# taz.de -- Satiremagazin „Charlie Hebdo“: Karikaturen, die provozieren
       
       > Religiöse Satire ist ein fester Bestandteil von „Charlie Hebdo“. Das
       > Blatt bekennt sich zur absoluten Pressefreiheit, Zeichner stehen unter
       > Polizeischutz.
       
 (IMG) Bild: Die Ausgabe vom 31. Dezember 2014.
       
       BERLIN taz | Die genauen Hintergründe zum Anschlag auf die Redaktion der
       französischen Satire-Zeitung Charlie Hebdo sind noch unklar. Doch die
       Hinweise verdichten sich, dass er einen islamistischen Hintergrund hat. So
       sind etwa in einem Video von dem Angriff „Allahu akbar“-Rufe („Allah ist
       groß“) zu hören. Schon in der Vergangenheit hat das französische
       Satireblatt mehrfach den Wut von strenggläubigen Muslimen auf sich gezogen.
       
       Als eine von wenigen Zeitungen druckte Charlie Hebdo 2006 aus Solidarität
       mit der [1][dänischen Tageszeitung] Jyllands-Posten die umstrittenen
       Mohammed-Karikaturen nach. In einer Sondernummer ergänzte sie diese um
       eigene Karikaturen, zeigte etwa Mohammed mit einer Bombe als Turban.
       Mehrere Islam-Organisationen klagten dagegen. Der Prozess 2007 endete
       allerdings mit einem Freispruch für Charlie Hebdo.
       
       2011 wurde auf die Redaktion ein Brandanschlag verübt. Unbekannte warfen
       damals in der Nacht vor dem Erscheinen der neuen Ausgabe einen
       Molotowcocktail in das Büro von Charlie Hebdo. Verletzt wurde niemand, das
       Verlagsgebäude wurde aber nahezu zerstört. Niemand bekannte sich zu dem
       Anschlag, allerdings gilt es als wahrscheinlich, dass religiöse Fanatiker
       das Erscheinen der Sonderausgabe „Scharia Hebdo“ verhindern wollten, die
       sich respektlos mit der muslimischen Scharia auseinandersetzte. Auch die
       Internetseite der Zeitung wurde damals gehackt und ersetzt mit Lobeshymnen
       auf Allah.
       
       Charlie Hebdo ging 1992 aus dem Satiremagagzin Hara-kiri hervor. Die
       Wochenzeitung hat etwa eine Auflage von etwa 75.000 Stück. Religiöse Satire
       ist ein fester Bestandteil von Charlie Hebdo. Sie reiht sich damit in
       antiklerikale Tradition Frankreichs ein. Schon seit seiner Gründung bekennt
       sich das Blatt zur radikalen Pressefreiheit und ließ sich bisher weder von
       Anschlägen noch von Drohungen einschüchtern. Prominente Zeichner standen
       seit Jahren unter Polizeischutz.
       
       ## Der Anus des Propheten
       
       Im Herbst 2012 sorgte Charlie Hebdo dafür, dass Frankreich in zwanzig
       Ländern vorsichtshalber seine Botschaften schloss. Noch während die
       gewaltsamen Proteste gegen das Schmähvideo „Die Unschuld der Muslime“ in
       vielen Ländern der arabischen Welt liefen, legte die Zeitung nach. Sie
       druckte erneut Mohammed-Karikaturen, zeigte etwa den Anus des Propheten.
       Das Heft war schon am frühen Morgen ausverkauft, 125.000 Stück wurden
       nachgedruckt. Laut Chefredakteur Stéphane Charbonnier (Künstlername Charb),
       seien die Karikaturen damals nicht deftiger als sonst gewesen. „Unsere
       Absicht ist es nicht, zu provozieren, sondern im Gegenteil auf die
       Provokation zu antworten“, sagte er damals. Schockiert sei nur, wer
       schockiert sein will. Charbonnier war am Mittwoch unter den Opfern.
       
       Zuletzt legte Charlie Hebdo Anfang 2013 mit einer kompletten
       „Mohammed-Biografie“ in Comicform nach. Das 63 Seiten lange Sonderheft
       stieß schon vor Erscheinen auf heftige Kritik, etwa aus dem Iran. Darüber
       hinaus fielen die Proteste allerdings deutlich geringer aus als in den
       Jahren zuvor.
       
       In seiner [2][aktuellen Ausgaben] hat die Zeitung den französischen Autor
       Michel Houellebecq auf das Cover gehoben. Der beschäftigt sich in seinem
       neuesten Roman „Unterwerfung“ mit dem Szenario einer Islamisierung
       Frankreichs. Der Roman wurde am Mittwoch, dem Tag des Anschlags, in
       Frankreich veröffentlicht.
       
       Charlie Hebdo wurde immer wieder vorgeworfen besonders gegen den Islam
       satirisch anzukämpfen. Dabei geht sie auch mit christlichen Fanatikern hart
       ins Gericht, verunglimpfte mehrfach den Papst und zog auch damit Klagen auf
       sich. In 20 Jahren habe es nur in drei Ausgaben Mohammed-Karikaturen
       gegeben, sagte Chefredakteur Stephane Charbonnier Anfang 2013. „Wie oft
       haben wir den Papst und die katholische Kirche karikiert?“ Es sei Charlie
       Hebdo nie darum gegangen, alle Muslime zu provozieren, er habe immer nur
       die Extremisten angegriffen. Neben Charbonnier wurden drei weitere Zeichner
       der Zeitung [3][bei dem Anschlag am Mittwoch getötet].
       
       7 Jan 2015
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Paul Wrusch
       
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