# taz.de -- Kommentar Tod einer NSU-Zeugin: Noch so ein Zufall
       
       > Zum Glück gibt es in BaWü den Untersuchungsausschuss zum NSU-Komplex.
       > Seine Arbeit kann bewirken, dass die Ermittler diesmal nicht pfuschen.
       
 (IMG) Bild: Das Misstrauen gegenüber den Ermittlungsbehörden hat in Stuttgart besprühte Gebäudefassaden zum Ergebnis
       
       Die NSU-Zeugin Melissa M. stirbt unerwartet, vermutlich an einer
       Lungenembolie. Wie zuvor ihr Exfreund Florian H., der im September 2013 in
       seinem Auto verbrannte. Und der V-Mann Corelli, den 2014 ein unentdeckter
       Diabetes tötete.
       
       Die Theorie ist schnell gedacht, wonach die rechte Szene mit Melissa M.
       eine Zeugin bewusst ausgeschaltet hat, wie möglicherweise schon andere
       zuvor. Doch vieles spricht zum jetzigen Zeitpunkt dagegen. Zum Beispiel die
       Aussage von Ärzten, die es zwar für theoretisch möglich, praktisch aber für
       schwierig halten, eine Lungenembolie künstlich herbeizuführen.
       
       Und auch die Tatsache, dass Melissa M. im NSU-Untersuchungsausschuss nichts
       über Florian H.s Verstrickungen in die rechte Szene sagen konnte, macht es
       unwahrscheinlich, dass die junge Frau eine gefährliche Mitwisserin war und
       deshalb sterben musste.
       
       Die Forderungen der Parlamentarier, dass dieser Fall restlos aufgeklärt
       werden müsse, zeigt aber deutlich: Das Vertrauen in die
       baden-württembergischen Ermittlungsbehörden ist beschädigt. Schuld am
       Misstrauen sind die oberflächlichen Ermittlungen im Fall Florian H. Der
       Ausschussvorsitzende Wolfgang Drexler hat einmal gesagt, er sei
       „fassungslos“, wie ungenau die Ermittler gearbeitet hätten. Er habe sich
       Polizeiarbeit nach einem ungeklärten Todesfall anders vorgestellt.
       
       Nun haben die Behörden eine neue Möglichkeit, ihre Gründlichkeit unter
       Beweis zu stellen. Und sie scheinen sie auch zu ergreifen: Im Gegensatz zur
       Staatsanwaltschaft in Stuttgart im Fall Florian H. zieht die
       Staatsanwaltschaft in Karlsruhe keine vorschnellen Schlüsse, sondern äußert
       sich äußerst vorsichtig. Die qua Obduktion festgestellte Lungenembolie sei
       ein erstes Ermittlungsergebnis, endgültig könne man zum jetzigen Zeitpunkt
       noch nichts sagen.
       
       Der Untersuchungsausschuss hat ein Bewusstsein für die Brisanz eines
       Todesfalls in Zusammenhang mit dem NSU-Komplex geschaffen. Der Vorsitzende
       Drexler ist ein Glücksfall, weil er bei aller Brisanz sachlich bleibt.
       Gegenüber der Polizei erlaubt er sich kein Pauschalurteil, sondern spricht
       immer vom konkreten Fall. Das scheint ihm bei den Ermittlungsbehörden einen
       gewissen Respekt verschafft zu haben. Bereitwillig halten sie ihn seit dem
       Tod von Melissa M. über ihre Ergebnisse auf dem Laufenden.
       
       Wenn das Ermittlungsverfahren abgeschlossen ist, könnte sich Drexler
       vorstellen, zum Beispiel den obduzierenden Arzt von Melissa M. vor den
       Untersuchungsausschuss zu laden. Er will den Behörden auf die Finger
       schauen und wissen, wie sie ermittelt haben. In ihrem eigenen Interesse
       müssten die spätestens jetzt darauf achten, dass dieses Mal nicht gepfuscht
       wird.
       
       30 Mar 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lena Müssigmann
       
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