# taz.de -- Baseball in Kuba: An der Ölquelle
       
       > Die plötzliche Annäherung der USA an Kuba erfreut auch die Major League
       > Baseball. Sie könnte ihr viele neue Profis von der Karibikinsel
       > bescheren.
       
 (IMG) Bild: Nichts geht über Baseball in Kuba.
       
       Die Nachricht, dass die Eiszeit zwischen den Vereinigten Staaten und Kuba
       endet, war eine gute Nachricht. Vor allem zum Ausklang eines Jahres, in dem
       es nicht viele gute Nachrichten gab. Der eine oder andere
       Baseball-Funktionär allerdings dürfte sich gewünscht haben, Barack Obama
       und Raúl Castro hätten mit der Ankündigung, demnächst diplomatische
       Verbindungen aufnehmen zu wollen, noch ein paar Wochen gewartet.
       
       Denn während der Rest der Welt sich nun der weihnachtlichen Lethargie
       hingeben darf, müssen jene, die ihr Geld mit Baseball verdienen, mit dem
       Handy unterm Weihnachtsbaum sitzen. Gilt es doch, bereits hinter den
       Kulissen aktiv zu werden, um sich einen Vorsprung zu sichern beim Rennen um
       die kubanischen Talente.
       
       „Das war eine sehr positive, aufregende Ankündigung“, sagt Omar Minaya. Der
       ist Vizepräsident bei den San Diego Padres, geboren in der Dominikanischen
       Republik und gilt als Fachmann für die Talentsichtung in Lateinamerika.
       Aber auch er weiß noch nicht, was die politische Entspannung tatsächlich
       bedeuten wird für den Baseball: „Wir warten alle darauf, mehr zu erfahren.“
       
       Sicher ist nur: In Kuba ist Baseball unangefochten Sportart Nummer Eins.
       Dort dürfte es haufenweise Spieler geben, die gut genug sind, um in der
       amerikanischen MLB zu reüssieren. Für Minaya „öffnet sich nun so etwas wie
       eine Ölquelle“. Einige der aktuell größten Stars wie Yasiel Puig von den
       Los Angeles Dodgers oder Yoenis Céspedes, der gerade von den Boston Red Sox
       an die Detroit Tigers verkauft wurde, stammen bereits von der Karibikinsel.
       
       ## Für jeden Pulg ein Flop
       
       Nur: Alle diese Spieler mussten ihr Leben riskieren, um aus Kuba zu
       flüchten und in der besten Baseball-Liga der Welt spielen zu können. So wie
       José Abreu von den Chicago White Sox, der in der vergangenen Saison zum
       überragenden Neuling in der National League gekürt wurde – im zarten Alter
       von 27 Jahren. Aber, gibt Minaya zu bedenken, nicht alle, die in Kuba
       erfolgreich waren und die Flucht wagten, konnten sich in den USA
       durchsetzen. Für jeden Puig und jeden Abreu gibt es auch ein Beispiel für
       einen Flop.
       
       Denn bei den Flüchtlingen aus Kuba konnte das sonst so ausgetüftelte und
       verzweigte Scouting-System der MLB-Klubs nicht greifen. Während der
       Nachwuchs aus aller Welt von Talentspähern über Jahre beobachtet und mit
       Hilfe avancierter Statistikanalysen bewertet wird, waren kubanische Spieler
       meist nur dann zu besichtigen, wenn die Nationalmannschaft ins Ausland
       reiste. Vor allem also bei Weltmeisterschaften, die Kuba 25 Mal gewann bei
       38 Auflagen.
       
       ## Geheimverhandlungen über Baseball
       
       Auch ohne Kuba ist Lateinamerika der mit Abstand wichtigste Lieferant für
       ausländische Talente in der MLB. Allein aus der Dominikanischen Republik
       kamen in der vergangenen Saison 83 Spieler, das sind knapp zehn Prozent
       aller MLB-Profis, aus Venezuela stammten immerhin 59. Nicht nur in diesen
       Ländern unterhält die MLB ein dichtes Netz aus Scouts, veranstaltet
       Sichtungen und Lehrgänge. All das könnte demnächst auch in Kuba möglich
       werden, wenn sich die Beziehungen zwischen den beiden Ländern tatsächlich
       normalisieren sollten. Dann dürfte die Zahl von momentan 19 Spielern, die
       in Kuba aufgewachsen und ausgebildet wurden, in der MLB signifikant
       steigen.
       
       Aber all das ist Zukunftsmusik. Noch weiß niemand, wie sich die politischen
       Beziehungen zwischen Kuba und den USA entwickeln werden, geschweige denn
       die sportlichen. Nicht völlig unwahrscheinlich allerdings ist es, dass in
       den Geheimverhandlungen bereits gelegentlich über Baseball geplaudert
       wurde.
       
       Obama ist erklärter Fan der Chicago White Sox und die Verbindung von Raúl
       Castro zum Sport ist sogar noch intensiver: Fidel, sein Bruder und
       Vorgänger als kubanischer Diktator, hat selbst Baseball gespielt.
       Allerdings nie so gut, wie zeitweise angenommen wurde. Dass er in den
       Vierzigerjahren gar ein Probetraining bei den New York Yankees absolviert
       haben soll, ist nicht mehr als ein unausrottbares Gerücht.
       
       23 Dec 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Thomas Winkler
       
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