# taz.de -- Weiches Image, harte Konkurrenz: Der andere Cola-Streit
       
       > Noch nie hatten Freunde der braunen Brause so viel Auswahl wie heute. Der
       > Markt aber stagniert, es geht um Verteilung. Für „Independents“
       > interessiert sich sogar Coca-Cola.
       
 (IMG) Bild: Will einen "gigantischen Softdrink im Kampf gegen Softdrinkgiganten produzieren: alternative Cola-Marke Haji.
       
       „Independent“, „bio“ oder gar „links“: Ihr Image lassen sich unabhängige
       Cola-Hersteller nicht nur in Hamburg von kreativen Unternehmensgründern und
       Werbeagenturen malen – zumeist mit dem Weichzeichner. Norbert Rabe,
       Hersteller der „Hermann-Kola“, die auch in etlichen norddeutschen Städten
       vertrieben wird, hat da ganz andere Erfahrungen gemacht. Aus Ärger über
       vorgeblich alternative Limonade-Hersteller fing Rabe an, selbst zu
       produzieren.
       
       ## „Unseriöse Methoden“
       
       Vor acht Jahren schon wollte der Logistikexperte aus dem westfälischen Hamm
       „nicht umschulen auf Bäcker oder Zahnarzt“, sondern Getränkehändler bleiben
       – sich aber „nicht zum Handlanger unseriöser Verkaufsmethoden machen
       lassen“. Als Limonade-Kenner hatte Rabe ein Gefühl dafür, welche Hersteller
       „mit Herzblut“ ihre Geschäfte machten – und welche mit „Dollarzeichen in
       den Augen unterwegs“ seien. Beides sei okay, solange der Wettbewerb fair
       verlaufe, sagt Rabe. Aber es versuche eben mancher Anbieter, Konkurrenz aus
       dem Groß- und Einzelhandel oder aus den Gaststätten „rauszukaufen“ – auch
       kleinere Hersteller mit einem Alternativ-Image.
       
       Rabe berichtet von drei- bis vierstelligen Beträgen, die angeboten worden
       seien, von „Gratiskühlschränken“ und sogenannter Freiware – alles mit dem
       Ziel, Mitbewerbern den Hahn abzudrehen. „Juristisch ist dagegen nichts zu
       machen“, habe ihn ein erfahrener Rechtsanwalt gewarnt, sagt Rabe: Vor
       Gericht sind die fiesen Methoden kaum nachzuweisen. Empfänger solcher
       unsittlichen Angebote haben selten Interesse an langen juristischen
       Streitereien, auch Zeugen scheuen den Stress etwa einstweiliger
       Verfügungen.
       
       ## Getümmel hinterm Platzhirsch
       
       Hinter dem Platzhirschen Coca-Cola Erfrischungsgetränke AG, der
       schätzungsweise vier Fünftel des klassischen braunen Marktes abdeckt,
       tummeln sich in Norddeutschland Dutzende von Anbietern. Selbst der
       Marktanteil des „alternativen“ Branchenführers Fritz-Kola liegt nach einem
       Jahrzehnt nur im Promillebereich. Und der Gesamtmarkt stagniert: Seit
       Jahren werden laut Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke (WAFG)
       bundesweit pro Kopf rund 80 Liter Limonade getrunken, darunter entfallen
       auf Cola und Cola-Mischgetränke gut 30 Liter.
       
       Der Markt für Softdrinks, Wasser und Bier sei auch im Norden nahezu
       gesättigt, sagt Lutz Tillack von der Gewerkschaft
       Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) in Hamburg: „Es gibt also einen
       Verdrängungswettbewerb.“ Entsprechend hart ist der Konkurrenzkampf. Oft
       genug wird dann auch einmal unter der Gürtellinie hingelangt. „Wenn die
       Tröge leer sind“, sagt ein Szenekenner, „beißen die Hengste.“
       
       Anfang des Jahres kochte ein fieser Streit zwischen Premium-Cola und
       Fritz-Kola in den Internetforen hoch, beides Hamburger Gegenspieler mit
       überregionalen Ambitionen. Der Konflikt scheint beigelegt, sagt Uwe
       Lübbermann von Premium-Cola – zumindest bis auf Weiteres. Denn hinter den
       süßen Kulissen sprudelt es – auch, aber nicht nur in der Hansestadt.
       
       Mit dem harten „Wettbewerb gerade im Getränkehandel“ hat auch Maik
       Wittkowski in den letzten vier Jahren so seine Erfahrungen gemacht.
       Angesichts der vielen Konkurrenten habe man gewonnenen Boden schnell wieder
       verloren, sagt er. „Es ist gang und gäbe, dass Produkte mittels Geld aus
       Sortimenten verdrängt werden.“ Vor allem in der Gastronomie haben die
       Gründer von „Ruhrpott 2010 Kohla“ bittere Erfahrungen gemacht. Aber auch im
       Handel komme es vor, dass plötzlich im Laden andere Marken in den Regalen
       stünden, die eigenen Kisten in der Ecke gelandet oder das Leergut in den
       neutralen Kisten verschwunden sei. Eine Folge sind erhebliche Extra-Kosten.
       
