# taz.de -- Kommentar Oury Jalloh: Ein Urteil gegen den Korpsgeist
       
       > Der Prozess um den Tod des Asylbewerbers Oury Jalloh in einer Dessauer
       > Polizeizelle muss neu verhandelt werden, urteilt der Bundesgerichtshofs -
       > ein wichtiges Signal.
       
       Endlich eine gute Nachricht in einem Verfahren, das bislang nur als Skandal
       bezeichnet werden konnte: Der Prozess um den Tod des Asylbewerbers Oury
       Jalloh in einer Dessauer Polizeizelle muss neu verhandelt werden.
       
       Unwillen, Schlampereien und Ungereimtheiten prägten von Beginn an die
       polizeilichen Ermittlungen. Vor Gericht machte die Hauptzeugin, eine
       Polizistin, die ihren angeklagten Kollegen zunächst belastet hatte, einen
       Rückzieher - nachdem der Revierleiter sie und andere Zeugen zum Gespräch
       beordert hatte. Der Verdacht, die Beamten seien auf Linie gebracht worden,
       drängte sich auf. Der Richter selbst erklärte das Verfahren für gescheitert
       und kam zu der Einschätzung, Polizisten hätten die Wahrheit wie in einer
       "Bananenrepublik" gebeugt. Noch nie sei er von Beamten derart belogen
       worden.
       
       Diesem Richter nun bescheinigte der Bundesgerichtshof eine lückenhafte
       Beweisführung. Denn in dem fast zwei Jahre laufenden Prozess wurden
       zentrale Punkte nicht geklärt: Wie entstand der Brand? Hätte Jallohs Tod
       verhindert werden können?
       
       Fünf Jahre danach ist es nicht leichter, diese Fragen zu beantworten. Denn
       auch jetzt könnten insbesondere die zur Aufklärung beitragen, die bislang
       aus Korpsgeist mauerten: die beteiligten Polizisten. Doch unabhängig davon,
       ob das neue Verfahren neue Erkenntnisse und eine Verurteilung bringt: Die
       Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist ein wichtiges Signal. Es zeigt,
       dass die Justiz Polizisten nicht einfach so davonkommen lässt.
       
       Das ist umso wichtiger, als Polizeigewalt gegen Migranten noch immer nur in
       Ausnahmefällen Konsequenzen hat. Auf eine Anzeige - die schon ist selten -
       folgt meist eine Gegenanzeige. Die ermittelnden Polizisten glauben ihren
       Kollegen im Zweifelsfall eher als den Einwanderern. Statistiken aus Berlin
       und Hamburg zeigen zudem: Nur wenige der Beamten, bei denen es dann zu
       einer Anklage kommt, werden auch wirklich verurteilt. In anderen
       europäischen Ländern wie Großbritannien und Norwegen werden solche Fälle
       längst von unabhängigen Kommissionen untersucht.
       
       Eine solche Kommission hätte im Fall Jalloh vielleicht mehr Wahrheit ans
       Licht gebracht. So aber bleibt fünf Jahre nach der Tragödie der
       schreckliche Verdacht, dass die Polizisten zumindest nachlässig mit Jallohs
       Leben umgingen, weil er ein Flüchtling aus Afrika war.
       
       7 Jan 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sabine am Orde
       
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