# taz.de -- Anschlag der Taliban in Pakistan: Schwäche und Zerstrittenheit
       
       > Mit dem Erstarken des „Islamischen Staats“ zerfallen die Taliban in
       > Pakistan. Der Anschlag könnte der Anfang einer rücksichtsloseren
       > Strategie sein.
       
 (IMG) Bild: Die Taliban mussten viel einstecken: TTP-Chef Hakimullah Mehsud wurde 2013 von einer Drohne getötet.
       
       BANGKOK taz | Jahrelang hat die pakistanische Armee damit gezögert, gegen
       militante Gruppen in der abgelegenen Provinz Nordwasiristan im Nordwesten
       des Landes vorzugehen. Das halbautonome Stammesgebiet an der Grenze zu
       Afghanistan gilt als Hochburg der Tehrik-i-Taliban Pakistan
       (Taliban-Bewegung in Pakistan, TTP), die das Land seit Jahren mit
       Terroranschlägen überzieht.
       
       Aus Nordwasiristan heraus operieren auch militante Gruppen, die im Verband
       mit den afghanischen Taliban in Afghanistan kämpfen. Zu diesen Gruppen
       unterhält der pakistanische Sicherheitsapparat Kontakte. Die US-Regierung
       versucht seit Jahren, Pakistans Generäle zu einem Einmarsch in die Region
       zu bewegen. Lange ohne Erfolg.
       
       Die pakistanischen Taliban haben immer vor Racheakten gewarnt, falls die
       Armee in Nordwasiristan einmarschieren sollte. Als Pakistans Armee Mitte
       Juni ihre Operation Sarb-i-Asb („einschneidender Schlag“) einleitete und in
       Nordwasiristan einmarschierte, ging die Zahl der Anschläge im Land jedoch
       umgehend spürbar zurück. Die Zahl der Todesopfer durch Terrorakte
       verringerte sich im Vergleich zum Vorjahr um die Hälfte.
       
       Die pakistanischen Taliban teilen sich mit den Taliban in Afghanistan nur
       den Namen. Die TTP entstand, als sich Ende 2007 rund ein Dutzend militante
       Gruppen unter der Führung von Baitullah Mehsud zusammenschloss. In der
       Folgezeit gelangen der Truppe unerwartet große militärische Erfolge. Die
       Militanten brachten rund ein Drittel der Stammesgebiete unter ihre
       Kontrolle.
       
       Im November 2013 übernahm der frühere Anführer der Taliban-Fraktion im
       Swat-Tal, Maulana Faslullah, die Führung der pakistanischen Taliban. Zuvor
       hatte die CIA den vorherigen TTP-Chef Hakimullah Mehsud durch einen
       Drohnenangriff getötet. Seitdem sind Berichten zufolge die Spannungen
       innerhalb des Militantennetzwerks offen zutage getreten. Die pakistanischen
       Taliban sind dadurch in mindestens vier Fraktionen zerfallen.
       
       ## Überläufer zum „Islamischen Staat“
       
       Pakistans Armee gibt an, sie habe seit Beginn ihrer Offensive im Juni mehr
       als 1.100 Militante getötet. Die pakistanischen Taliban könnten als solche
       tatsächlich am Ende sein: Die Gruppe hat ihr Rückzugsgebiet und ihre
       Ausbildungslager für Kämpfer und Selbstmordattentäter verloren. Die Gruppe
       Pandschabi-Taliban, die Beziehungen zu dem TTP-Netzwerk unterhielt,
       kündigte im September an, fortan nur noch in Afghanistan zu kämpfen.
       
       Die Erfolge des Islamischen Staates (IS) im Irak und in Syrien haben den
       Zerfall der pakistanischen Taliban beschleunigt. Vor einigen Wochen sind in
       Peschawar – dem Schauplatz des Schulmassakers – Flugblätter aufgetaucht,
       die den IS priesen. Sechs wichtige TTP-Anführer erklärten dem IS-Anführer
       Abu Bakar al-Baghdadi ihre Gefolgschaft.
       
       Ob diese Entwicklungen ein Ende des Terrors in Pakistan einläuten, ist
       fraglich. Das Massaker an den Schulkindern zeugt zwar auch von der Schwäche
       der Dschihadisten. Ob sich Pakistans Sicherheitsapparat nun dazu
       durchringen wird, seine Verbindungen zu anderen, angeblich „nützlichen“
       militanten Gruppen in der Region zu kappen, ist unwahrscheinlich. Der
       Anschlag vom Dienstag könnte so auch der Beginn einer neuen, noch
       rücksichtsloseren Terrorwelle gewesen sein.
       
       16 Dec 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sascha Zastiral
       
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