# taz.de -- Fitnesstracker und Smartwatches: Zahlen, bitte!
       
       > Jede Krankenkasse hat ihr Bonusprogramm. Wer sich bewegt, wird belohnt.
       > Muss bald weniger zahlen, wer auch seine Daten preisgibt?
       
 (IMG) Bild: Lauf, sonst musst Du zahlen!
       
       Alle machen es. Egal ob, Techniker Krankenkasse, AOK, Barmer GEK, DAK
       Gesundheit oder Allianz, alle Krankenkassen belohnen ihre Kunden für
       gesündere Lebensweise. Wer einen Rückenkurs besucht oder sich fürs
       Nicht-Rauchen entscheidet, bekommt eine Prämie gegen die Bestätigung eines
       Arztes oder Kursanbieters.
       
       Mit dem Aufkommen von Gadgets, wie Fitness-Armbändern oder Smartwatches,
       eröffnet sich der Markt für Gesundheits-Apps. Diese liegen im Trend, wie
       eine Studie des IT-Branchenverbands Bitkom zeigt: Neun Millionen Deutsche
       nutzen bereits sogenannte Fitness-Tracker. Da scheint es sinnvoll, sich
       einmal zu erkundigen, inwieweit Krankenkassen persönliche Daten nutzen, um
       beispielsweise individualisierte Verträge anzubieten.
       
       Denn es gibt einen großen Unterschied zwischen den bisherigen
       Bonusprogrammen und dem individuellen Anpassen von Leistungen und
       Beiträgen, wie es vereinzelt in den USA schon passiert. Wenn eine deutsche
       Kasse gesundes Verhalten eines Patienten belohnt, tut sie es unabhängig vom
       Ergebnis. Ich bekomme meine Prämie, wenn ich einen Fitness-Kurs besucht
       habe, egal, ob ich hinterher 70 oder 140 Kilo wiege.
       
       Nun kommen Fitness-Apps und Smartwatches auf den Markt, die individuelle
       Daten erheben und zum Teil von den Kassen unterstützt werden. Die Frage
       ist: Zeichnet sich eine Wende ab?
       
       ## Die Patienten vom Sofa kriegen
       
       Die Kassen sind angehalten, zu sparen, und das können sie nur, wenn sie
       vermehrt präventiv arbeiten. Kurz gesagt: Sie müssen ihre Patienten vom
       Sofa kriegen. Doch es gibt zwischen gesetzlichen und privaten Krankenkassen
       unterschiedliche Rahmenbedingungen. „Eine gesundheitsbezogene
       Prämienbemessung ist in der gesetzlichen Krankenversicherung verboten, weil
       sie eine unzulässige Risikoselektion darstellen würde“, erklärt Michael
       Förstermann, Pressesprecher der IKK Classic. Das Solidaritätsprinzip sei so
       gesichert.
       
       Jeder hat das gleiche Recht auf Leistungen. Weil jeder für jeden zahlt. Die
       große Sorge: Wird in Zukunft bestraft, wer sich zu wenig um seine
       Gesundheit kümmert und somit die Gesellschaft zu viel kostet? Und wer
       bestimmt, welche Krankheiten selbstverschuldet sind und welche nicht?
       
       ## Barmer macht fit
       
       Zwar bieten alle gesetzlichen Krankenversicherer verschiedene
       Bonusprogramme an, mit denen sie den Einsatz der Versicherten für ihre
       Gesundheit prämieren, jedoch spielen digital erfasste Daten des Kunden
       keine Rolle, wie deren Pressesprecherinnen betonen. Solche Daten werden gar
       nicht erhoben.
       
       Als einzige unter den gesetzlichen Krankenversicherungen bietet die Barmer
       GEK seit April 2014 eine App namens “FIT2GO” an, mit der Versicherte und
       Nicht-Versicherte zu mehr Bewegung motivieren werden sollen. Thorsten
       Jakob, Pressesprecher der Barmer GEK sagt, dass die Nutzung der App absolut
       anonym sei und keinerlei Daten übermittelt werden. „Für die erfolgreiche
       Teilnahme an der Challenge in der App, bei der sich Teilnehmer mindestens
       30 Minuten an 20 Tagen bewegen müssen – und das innerhalb von 42 Tagen,
       gibt es Bonuspunkte gutgeschrieben“, erklärt Jakob.
       
       Ansonsten werden Apps von den gesetzlichen Krankenkassen hauptsächlich
       genutzt, um die Kundenbetreuung mit Angeboten wie
       Geschäftsstellenverzeichnis, Ärztesuche und Pollenflugvorhersagen zu
       verbessern.
       
       Die Techniker Krankenkasse arbeitet zurzeit an einem neuen, auch mobilen,
       Online-Gesundheitsoach, der Ende des Jahres veröffentlicht werden soll.
       
       ## Bonus für ein Jahr ohne Leistungen
       
       Bei privaten Versicherungen sieht es zurzeit ähnlich aus, obwohl sie
       Gesundheitsdaten aus Apps oder Smartwatches für individualisierte Verträge
       nutzen dürften. Die Allianz beispielsweise bietet ihren privat Versicherten
       Boni an, wenn sie ein Jahr lang keine Leistungen in Anspruch nehmen. Daten
       aus Gesundheits- oder Sport-Apps will der Konzern nach eigenen Angaben
       nicht nutzen, um gesonderte Tarife für Sportliche aufzusetzen.
       
       „Es ist wenig sinnvoll immer kleinteiligere Kollektive in der privaten
       Krankenversicherung zu schaffen. Stabile Beiträge brauchen eine hinreichend
       große Anzahl von Versicherten“, sagt Birgit König, Vorstandsvorsitzende der
       Allianz Privaten Krankenversicherung. Daher werde das individuelle Risiko
       nur bei Vertragsabschluss bewertet.
       
       AXA Deutschland, ein privater Versicherer, setzt ebenfalls auf ein
       Bonusprogramm, um eine gesunde Lebensweise zu belohnen. „Wir bieten derzeit
       keine Lösungen an, in deren Zuge digital erfasste Daten des Kunden an das
       Unternehmen fließen und Bonuszahlungen bewirken“, sagt Florian Amberg,
       Presseprecher von AXA Deutschland. Allerdings kooperiert AXA mit der App
       „Runtastic“, um den Spaßfaktor und die Trainingseffizienz der App für die
       Nutzer ihres Programms „Plus von AXA“ zu erhöhen. Hier flössen jedoch keine
       Daten an AXA, betont Amberg.
       
       Und Generali? Der private Versicherer machte mit dem „Vitality“-Programm
       auf sich aufmerksam. Dieses soll gesundheitsbewusstes Verhalten durch
       Prämien belohnen. Dabei gelte das Prinzip der „eigenen Risikosituation“ des
       Kunden, die Auswirkung auf den Preis der Versicherung habe, wie Silvia
       Lorger-Michel erklärt. Die Pressesprecherin von Generali sagt: „Das
       Vitality-Programm wird noch nicht angeboten. Geplant ist die
       Markteinführung von Vitality-Produkten im ersten Halbjahr 2016.“
       
       Unsere Titelgeschichte „Lauf oder zahl!“ lesen Sie in der [1][taz.am
       wochenende vom 18./19. April 2015].
       
       17 Apr 2015
       
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