       ## Kein Mangel an Neulingen
       
       Und auch der „Ideen-Klau geht um“, berichten Gastro-Kenner. Farbige
       Kronkorken, vegane Etiketten oder durchsichtige Colas: Jeder Vorsprung
       durch Innovation hat sich etwa im Hamburger Schanzenviertel schnell
       verflüchtigt – weil die Konkurrenz abkupfert. Und wer Ei oder Henne ist,
       bleibt ohnehin offen. Selbst Produkte von Coke und Consorten erinnern an
       norddeutschen Tresen manchen Konsumenten an Alternativbrausen.
       
       Trotzdem tummeln sich immer neue Anbieter auf dem kleinen Spielfeld. Ein
       Brausegigant will mehr als 100 Neugründungen allein in Berlin gezählt haben
       – nur eine Handvoll davon schenken heute noch aus. „Manche Jungs von der
       Schulbank denken, mit Brause ist schnell Geld zu verdienen“, scherzt Detlef
       Groß, Hauptgeschäftsführer des Getränkeverbands WAFG. Mehr als ein, zwei
       Leute und ein paar Hundert Euro benötigen Anfänger zunächst nicht.
       
       Doch eine „tolle Produktidee“ allein reiche nicht aus, sagt Groß: „Wer
       Lebensmittel herstellt, muss ebenso viele Regeln beachten wie im
       Steuerrecht oder Straßenverkehr.“ Von der gesundheitlichen Unbedenklichkeit
       bis hin zur sogenannten Verkehrsfähigkeit der Verpackungsmaterialien sei
       vieles zu beachten. „Ohne professionelle Basis oder einen guten Coach ist
       das schwierig“, warnt Groß. So kooperieren fast alle Cola-Anbieter im
       Norden mit Brauereien, Mineralbrunnen oder Lohnabfüllern.
       
       ## Wer zu groß wird, kriegt Probleme
       
       Vor einer naiver „Cola-Gründer-Romantik“ warnt Andreas von der Froreich von
       der Hamburger „Cola Rebell“ aus eigener leidvoller Erfahrung: „Man benötige
       in diesem Wirtschaftskrimi einen langen Atem, robuste Gesundheit und
       monetäre Möglichkeiten.“ Auch wenn die Start-up-Phase geschafft sei,
       lauerten Schwierigkeiten.
       
       Wer aus der Gastronomie – in der viele Brauseproduzenten starten – in den
       Handel dränge, müsse mit einer großen Preiskluft leben. Und der Wettbewerb
       im Handel wird in Deutschland mit seinen vielen Discountern vor allem über
       den Preis ausgetragen: Jeder will günstiger verkaufen als der nächste. Da
       sind die Margen für die Getränkehersteller eng. Und wer wie „Bionade“ oder
       „Fritz-Kola“ aus dem Mini-Biotop in eine wahrnehmbare Nische hineinwächst,
       hat schnell ein Imageproblem: Alternativ und groß will für viele Trinker
       nicht recht zusammenpassen.
       
       „Die Größe eines Unternehmens ist noch keine Aussage darüber, wie aggressiv
       es sich am Markt verhält“, widerspricht Uwe Lübbermann. „Wir haben schon
       gute Große und ganz fiese Kleine kennengelernt.“ Nicht allein der
       alteingesessene Cola-Hersteller lobt Coke und Pepsi für ihren korrekten
       Wettbewerb. „Direkte Attacken wie beispielsweise Schmiergeld oder
       Auslistungsangebote kennen wir von den Großen nicht.“
       
       Vor allem die Kleinen unter den Alternativen suchen den Schulterschluss und
       die Öffentlichkeit. So will Norbert Rabe zusammen mit anderen Firmen die
       Internetplattform [1][www.independentdrinks.de] starten. Ab Ende Januar
       sollen „unabhängige, um Authentizität bemühte Hersteller“ von
       Erfrischungsgetränken ein digitales Schaufenster geboten bekommen: kleine
       und große, die im Schatten finanzkräftigerer Unternehmen stehen – gemeint
       ist wohl vor allem Fritz-Kola, denen in der Szene ein Böse-Buben-Ruf
       anhängt.
       
       Man müsse „selbst die übermächtige Konkurrenz nicht fürchten“, macht Rabe
       sich Mut. Verbraucher können zukünftig dann selbst nachschauen, ob ihr
       Lieblingsgetränk bei den Guten mitmacht oder nicht.
       
       16 Dec 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.independentdrinks.de
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hermannus Pfeiffer
       
       ## TAGS
       
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