# taz.de -- Schädlinge behandeln: Wellness im Bienenstock
       
       > Die Varroamilbe beschäftigt früher oder später alle Imker. Bei der Suche
       > nach einem Mittel gegen den Befall setzen sie auch auf umstrittene Ideen.
       
 (IMG) Bild: Kleiner Saunagang gefällig?
       
       BERLIN taz | „Kurioses“ steht auf dem Ordner von Stefan Berg. Darin sammelt
       der Leiter des Fachzentrums Bienen der Bayerischen Landesanstalt für
       Weinbau und Gartenbau die sonderbarsten Methoden zur Bekämpfung des
       Varroaschädlings. Eine sei, „Meinen Bienen geht es gut“ auf einen Zettel zu
       schreiben und die Worte unter anderem in einen Zahlencode umzuwandeln,
       erzählt Berg.
       
       Trotzdem: Die Varroamilbe ist ganz real. Und die Suche nach einer wirksamen
       und schonenden Behandlung gegen den Schädling längst nicht abgeschlossen.
       Neuester Hoffnungsträger: Die Bienensauna eines jungen Unternehmens, das
       gerade per Crowdfunding mehrere zehntausend Euro eingesammelt hat – und
       das, obwohl die Wirksamkeit des Geräts noch nicht wissenschaftlich
       abgesichert ist.
       
       Die Varroamilbe trägt ihren lateinischen Namen Varroa destructor nicht ohne
       Grund: Sie ist eine von mehreren Ursachen für das Bienensterben. Der
       Schädling lebt vom Blut der Bienen, der Hämolymphe, und überträgt Viren.
       Nach aktuellen Schätzungen werde es in diesem Winter in den deutschen
       Bienenvölkern vermutlich überdurchschnittliche Verluste von bis zu 30
       Prozent geben, sagt Peter Maske, Präsident des Deutschen Imkerbundes – ein
       Großteil davon wegen der Milbe und ihrer Folgeerscheinungen.
       
       Das verspricht die Idee der Firma Apisystems zu verhindern. Sie ist
       bestechend einfach: Wie eine Schublade wird die Bienensauna in einen vorher
       eingesetzten Universalboden in die Behausung der Bienen geschoben.
       Heizelemente erwärmen die Temperatur im Bienenkasten über einen bestimmten
       Zeitraum langsam auf bis zu 42 Grad. Den Bienen tue die Wärme gut, geben
       die Gründer an. Die hitzeempfindlicheren Milben aber würden geschädigt. Bei
       einem Crowdfunding sind laut Apisystems-Geschäftsführer Florian Deising
       insgesamt 68.000 Euro zusammengekommen, mit denen die erste Serie der
       Bienensauna gebaut werden soll.
       
       ## Ein wirksamer Ersatz könnte für Erfinder wie ein Sechser im Lotto sein
       
       Bisher setzen die Imker bei Milbenbefall vor allem Ameisen-, Oxal- und
       Milchsäuren ein. Aber die möglichen Nebenwirkungen, Sorgen um die
       Wirksamkeit oder Rückstände im Honig, erfüllen so manchen mit Unbehagen.
       Ein wirksamer und schonender Ersatz könnte für den Erfinder also wie ein
       Sechser im Lotto sein. „Freiwillig mit Säure behandeln, das macht niemand
       gerne“, sagt Cornelia Rossa-Comes, Mitgründerin von Apisystems. Ihr Mann,
       Hobbyimker Richard Rossa, hat die Bienensauna ausgetüftelt, nachdem er ein
       Volk durch die Säurebehandlung verloren habe.
       
       Ganz neu ist das Wärmebehandlungs-Verfahren, die Hyperthermie, nicht.
       Frühere Geräte seien aber unpraktisch gewesen, sagt Rossa-Comes,
       „umständlich oder sehr teuer“.
       
       Derzeit kostet die Apisystems-Bienensauna je nach Ausführung 1.325 oder
       1.500 Euro. Der Knackpunkt: Auch wenn das Verfahren etabliert ist – eine
       Studie zur Wirksamkeit des Produkts gibt es nicht. Geschäftsführer Deising
       verweist auf die Erfahrungswerte Rossas, der damit viele Völker erfolgreich
       behandelt habe. Zudem sei ein Feldversuch geplant, der wissenschaftlich
       begleitet werde.
       
       Doch in der Fachwelt stößt manchem sauer auf, dass die Sauna so schnell auf
       den Markt gebracht wurde. Peter Rosenkranz, der Leiter der Landesanstalt
       für Bienenkunde an der Uni Hohenheim in Stuttgart, etwa hat Zweifel, ob die
       Bienen die Temperaturen ohne Probleme tolerieren. Zwar könne er das Gerät
       nicht abschließend beurteilen, aber bei dem Preis und der Anwendung beim
       lebenden Tier erwarte er vorher „solide, nachprüfbare Ergebnisse“. „Es ist
       im Grunde ein Unding, die Imker zu Versuchskaninchen fürs eigene Produkt zu
       machen.“
       
       Auch Bienenforscher Berg ist kritisch. Schließlich stelle sich auch die
       Frage nach dem Tierwohl: „Quäle ich die Bienen damit?“ Berg hält nicht nur
       die Wirksamkeit für fraglich, sondern auch den Effekt, den das Gerät auf
       die Drohnen haben könnte: Temperaturstress könne ihre
       Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen. „Andererseits: Wenn es
       funktioniert und die Nebenwirkungen gering sind, ist es eine tolle Sache.“
       
       Hoffnungsträger oder ein Fall für den Ordner „Kurioses“? Das dürfte sich
       bald herausstellen: Der Forscher will die Bienensauna in einem Versuch
       überprüfen.
       
       29 Jan 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eva Oer
       
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