# taz.de -- Nachbereitung 1. Mai: Katerstimmung in Kreuzberg
       
       > Die Bezirksbürgermeisterin Herrmann stellt die Riesensause wegen
       > Sicherheitsbedenken infrage – und erntet Kritik.
       
 (IMG) Bild: Myfest 2015 in Kreuzberg.
       
       Polizei und Myfest-Organisatoren freuten sich am Wochenende über einen
       weitgehend gewaltfreien 1. Mai. Doch nicht alle waren glücklich: Wegen
       Sicherheitsbedenken stellt die Bezirksbürgermeisterin von
       Friedrichshain-Kreuzberg das Myfest infrage. „So wie es jetzt ist, kann es
       nicht weitergehen“, sagte Monika Herrmann (Grüne) am Sonntag zur taz. „Es
       ist einfach zu gefährlich.“
       
       Tatsächlich wird der 1. Mai in Kreuzberg immer mehr zur Riesensause.
       Zehntausende tranken im Kiez rund um die Oranienstraße Caipirinha in der
       Sonne, aßen Gegrilltes oder tanzten. Weil so viele Menschen mitfeiern
       wollten, schloss die Polizei manche Zugänge zum Myfest schon am frühen
       Nachmittag. Die Party schwappte in die angrenzenden Viertel. Auf der
       Skalitzer Straße kam der Verkehr zum Erliegen. Im Görlitzer Park saßen die
       Feiernden dicht gedrängt.
       
       Das Sicherheitskonzept des Myfests sei für 35.000 Besucher ausgelegt, sagte
       Herrmann. Am Freitag hätten sich dort zeitweise über 40.000 Menschen
       aufgehalten. „Nicht auszumalen, was in dem Gedränge passiert, wenn es wie
       in Duisburg zu einer Massenpanik kommt.“ Bei der Loveparade 2010 starben
       dort 21 Menschen. Auf dem Myfest könnte ein Feuer, das von einem der Grills
       auf den Nachbarstand übergreife, ausreichen, um einen Fluchtreflex
       auszulösen, so Herrmann. „Wenn so etwas passiert, sagen hinterher alle: Das
       habt ihr doch gewusst.“
       
       Man müsse deshalb entweder das Festgebiet ausweiten oder die Anzahl der
       Besucher durch Eingangskontrollen radikal beschränken, forderte Herrmann.
       Eine Verlagerung der Veranstaltung sieht sie skeptisch. „Dann wäre es nicht
       mehr das Myfest“, so die Bürgermeisterin.
       
       Selbst eine Absage des Myfests schließt Herrmann nicht aus. Das wäre ein
       schmerzhafter Schritt, von dem sie hoffe, dass er nicht vonnöten sei, sagte
       sie. „Oberste Prämisse ist die Sicherheit. Ich wünsche mir, das wir eine
       Lösung finden, aber ich kenne noch keine.“ Sie wolle mit dem Bezirksamt ein
       Konzept erarbeiten, das auch in der Bezirksverordnetenversammlung zur
       Diskussion gestellt werde, kündigte Herrmann an.
       
       „Das ist ein Witz“, sagte am Sonntag Halis Sönmez, einer der Organisatoren
       des Myfests. Er wohnt am Heinrichplatz und hatte das Myfest 2003 mit aus
       der Traufe gehoben, um der ritualisierten Randale rund um die Oranienstraße
       etwas entgegenzusetzen. Das Argument der Sicherheit überzeugt ihn nicht.
       „Als früher Steine und Flaschen flogen, soll das sicherer gewesen sein?
       Möchte Frau Herrmann, dass Kreuzberg wieder brennt?“ fragte er.
       
       Sönmez zufolge hatte der Myfest-Vorstand wegen des großen Besucherandrangs
       in den vergangenen Jahren schon mehrfach vorgeschlagen, das Festgebiet auf
       den Wrangelkiez, den Görlitzer Park und die Wiener Straße auszudehnen.
       „Aber dann hätten wir mehr Geld für Security gebraucht, das haben wir nicht
       bekommen.“ Schon jetzt gehe die Hälfte der vom Land finanzierten 170.000
       Euro für die Sicherheit drauf. Auch Herrmann bestätigte, dass mehrfach über
       eine Ausweitung diskutiert worden sei. Die Polizei habe das aber aus
       sicherheitstechnischen Erwägungen abgelehnt.
       
       Kritik am Myfest kommt derweil auch von anderer Seite. „Für mich ist das
       eine der widerlichsten Veranstaltungen, die es in Berlin gibt“, sagte
       Michael Prütz vom Bündnis der Revolutionären 1.-Mai-Demo am Sonntag. Am
       Anfang sei das Myfest zumindest als politisch-kulturelles Fest gedacht
       gewesen. „Aber mittlerweile ist es ist zu einer reinen Saufmeile
       verkommen.“ Gerade in diesem Jahr habe das Myfest auch ganz praktisch die
       Durchführung der 18-Uhr-Demo erschwert. „Es gibt Leute, die sind um 17 Uhr
       am Mariannenplatz losgelaufen und haben es trotzdem nicht bis zum
       Auftaktort am Spreewaldplatz geschafft, weil die Straßen so verstopft
       waren“, berichtete Prütz. Wenn es nach ihm ginge, würde das Myfest
       überhaupt nicht mehr stattfinden. „Gelegenheiten, sich volllaufen zu
       lassen, gibt es in Berlin genug.“
       
       3 May 2015
       
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