# taz.de -- Wieder Trainerwechsel beim HSV: Lass mein Team, Joe!
       
       > Nach sechs sieglosen Spielen entlässt der Bundesligist Joe Zinnbauer. Nun
       > soll Peter Knäbel den Abstieg abwenden. Und im Sommer kommt ein Neuer.
       
 (IMG) Bild: Chef beerbt Angestellten: Peter Knäbel und Joe Zinnbauer.
       
       HAMBURG taz | Josef Zinnbauer schien schon am Freitagabend zu wissen, was
       die Stunde geschlagen hatte. Mit zusammengepressten Lippen und unruhigem
       Blick sagte er tapfer, er spüre volles Vertrauen der HSV-Führung. „Aber es
       geht hier nicht um mich, es geht um den HSV.“ Das klang schon sehr nach
       Abschiedsworten.
       
       Gerade hatte der HSV mit 0:1 gegen Hertha BSC verloren, einen Konkurrenten
       im Abstiegskampf. Und gewonnen hatten die Hamburger schon seit sechs
       Spielen nicht mehr. Zuletzt hatten sie mit 2:1 die drückend überlegene
       Mannschaft von Hannover 96 geschlagen, durch zwei skurril abgefälschte
       Schüsse. Dazwischen lag die 0:8-Klatsche bei Bayern München. Ganze 16 Tore
       hat der HSV in der bisherigen Saison erzielt, elf weniger als der
       Tabellenletzte VfB Stuttgart.
       
       Und nun fangen auch noch die Konkurrenten an zu punkten: Stuttgart schlägt
       Frankfurt, Freiburg schlägt Augsburg, Paderborn holt einen Punkt gegen
       Hoffenheim – das sind genau die drei Teams, von denen die Hamburger immer
       glaubten, sie hinter sich lassen zu können. Die Hoffnung, das mit Zinnbauer
       zu schaffen, ist offenbar geschwunden.
       
       Was waren sie begeistert von ihm in Hambug! „Joe“, wie der Bayer sich flott
       nennt, schien wie gemacht für den Neuanfang, als der HSV vor einem halben
       Jahr seine Profiabteilung frisch ausgegliedert hatte: Nach den teuren
       Missverständnissen Bert van Marwijk und Mirko Slomka kostete Zinnbauer
       quasi nichts, als sie ihn vom Amateurtrainer zum Chef beförderten. Mit der
       Regionalliga-Mannschaft hatte er zu diesem Zeitpunkt nicht einen einzigen
       Punkt abgegeben. Und dem Sportwagen-Fahrer eilte der Ruf voraus, es schon
       während seiner aktiven Fußballerkarriere als Anlageberater zum Millionär
       gebracht zu haben. Ein Erfolgsmensch, zielstrebig, akribisch und bescheiden
       geblieben.
       
       Tatsächlich gelang es ihm, den HSV- Fußball ein ganzes Stück besser zu
       machen. Er stabilisierte die seit Jahren desolate Defensive, brachte
       Struktur ins Aufbauspiel, kitzelte sagenhafte Laufleistungen aus der
       Mannschaft heraus und integrierte Nachwuchsspieler in das Team des Not
       leidenden Bundesligisten.
       
       Nur Tore, die konnte Zinnbauer nicht schießen. Dass seine Spieler es zu
       selten taten, ist nur zum kleineren Teil ihm anzulasten: Der vor der Saison
       endgültig von Hertha BSC losgeeiste Stoßstürmer Pierre-Michel Lasogga ist
       immer wieder verletzt. Der vor ein paar Wochen aus Wolfsburg gekommene
       35-jährige Ivica Olic hat seinen Zenit ebenso überschritten wie Kapitän
       Rafael van der Vaart. Und dessen designierter Nachfolger Lewis Holtby brach
       sich im Training das Schlüsselbein. Eigentlich kann man Zinnbauer nur
       vorwerfen, dass er in „seiner“ Viertliga-Mannschaft keinen Torjäger bereit
       gehalten hat, der auf Anhieb in der Bundesliga einschlagen würde.
       
       Man darf dem Präsidenten der HSV-AG Dietmar Beiersdorfer glauben, dass er
       es ehrlich meinte, als er vergangene Woche sagte: "Wir wollen das mit Joe
       natürlich durchziehen, das ist klar. Wir müssen trotzdem immer wieder
       überprüfen, ob die Situation dem angemessen ist." Das hatten sie beim HSV
       für die anstehende Länderspielpause ohnehin vereinbart. Die Prüfung fiel am
       Sonntagabend gegen Zinnbauer aus.
       
       Die Nachfolge tritt für die letzten acht Ligaspiele nicht Thomas von Heesen
       an, der das Kunststück vollbringt, bei jeder der nicht gerade seltenen
       HSV-Krisen als Retter im Gespräch zu sein, sondern Peter Knäbel, als
       Sportchef des HSV Zinnbauers direkter Vorgesetzter. Knäbel ist keiner, der
       sich aufdrängen würde. Eher einer, der, wenn es drauf ankommt,
       Verantwortung auf sich nimmt. Mit allen Risiken des Scheiterns. Knäbel ist
       ein Theoretiker des modernen Fußballs, der zwar die nötige Trainerlizenz
       mitbringt, jedoch eher wenig praktische Erfahrung. Sein Plus ist, wie bei
       Zinnbauer, dass er Vereinsstrukturen und Mannschaft gut kennt – und kein
       zusätzliches Geld kostet.
       
       Klar ist mit dieser Interimslösung auch, dass auf Knäbel im Sommer
       HSV-Trainer Nummer 19 innerhalb von nur 14 Jahren folgen wird.
       
       23 Mar 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jan Kahlcke
       
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