# taz.de -- Hörspielfassung von „So was von da“: Kiezkralle will Kohle
       
       > Der NDR hat Tino Hanekamps Roman „So was von da“ inszeniert – und strahlt
       > ihn auf 18 Radiowellen des ARD-Senderverbunds aus.
       
 (IMG) Bild: Tom Schilling spricht Oskar, der von Kiezkralle erpresst wird
       
       Thomas Born, einst Zuhälter und besser bekannt unter dem Namen
       „Karate-Thommi“, hat immer mal wieder kleine Fernsehrollen gespielt, etwa
       in der Serie „Die Rote Meile“ oder Dieter Wedels Mehrteiler „Der König von
       St. Pauli“.
       
       Auch in Dokus und Talkshows tritt er auf – und plaudert dort über sein
       früheres Gangsterleben, das beinahe schon 1982 geendet hätte, als er eine
       Schießerei schwer verletzt überlebte. Eine ziemlich große Rolle spielt die
       Ex-Rotlichtgröße Born nun in der Hörspielfassung von Tino Hanekamps Roman
       „So was von da“. Er gibt „Kiezkralle“, der dem von Tom Schilling („Oh Boy“)
       gesprochenen Protagonisten Oskar eine Art Schutzgeld von 10.000 Euro
       abknöpfen will.
       
       Für den Bedrohten stellt das ein Problem dar, weil sein Geschäftspartner
       und er mit einem unmittelbar vor der Schließung stehenden Musikclub 50.000
       Euro Schulden angehäuft haben. „Ich bin nicht Witze-Willi“, sagt
       „Kiezkralle“ zu Oskar, um deutlich zu machen, dass seine Gewaltandrohungen
       ernst zu nehmen sind. Solche Sätze so zu performen, dass sie witzig klingen
       und nicht albern, ist keine kleine Kunst, und die beherrscht Born in diesem
       Hörspiel.
       
       ## Milieugeruch
       
       Die NDR-Produktion „So was von da“, inszeniert von Judith Lorenz, ist eine
       Kiezkomödie, die auch Menschen erreichen soll, denen Kiezkomödien sonst nur
       ein Gähnen entlocken. Mitten drin im turbulenten Geschehen sind neben Oskar
       und „Kiezkralle“ unter anderem Rocky, ein Indierock-Held, der ein Problem
       hat mit dem über ihn hereingebrochenen Erfolg, und dessen Mutter (die
       Innensenatorin).
       
       Um das Hörspiel mit Authentizität aufzuladen, haben die Macher neben
       „Karate-Thommi“ weitere Darsteller mit Milieugeruch engagiert. Einmal
       hätten sie einen „Laienschauspieler auf Droge“ im Studio gehabt, sagt
       Lorentz.
       
       Die Vorlage für den Plot von „So was von da“ lieferte das Ende des
       Kiezclubs Weltbühne, der im oberen Stockwerk eines 2005 abgerissenen
       Kaufhausgebäudes residierte und über eine stillgelegte Rolltreppe zu
       erreichen war. Romanautor Hanekamp war einer der Betreiber.
       
       Für die ARD ist die Produktion ein Großprojekt. Das Stück ist innerhalb
       einer Woche bei 18 Radiowellen des Senderverbunds zu hören – zunächst bei
       den jungen Radioprogrammen, „in denen das Hörspiel nicht zwingend zum
       klassischen Repertoire gehört“ (NDR-Hörfunkdirektor Joachim Knuth) und
       anschließend in allen Kulturradios der ARD.
       
       Die Sender kommen mit „So was von da“ ihrem Bildungsauftrag nach, und das
       in eigenem Interesse: Jüngere Zuhörer sollen an ein traditionelles
       Radiogenre herangeführt werden.
       
       Das Projekt startete am Sonntag; bis zum 3. Januar stehen täglich weitere
       Ausstrahlungstermine an. „So was von da“ rund um die Jahreswende zu senden,
       liegt nahe, denn die Handlung spielt in der Silvesternacht, bei der
       „bumsknüppelknallvollen“ Abschiedsparty von Oskars Club. Wie so oft an
       diesem Tag geht es um die großen Zukunftsfragen in eigener Sache, um
       geplante Um- und Aufbrüche
       
       ## Party im Kopf
       
       Romanautor Hanekamp, einst auch Programmgestalter des Clubs Uebel &
       Gefährlich tätig, war als Musikberater an dem Hörspiel beteiligt. Er
       stellte eine Liste von 212 Liedern zusammen, von denen Regisseurin Lorentz
       rund 20 verwendete.
       
       Die Stücke sind – auch – mit Blick auf die anvisierte breite Zielgruppe
       ausgewählt: Damit das Stammpublikum der Kulturwellen Zugang findet, gibt es
       zum Beispiel ein paar „Aaaaaahhhhhhs“ aus „Because“ von den Beatles zu
       hören. Und die eingesetzten Dancefloor-Knaller – unter anderem „Don‘t
       fucking tell me what to do“ von der Schwedin Robyn – sind nicht allzu
       extravagant.
       
       Mithilfe der Musikausschnitte und zahlreicher Stimmungs-Soundbites,
       eingefangen im Nachtleben St. Paulis, evoziert Lorentz beim Zuhörer eine
       Party im Kopf. Egal, ob die Figuren sich an der Theke oder auf dem Klo
       unterhalten oder auf der Tanzfläche gerade der Kontrollverlust ausbricht:
       Man „sieht“ beim Hören genug. Eine Verfilmung des Stoffs – eine
       Bühnenadaption gab es bereits – bräuchte es jetzt eigentlich nicht mehr.
       
       28 Dec 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) René Martens
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Hörspiel
 (DIR) Hamburg
 (DIR) Kiez
 (DIR) Club
 (DIR) St. Pauli
 (DIR) NDR
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Romanverfilmung „So was von da“: Heimatfilm auf Koks
       
       Jakob Lass hat den St. Pauli-Roman „So was von da“ von Tino Hanekamp
       verfilmt – authentisch und komisch, aber mit abgeschmackten Film-Tricks.
       
 (DIR) Hörspiel bei NDR Info: Alkoholiker mit Klassenbewusstsein
       
       Ingrid Marschangs Hörspiel-Trilogie „Geschichten aus der großdeutschen
       Metropulle“ findet mit „Einigkeit und Recht und Freiheit“ ihr gelungenes
       Ende.
       
 (DIR) Tino Hanekamp, Gastronom und Autor: "Deckel drauf, weitergehen"
       
       Als Clubbetreiber arbeitet Tino Hanekamp im Hintergrund. Mit seinem
       Debütroman wird er nun zur öffentlichen Person. Ein Gespräch über
       Selbstzweifel, das Schreiben und das Wohnen im Grünen.