre das doch
       unproblematisch ... 
       
       Richtig, aber wenn die Stadt nicht rekommunalisiert, muss sie die
       Müllentsorgung offen ausschreiben. Da kann sich europaweit jeder bewerben.
       
       Ist das nicht so eingetütet, dass Nehlsen die Ausschreibung gewinnt? 
       
       Schon aufgrund der engen Einbindung der jetzigen Betreiber in die
       Vorbereitung aller Entscheidungen muss man sogar befürchten, dass es
       Konkurrentenklagen geben wird.
       
       Die SPD scheint in der Frage gespalten. Woher kommt die Angst vor einer
       vollständigen Rekommunalisierung? 
       
       Es gibt zwei Argumente. Hinter vorgehaltener Hand werden Zweifel an der
       Management-Kompetenz des Umweltsenators und der Umweltbehörde geäußert.
       Dazu kommt, dass die Politik dann gewährleisten müsste, dass die Müllabfuhr
       auch nach 2018 funktioniert. Abseits der sachlichen Erwägungen gibt es die
       Idee, dass man mit einem Beteiligungsmodell sowohl die Gewerkschaft ruhig
       stellen kann wie diejenigen, die als Betreiber Gewinninteressen haben.
       
       Wäre eine gemeinsame GmbH für die Müllabfuhr nicht die teuerste Lösung,
       wenn die Stadt Tariflöhne durchsetzen will und gleichzeitig weder
       Unternehmensgewinn noch Mehrwertsteuer spart, die bisher aus den Gebühren
       bezahlt werden müssen? 
       
       Richtig. Das ist der sichere Weg in die Gebührenerhöhung. Die
       Rekommunalisierung, wenn man sie gut macht, könnte dagegen eine
       Gebührensenkung ermöglichen. Je mehr Aufgaben man unter der Prämisse
       Tariflöhne an Private vergibt, umso teurer wird es.
       
       Ihr Gutachten, das Sie vor zwei Jahren für Ver.di gemacht haben, ist oft
       angezweifelt worden. 
       
       Die Berater von Econum, die der Senat engagiert hat, haben das Gleiche noch
       einmal geprüft wie wir. Wenn man in die Zahlen guckt, stellt man fest, dass
       auch für Econum die Rekommunalisierung bei gutem Management geringere
       Kosten erzielen kann als eine GmbH in privat-öffentlicher Partnerschaft.
       
       Die Grünen, die vor 20 Jahren gegen die Privatisierung waren, haben heute
       die größte Skepsis gegenüber einer Rekommunalisierung. Trauen die ihrem
       Umweltressort nichts zu? 
       
       Ich befürchte ja. Da spielen vielleicht alte traumatische Erfahrungen aus
       der Fücks-Ära eine Rolle. Man hat Angst, sich bei dieser Aufgabe die Finger
       zu verbrennen. Ich frage mich aber: Wie kann es sein, dass eine Partei, die
       im Umweltbereich eine Kernkompetenz hat, sieben Jahre nach der Übernahme
       dieses Ressorts sich immer noch damit herausredet, dass sie den
       Aufgabenbereich in desolatem Zustand übernommen habe.
       
       4 Dec 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus Wolschner
       
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