# taz.de -- ESC-Koordinator über Kümmert-Rückzug: „Als Künstler war er großartig“
       
       > Der Sieger des Songcontests wollte kein Sieger sein. Thomas Schreiber
       > über die Legitimität der Nachfolgerin, die Kritik in Online-Netzwerken
       > und Kapazitäten.
       
 (IMG) Bild: Und weg: Andreas Kümmert hat die ESC-Qualifikation weitergegeben.
       
       Andreas Kümmert gewann am vergangenen Donnerstag die deutsche
       Vorentscheidung zum Eurovision Song Contest am 23. Mai in Wien. Der Eklat
       am Ende der Show: Der Sieger sagte, er wolle doch nicht; er sei ein
       „kleiner Sänger“, der „momentan nicht in der Verfassung“ sei, den Sieg
       anzunehmen. Er übereignete das Ticket nach Österreich – und zwar der
       Zweitplatzierten Ann Sophie und ihrem Lied „Black Smoke“.
       
       In den sozialen Medien tobt seither eine teils scharfe Debatte, ob die
       Begünstigte zurecht als ESC-Bewerberin gelten kann. Kümmert habe – mit
       circa 80 Prozent – das Televoting so haushoch gewonnen, dass eine
       Neuauflage der Show zwingend sei. Ist das so? Ein Gespräch mit Thomas
       Schreiber, der seit 2008 ESC-Koordinator für die ARD und deren
       Unterhaltungskoordinator ist.
       
       taz: Nicht nur einzelne Kommentare zum ESC-Vorentscheid am Donnerstag
       monieren, dass Ann Sophie zwar auf dem zweiten Platz lag, aber Andreas
       Kümmert so viele Prozente hatte, dass es besser gewesen wäre, allen noch
       einmal eine Chance zu geben. Was sagen Sie dazu? 
       
       Thomas Schreiber: Fragen Sie nach einer zweiten Ausgabe der Show?
       
       Das ist der Wunsch vieler in den sozialen Medien. 
       
       Das wäre schon aus logistischen Gründen nicht möglich. Zum Beispiel hätten
       wir keine zweite Location in der Kürze der Zeit bekommen. Alle Künstler
       haben in dieser neuen Woche andere Verpflichtungen. Unsere
       Bewerbungsunterlagen inklusive aller Angaben zur Inszenierung des deutschen
       Beitrags müssen wir als NDR aber schon bis zum Ende dieser Woche bei der
       European Broadcasting Union einreichen, da die Produktionsvorbereitungen
       für den ESC im Mai in Wien ja bereits auf Hochtouren laufen.
       
       Dies sind aber lediglich praktische Details. 
       
       Ja, entscheidend ist etwas ganz anderes: Wir haben ein gültiges Ergebnis
       und eine würdige Siegerin. Ann Sophie war in jeder Abstimmung auf dem
       zweiten Platz. Im zweiten Wahlgang lagen ihre beiden Songs nach den beiden
       Kümmert-Songs auf den Plätzen 3 und 4.
       
       Gleichwohl heißt es in den Netzforen, man hätte, zumal nach diesem
       magischen Moment des Verzichts Andreas Kümmerts auf das ESC-Ticket für
       Wien, die Show einfach verlängern sollen. 
       
       Verlängern, um was zu tun? Eine Redaktionskonferenz auf der Bühne abhalten
       und senden?
       
       War das spektakuläre Ende der Show vom Donnerstag nicht auch für das Image
       des ESC in Deutschland förderlich – so viel wurde über diesen lange nicht
       medial und im Netz debattiert? 
       
       Na ja, aber aus welchem Grund wurde berichtet? Weil ein Mann öffentlich
       eine Schwäche eingestanden hat, was einerseits eine gewisse Größe hat,
       andererseits seine Anrufer enttäuschte, was nicht der Sinn und Anlass der
       Veranstaltung war. Ein Lena-Moment entsteht dadurch nicht. Ich finde es vor
       allem tragisch für Andreas Kümmert selbst.
       
       Überlegen Sie sich für die nächste deutsche ESC-Show zweimal, einen
       wahrscheinlich überforderten Künstler einzuladen? 
       
       Wir haben ja alle seinen Auftritt gesehen: Als Künstler war Andreas Kümmert
       nicht überfordert, sondern großartig. Wenn er sich selbst überfordert hat,
       dann als Mensch.
       
       8 Mar 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jan Feddersen
       
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