# taz.de -- Kolumne Leuchten der Menschheit: Deprimiert unterm Schreibtisch
> Einzigartige Originaltöne aus der Stasi kann man auf der CD „Abgesang der
> Stasi“ anhören. Banalität und Komik liegen nah beieinander.
(IMG) Bild: Da saßen die Beamten schon nicht mehr unterm Schreibtisch: Demonstranten stürmen am 15. Januar 1990 die Zentrale der Staatssicherheit der DDR.
Dass sich ein ehemaliger Leiter einer Stasi-Verwaltung einer öffentlichen
Diskussion stellt, hat absoluten Seltenheitswert. Vor wenigen Wochen
geschah das in Gera, wo der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen,
Roland Jahn, in Stasi-Haft war. Solche Begegnungen sind für Jahn
unverzichtbar, um zu verstehen, wie die DDR und die Staatssicherheit
funktioniert haben. „Die Stasi war kein Apparat, sondern bestand aus
handelnden Menschen.“
„Abgesang der Stasi“ heißt die im Christoph Links Verlag veröffentlichte CD
mit einzigartigen Originaltönen „handelnder Menschen“ von September 1989
bis Januar 1990. Ergänzt werden sie durch Einspielungen, Kommentare und
Nachrichten.
Erstmals wurde das Feature über das Ministerium für Staatssicherheit, das
nicht nur die Bürger belauschte, sondern auch den eigenen Telefonverkehr
dokumentierte, 2009 im Deutschlandfunk gesendet.
Arroganz ist zu hören und Trotz, aber auch Ratlosigkeit und Resignation.
Ein Stasi-Mann aus einer Kreisdienststelle meldet entschlossen: „Wir sind
hier versammelt zu fünft, halten noch lange durch und vernichten gerade das
Archiv des Todes.“
Als die Bezirks- und Kreisdienststellen von Bürgerkomitees kontrolliert
werden, berichtet ein Genosse verzweifelt: „Ich sitz hier völlig deprimiert
unterm Schreibtisch. Von Feinden umgeben!“ Andere melden sachlich, dass ein
Anrufer gedroht hat, „am 7. Oktober wird die Mauer gesprengt“, ein anderer
Anrufer wissen will, „was wir wieder für Dummheiten in Leipzig und in
Ostberlin machen“.
Ergänzend kann man in die kürzlich von der Stasiunterlagen-Behörde
freigeschaltete Mediathek rein hören, zu der auch sechs Stunden
Tonaufnahmen gehören. Und das entspricht gerade einmal 0,0036 Prozent des
in der Behörde verfügbaren Materials.
15 Feb 2015
## AUTOREN
(DIR) Barbara Bollwahn
## TAGS
(DIR) Stasi
(DIR) DDR
(DIR) DDR
## ARTIKEL ZUM THEMA
(DIR) Stasi-Literatur: Welt am Draht
Man kann nun Telefonate zwischen DDR-Oppositionellen nachlesen. Das Buch
beinhaltet 150 belauschte Gespräche.
(DIR) Journalist über DDR-Geschichte: Der beharrliche Miesmacher
Roman Grafe tourt mit Vorträgen durch Schulen und Gemeinden. Viele Ältere
mögen es nicht, wenn er ihnen die DDR madig macht.