# taz.de -- Dämpfer für Zigarettenwerbung: Ökologisch Rauchen verboten
       
       > Obwohl sie die Kriterien der EU-Öko-Verordnung erfüllt, darf die
       > Zigaretten-Marke „Natural American Spirit“ damit nicht werben. Das klinge
       > zu gesund.
       
 (IMG) Bild: Die EU traut ihren rauchenden Bürgern nicht zu, das Label „Öko“ richtig zu verstehen.
       
       BERLIN taz | Für hippe Großstädter, die die Umwelt schützen, aber aufs
       Rauchen nicht verzichten wollen, gibt es eine Rettung: Die Santa Fe Natural
       Tobacco Company bewirbt ihre Marke „Natural American Spirit“ in der
       „Organic“-Version damit, dass sie ökologisch angebauten Tabak und keine
       Zusatzstoffe enthalten. Der aufgedruckte Indianer mit Friedenspfeife und
       das Image als kleines Unternehmen aus Santa Fe tun ein Übriges. Doch nun
       muss die Firma Strafe zahlen. Denn nach Ansicht des Bundesgerichtshofs
       (BGH) täuschen Ausdrücke wie „ohne Zusatzstoffe“ und „bio“ vor, dass die
       Zigaretten gesünder seien.
       
       Der Streit über die Werbung läuft schon seit Jahren: Erstmals im Jahr 2008
       hatte der Bundesverband der Verbraucherzentralen auf Anregung der Berliner
       Nichtraucherinitiative „Forum Rauchfrei“ den Produzenten verklagt. Die
       Werbung mit „Bio-Tabak“ gefiel dem Forum nämlich gar nicht. „Wenn man den
       Slogan hört, dann denkt man: Das ist toll, das ist nicht so gefährlich“, so
       Gründungsmitglied Johannes Spatz.
       
       Der Rechtsstreit zog sich bis vor den BGH, der dem Hersteller den Ausdruck
       „Bio-Tabak“ verbot. Das Gericht verwies auf das Vorläufige Tabakgesetz, dem
       zufolge Tabakerzeugnisse nicht als „natürlich“ oder „naturrein“ beworben
       werden dürfen. Und genau so sei der verwendete Begriff zu verstehen.
       
       Die Santa Fe Tobacco Company argumentierte, VerbraucherInnen wüssten, dass
       „bio“ lediglich auf ökologischen Anbau hindeute. Niemand komme auf die
       Idee, dass Rauchen deswegen gesünder sei. Es folgte ein
       Katz-und-Maus-Spiel: Der Hersteller ändert seinen Slogan minimal in „Direkt
       vom Ökobauern. Organic. 100 % Tabak aus ökologischem Anbau“.
       
       ## Verwirrung unter KonsumentInnen
       
       Das Forum Rauchfrei schlägt erneut Alarm, die Verbraucherzentrale bewirkt
       eine Unterlassungserklärung. Danach tauchen neue Plakate auf, dieses Mal:
       „Respekt. Leidenschaft. Organic. 100 % Tabak aus ökologischem Anbau“. Dafür
       gab es Anfang dieses Jahres eine Geldstrafe von rund 5.000 Euro.
       
       Gesünder als andere Zigaretten sind Natural American Spirits tatsächlich
       nicht. Zum einen gilt der Verzicht auf Zusatzstoffe nur für den Tabak
       selbst; in Papier und Filter sind sie weiterhin enthalten. Zudem entstehen
       der Suchtmacher Nikotin oder das krebserregende Teer aus dem Tabak – egal,
       ob dieser Zusätze enthält. Auf der Verpackung findet sich darum auch der
       Hinweis: „Rauchen ist schädlich – auch wenn wir dem Tabak keine
       Zusatzstoffe hinzufügen.“ Dieses Eingeständnis ist die Folge eines
       Rechtsstreits in den USA. Denn auch dort gab es Verwirrung unter
       KonsumentInnen.
       
       Und wie steht es um den ökologischen Anbau? Die Tabakproduktion wurde im
       Rahmen des National Organic Program des US-Landwirtschaftsministeriums
       zertifiziert. Und damit erfüllt er zugleich die Kriterien des europäischen
       Pendants, der EU-Öko-Verordnung.
       
       ## Gar nicht mehr klein und alternativ
       
       Die Bio-Eigenschaft wird aber auch in Zukunft nicht beworben werden dürfen.
       In der neuen EU-Tabakrichtline von 2014, die Deutschland bis Mai nächsten
       Jahres umsetzen muss, heißt es: Packung und Produkt dürfen keine „Merkmale
       aufweisen, die suggerieren, dass ein bestimmtes Tabakerzeugnis […]
       natürliche oder ökologische Eigenschaften“ habe. Zu verstehen, dass auch
       ökologisch angebauter Tabak schädlich für die RaucherInnen ist, aber
       zumindest besser für die Umwelt, traut die EU ihren BürgerInnen offenbar
       nicht zu.
       
       Santa Fe hat sich inzwischen einen – mehr oder weniger – neuen Slogan
       ausgedacht: „Respekt. Leidenschaft. Sorgfalt. 100 % Premium Tabak aus
       nachhaltigem Anbau ohne Zusatzstoffe“. Die Sorge vor einem neuen Bußgeld
       dürfte nicht besonders groß sein. Denn eine kleine Alternativmarke ist
       „Natural American Spirit“ schon lange nicht mehr: Nachdem der zweitgrößte
       US-Zigarettenkonzern R. J. Reynolds und die kanadische Rothmans Inc. um die
       Wette boten, ging die Santa Fe Tobacco Company 2002 für 340 Millionen
       Dollar an Reynolds.
       
       10 May 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Vincent Buss
       
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