# taz.de -- Kolumne Darum: Der Kinder neue Farben
       
       > Kolumnenkinder brauchen Namen. Lange habe ich gesucht und bin nun fündig
       > geworden: Ich habe ein schwarz-gelbes und ein schwarz-weißes Kind.
       
 (IMG) Bild: Vereint die Farben beider Kinder: Exemplar aus der Gattung der Arctiidae.
       
       Lange habe ich [1][Patricia Cammarata] sowie meine Kolumnisten-Kollegin
       Anja Maier beneidet. Sie haben, wenn sie über ihre Kinder schreiben, sehr
       schöne Namen für die Nervensägen gefunden, auf die sie immer wieder
       zurückgreifen können.
       
       Cammarata spricht oft von Kind 1.0, Kind 2.0 und Kind 3.0. [2][Die
       „Einssechzigblondine“ nannte Maier] ihr Kind. Ich dagegen hatte immer nur
       „den Sohn“ und „die Tochter“. Das ist langweilig, aber nichts anderes
       zeichnete sich als Kolumnistenkindername ab.
       
       Es gab Tendenzen, gewiss. Als ich mir sicher war, die Tochter aller
       möglichen Missverständnisse zum Trotz das Berti-Vogts-Kind zu nennen, weil
       sie als [3][Verteidigerin in der E-Jugend] wie ein Terrier agierte, schmiss
       sie den Fußball plötzlich hin. Der Sohn war kurz davor, als
       Frühaufsteherkind in die Kolumne einzugehen. Da besann er sich und schlief
       aus.
       
       Das ist gut; für ihn, für mich und für die Kolumnen-Namensgebung.
       Berti-Vogts- und Frühaufsteherkind, das passt ohnehin nicht zusammen.
       
       Nun aber ist alles anders. Die Tochter ist das schwarz-gelbe Kind und der
       Sohn das schwarz-weiße. Schwarz-gelb, ja, sie ist BVB-Fan. Schon länger und
       es wird immer inniger. Autogrammkarten, eine tanzende Stofftierbiene,
       Mütze, Schal, Trikot, Fußballschuhe, Fingernägel und zuletzt auch ein von
       der Oma gestrickter Kapuzenpolluver und eine Tragetasche – wenn ich das
       schwarz-gelbe Kind sehe, wird mir bewusst, wie schön die Vielfalt der
       Farben auf der Welt ist.
       
       ## „Aus einer schachfernen Familie“
       
       Grün, Blau und Rot sind auch beim schwarz-weißen Kind selten. Es spielt zu
       Hause, am Brett und gegen den Schachcomputer. Er spielt im Verein und
       manchmal auch auf Turnieren. Wenn ich da mitgehe, betrete ich eine
       schwarz-weiße Welt, in der man nur in Buchstaben-Zahlen-Kombinationen
       spricht, und wo man meinen Sohn, das schwarz-weiße Kind, mitleidig
       anschaut, wenn er mit mir zwischen zwei Turnierspielen in der Pause eine
       Partie spielt.
       
       „Sieh mal“, sagte da neulich ein Vater zu seinem Sohn, als sie unser Spiel
       beobachteten, „wir sprachen schon darüber, dass nicht wie bei uns alle in
       der Familie Schach spielen. Der Junge dort kommt aus einer schachfernen
       Familie.“ Ich habe das Modewort bildungsfern nie gemocht. Seit diesem
       Spruch reagiere ich darauf wie eine Dame auf einen ungedeckten Bauern.
       
       Fußballfern bin ich hingegen nicht. Wenn der BVB in der Bundesliga spielt,
       hört das schwarz-gelbe Kind [4][BVB-Netradio]. Es ist sinnlos, in dieser
       Zeit etwas vom schwarz-gelben Kind zu wollen. Es taucht ab in eine Welt, in
       der es nur Schwarz und Gelb gibt und in der niemand sprechen darf, der
       nicht Boris Rupert oder Norbert Dickel heißt. Ich akzeptiere das, denn oft
       ist meine Welt im gleichen Zeitraum [5][//www.werder.de/:grün-weiß.] 
       
       Wenn aber Champions League ist, will das schwarz-gelbe Kind das Spiel
       sehen. Wir gehen dann in eine Kneipe, wo sonst nur Erwachsene sitzen, und
       das schwarz-gelbe Kind, das mit der Pubertät die gleiche Wechselwirkung hat
       wie Schwarz und Gelb, genießt es, dass es bei flüchtiger Betrachtung als
       junge Erwachsene durchgeht, die in Gaststätten rumlungert. Fällt aber ein
       Gegentor, greift es zu meiner Hand und hält sie fest.
       
       Ich mag den BVB und ich mag es, wenn BVB-Gegner Tore schießen, weil dann
       aus dem kindfernen BVB-Fanartikelkleiderständer einfach wieder das
       schwarz-gelbe Kind wird.
       
       27 Apr 2015
       
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