# taz.de -- Kommentar Kirchenbau in der Türkei: Alles andere als weltoffen
       
       > Unter Erdogan profitieren in der Türkei auch die nichtmuslimischen
       > Religionsgemeinschaften. Für Säkulare ist dagegen kein Platz.
       
 (IMG) Bild: Es gibt selten neue Gotteshäuser: orthodoxe Kirche in der Türkei.
       
       Erstmals seit vielen Jahrzehnten darf in der Türkei wieder eine neue Kirche
       gebaut werden. Das hört sich nach Toleranz und Weltoffenheit an, ein gutes
       Signal angesichts islamistischer Gewalt in den südlichen Nachbarländern der
       Türkei. Ist die „Neue Türkei“ von Präsident Recep Tayyip Erdogan also doch
       nicht so repressiv, wie es zuletzt immer mehr den Anschein hatte?
       
       Ja und nein. Die neue Türkei unter Präsident Erdogan entwickelt sich immer
       mehr zu einer autoritären One-Man-Show, in der Kritiker oder einfach nur
       Leute, die nicht zu seinen Unterstützern zählen, nichts mehr zu lachen
       haben. Es reicht ein unbotmäßiger Tweet, um sich die Polizei ins Haus zu
       holen. Doch es gibt einzelne Gruppen, die, selbst wenn sie nicht zu den
       Erdogan-Unterstützern zählen, vom Regime der AKP profitieren. Das sind
       einmal die Kurden und zum anderen auch die nichtmuslimischen
       Religionsgemeinschaften.
       
       In der säkularen, kemalistischen türkischen Republik wurden nicht nur die
       Muslime, sondern auch die Christen scharf kontrolliert und teilweise
       schikaniert. Eines der wichtigste Anliegen von Erdogans AKP war immer die
       Freiheit der Religion von staatlicher Kontrolle. Während nach 12 Jahren AKP
       Herrschaft der sunnitische Islam mittlerweile zur neuen Staatsdoktrin
       geworden ist, genießen auch die Christen etwas mehr Freiheit als in
       früheren Zeiten. Das ist gut für die Kirchen, aber dennoch alles andere als
       Ausweis eines toleranten, weltoffenen Staates.
       
       Erdogans Ideal ist das Osmanische Reich. Tonangebend sind die sunnitischen
       Muslime, aber die anderen Angehörigen der abrahamitischen Religionen, also
       Christen und Juden, werden toleriert. Für säkulare Kritiker der Herrschaft
       Erdogans ist dagegen kaum noch ein Platz vorgesehen.
       
       4 Jan 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Gottschlich
       
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