# taz.de -- Wirtschaftskrise in Europa: Italiens Wirtschaft atmet auf
       
       > Nach Jahren der Krise erwarten die Statistiker für 2015 nun ein
       > bescheidenes Wachstum. Die Arbeitslosenquote liegt bei 12 Prozent.
       
 (IMG) Bild: Der Konsum bleibt niedrig, die Arbeitslosigkeit hoch.
       
       ROM taz | „Die Rezession ist zu Ende!“ Auf diese Botschaft wartet Italien
       seit mehr als drei Jahren – und am Mittwoch, wenn das Statistische Amt
       Istat die Zahlen fürs erste Quartal 2015 präsentiert, könnte sie endlich
       kommen. Endlich soll ein Plus sowohl vor der Ziffer fürs
       Bruttoinlandsprodukt als auch vor der für die Industrieproduktion stehen,
       endlich soll die Mitte 2011 begonnene Talfahrt vorbei sein, die allerdings
       genau besehen schon 2008 einsetzte.
       
       „Licht am Ende des Tunnels“. Dieser Spruch, seit 2011 gebetsmühlenartig von
       allen seither amtierenden Regierungen wiederholt, ist in Italien
       mittlerweile zum Witz geworden, zu einem hohlen Versprechen, dem die
       entmutigten Bürger des Landes nicht mehr glauben. Doch jetzt soll es
       wirklich so weit sein. Schatzminister Piercarlo Padoan verkündete schon vor
       drei Wochen, Italien sei „Ende letzten Jahres aus der Rezession
       herausgekommen, die Wirtschaft ist eindeutig auf dem Expansionspfad“.
       
       Und in der Tat sind einige schon vorliegende Daten ermutigend. Die
       Auftragseingänge der Industrie zum Beispiel stiegen im Februar 2015 um 2
       Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Binnennachfrage stagniert zwar
       weiterhin, der Export dagegen legt zu: Schon letztes Jahr verzeichnete er
       ein Plus von 2 Prozent, während zugleich der Import um 1,6 Prozent
       zurückging.
       
       Das Resultat: Italien konnte im Jahr 2014 einen Handelsbilanzüberschuss von
       fast 43 Milliarden Euro verzeichnen, und auch die Leistungsbilanz ist seit
       2013 konstant im Plus – anders etwa als in Spanien. Vor diesem Hintergrund
       erwarten die Regierung und das Statistische Amt für 2015 endlich ein
       bescheidenes Wachstum von 0,7 Prozent.
       
       ## Arbeitslosigkeit immer noch hoch
       
       So schön diese Ziffern auf den ersten Blick sind, so wenig ändern sie an
       der Tatsache, dass sie einen höchst bescheidenen Zuwachs nach einem
       dramatischen Absturz messen. Gegenüber 2007 ist Italiens BIP um mehr als 10
       Prozent, die Industrieproduktion gar um 25 Prozent zurückgegangen. Ähnlich
       dramatisch ist der Wohlstandsverlust: Auch der Konsum brach um über 10
       Prozent ein, die Arbeitslosenzahlen liegen mittlerweile bei über 3
       Millionen – mehr als im weit bevölkerungsreicheren Deutschland –, unter den
       Jugendlichen sind etwa 43 Prozent ohne Job.
       
       Doch jetzt, so scheint es, ist die Talsohle durchschritten. Italiens
       Regierung unter dem jung-dynamischen Berufsoptimisten Matteo Renzi wird die
       neuen Quartalszahlen – wenn sie denn so positiv ausfallen wie erwartet –
       umgehend für sich reklamieren und zum Beispiel die Ende letzten Jahres
       verabschiedete Arbeitsmarktreform ins Feld führen.
       
       Doch Zweifel sind erlaubt: Gerade am Arbeitsmarkt bewegt sich bisher so gut
       wie nichts. Andere Gründe sind ausschlaggebend für den bescheidenen
       Aufschwung, vorneweg der schwache Euro und der niedrige Ölpreis. Und die
       positiven Zahlen bei der Leistungsbilanz wurden weniger durch einen
       Exportboom als durch das Brüsseler und Berliner Spardiktat in der Eurokrise
       erreicht: durch den den Italienern aufgezwungenen Konsum- und
       Wohlstandsverzicht, der das Land um fast 20 Jahre zurückgeworfen hat.
       
       Fragiles Wachstum auf niedrigem Niveau nach dem tiefen Einbruch: Dies ist
       auch für die nähere Zukunft die realistische Perspektive, denn auch nach
       der verheißenen Trendwende soll Italien 2015 zu den wachstumsschwächsten
       Ländern Europas gehören.
       
       Entsprechend gering fällt die Begeisterung der Gewerkschaften über die
       „guten“ Nachrichten aus. Susanna Camusso, Chefin des größten Bundes CGIL,
       kommentiert trocken, „ich wäre sehr vorsichtig, angesichts einer bei 12,4
       Prozent verharrenden Arbeitslosigkeit das Ende der Rezession zu verkünden,
       die Krise ist noch nicht vorbei“. Skeptisch äußert sich Carmelo Barbagallo,
       Vorsitzender des Gewerkschaftsbundes UIL: „Ich bin viel im Land unterwegs,
       aber diesen Aufschwung sehe ich bisher noch nicht. Vielleicht habe ich ja
       nicht die 3-D-Brillen der Regierung.“
       
       12 May 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Braun
       
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