# taz.de -- Mindestlohn für Praktikanten: Wunschtraum 8,50 Euro
       
       > Eigentlich gilt der Mindestlohn für alle – für Praktikanten aber nur
       > selten. Arbeitsministerin Andrea Nahles selbst weist auf legale
       > Schlupflöcher hin.
       
 (IMG) Bild: Was will Ministerin Andrea Nahles sagen? Mindestens einen Euro?
       
       BERLIN taz | Andrea Nahles hält Praktika für sehr sinnvoll. Nicht zuletzt
       durch ein Praktikum habe sie herausgefunden, dass die Möbelindustrie doch
       nicht das richtige für sie sei, erzählte die Arbeits- und Sozialministerin
       auf dem „Tag der Praktikanten“ am Donnerstag in Berlin. Sie hat sich
       deshalb die Verbesserung der sozialen Situation der Praktikanten auf ihre
       Fahnen geschrieben: „Ich will nicht, dass sich jemand noch in Zukunft über
       schlechte Praktika beschweren kann.“ Doch das dürfte ein Wunschtraum
       bleiben. Auch dank der SPD-Ministerin.
       
       Mit den Regelungen zum neuen Mindestlohn schiebe man Missbrauch von
       Praktikanten als billigen Arbeitskräften einen Riegel vor, versichert
       Nahles zwar bei der Vorstellung des Praktikantenspiegels 2015, einer großen
       Studie, die insbesondere Praktika von Wirtschafts-und Ingenieurstudenten in
       den Blick nimmt. Auch der neue Qualitätsrahmen, der allen Praktikanten
       einen Vertrag mit klaren Praktikumszielen und ein Zeugnis zusichert, trage
       dazu bei.
       
       Doch ein Ende der schlecht oder gar nicht entlohnten „Generation Praktikum“
       scheint unwahrscheinlich. Für die Mehrzahl der Unternehmen ändert sich kaum
       etwas durch das neue Gesetz: Sie schreiben einfach keine Langzeitpraktika
       mehr aus, die sie bezahlen müssten. Statt dessen suchen sie nach
       Dreimonatspraktikanten, die nicht unter den Mindestlohn fallen. Dabei hatte
       Nahles immer wieder erklärt, dass die „Generation Praktikum“ nun vorbei
       sei. Der Mindestlohn sei eben „für alle“, wie es auf der Website der
       Bundesregierung heißt. Eine Mogelpackung.
       
       Mit dem Mindestlohn „für alle“ nimmt es Nahles selbst nicht ganz so ernst.
       Bei der Vorstellung der Praktikantenstudie sagt sie, dass sie sich stark
       für eine Ausweitung der Pflichtpraktika einsetze. Für die wird jedoch kein
       Mindestlohn fällig.
       
       ## Praktische Tipps der Ministerin
       
       Die Arbeitsministerin weißt zudem vor den Personalern der anwesenden
       Unternehmen darauf hin, dass „viele Arbeitgeber gar nicht wüssten und
       nutzen, dass freiwillige und Pflichtpraktika kombiniert werden können“.
       Somit gibt die Ministerin auch noch praktische Tipps, wie man den
       Mindestlohn bei längeren Praktika ganz legal umgehen kann. Werden kurze
       Pflichtpraktika mit freiwilliger Hospitanz kombiniert, kann man durchaus
       Praktikanten für sechs Monate beschäftigen – ohne ihnen 8,50 Euro zu
       bezahlen.
       
       Im Anwendungsbereich des Mindestlohngesetzes gibt es zudem einen
       „Gummiparagraphen“, der verschiedene Deutungen zulässt, was den Mindestlohn
       für Praktika nach dem fertigen Studiumsabschluss betrifft. Dort heißt es im
       Paragraph 22 des Gesetzes, dass Praktika bis zu drei Monaten die zur
       „Orientierung einer Berufsausbildung“ dienten, vom Mindestlohn ausgenommen
       seien.
       
       Eine Interpretation: Trotz Abschluss muss an Hochschulabsolventen kein
       Mindestlohn bezahlt werden muss, da sie sich noch in der
       Ausbildungsorientierung befinden. Die Stellungnahme des Arbeitsministeriums
       deutet auf gewissen Auslegungsspielraum hin: „Nach einem Abschluss sei in
       der Regel die fachliche Orientierungsphase abgeschlossen.“ Die
       Voraussetzungen zur Ausnahme aus dem Mindestlohns dürften „insofern
       regelmäßig nicht mehr vorliegen“. Prüfungen des Einzelfalls seien jedoch
       davon unbenommen, teilte ein Sprecher mit.
       
       30 Jan 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Alina Leimbach
       
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