i# taz.de -- Der Hausbesuch: Die Macht der Frauen taz.de 70 i taz.de 70 i> Als Kind zog sie von Iran nach Hamburg, später studierte Setareh Huschi taz.de 70 i> Medizin – ein Rat ihres Vaters, der sie lehrte, sich von keinem Mann taz.de 70 i> abhängig zu machen. taz.de 70 i taz.de 70 IBild: Setareh Huschi in ihrem Wohnzimmer /picture/6236534/948/32387914-1.jpeg taz.de 70 i taz.de 70 iVermutlich, meint sie, lebe sie auch den Traum ihres Vaters. Der konnte taz.de 70 ikein Blut sehen, riet seiner Tochter aber, Medizin zu studieren – und taz.de 70 iSetareh Huschi tat es. taz.de 70 i taz.de 70 iDraußen: „Privatweg! Durchgang verboten!“, steht auf einem Gatter. Dahinter taz.de 70 ierstreckt sich ein Familienidyll wie aus dem Bilderbuch: Reihenhäuser, taz.de 70 iGärten, ein Spielplatz, tobende Kinder sind dort und plaudernde Eltern. taz.de 70 iKlein Flottbek liegt am Stadtrand von Hamburg. „Im Sommer hat das hier fast taz.de 70 iein bisschen was von Bullerbü“, sagt Setareh Huschi. taz.de 70 i taz.de 70 iDrinnen: Im Wohnzimmer hängt über dem schwarzen Ledersofa ein großes Bild taz.de 70 ivom Hamburger Hafen. Mit elf Jahren ist Huschi mit ihrer Familie nach taz.de 70 iHamburg gezogen. taz.de 70 i taz.de 70 iDie Liebe: Ihre Eltern lernten sich in den 60er Jahren in Hamburg bei einer taz.de 70 iTanzveranstaltung kennen. Die Mutter ist Lehrerin, der Vater, ein Iraner, taz.de 70 istudiert in der Hansestadt Mineralogie. 1969 heiraten die beiden. Für ihn taz.de 70 isteht immer fest, dass er wieder zurück will; die Mutter begleitet ihn taz.de 70 ischließlich. taz.de 70 i taz.de 70 iIm Iran: Der Vater ist politisch aktiv, das Leben im Iran ist für ihn nicht taz.de 70 iungefährlich. „Einmal, als meine Eltern in einer Ente nach Teheran gefahren taz.de 70 isind und mein Vater an der Grenze kontrolliert wurde, hat er zu meiner taz.de 70 iMutter gesagt, wenn er nicht wiederkomme, solle sie umdrehen“, erzählt taz.de 70 iHuschi. Die Mutter lebt sich ein. Damals gab es viele deutsche Familien im taz.de 70 iLand. „Die lebten in einer Enklave, sprachen kein Persisch, schickten ihre taz.de 70 iKinder auf die deutsche Schule. Bei uns war es anders, wir waren taz.de 70 ieingebettet in die große Familie meines Vaters.“ Trotzdem seien die ersten taz.de 70 iJahre hart für sie gewesen, sagt Huschi. taz.de 70 i taz.de 70 iKindheit: 1970 wird sie in Teheran geboren und erinnert sich an eine taz.de 70 iglückliche Kindheit. „Das Leben mit der Großfamilie habe ich geliebt, wir taz.de 70 ihaben uns mindestens einmal in der Woche getroffen, wir Kinder wurden taz.de 70 iüberall integriert.“ Bei Feiern schlafen die Kleinen unterm Tisch. Von den taz.de 70 ipolitischen Restriktionen merken sie zunächst wenig. Aber [1][nach der taz.de 70 iRevolution], 1980, muss sie ein Kopftuch tragen. taz.de 70 i taz.de 70 iDie Fremdsprache: Sie und ihr Bruder besuchen eine von einer taz.de 70 iElterninitiative gegründete Schule, der Unterricht ist auf Persisch, taz.de 70 iDeutsch die erste Fremdsprache. Von klein auf ist sie auf Demos dabei. „Wir taz.de 70 ihaben sehr früh gelernt, wie wir uns bei Alarm auf den Boden legen müssen taz.de 70 iund dass wir nicht die Tür aufmachen dürfen, wenn es klingelt.“ Ihr Vater taz.de 70 iwidmete sein Leben dem Kampf gegen den Schah und für die Demokratie, taz.de 70 iaussichtslos, wie es scheint. taz.de 70 i taz.de 70 iZwei Koffer: Die Sommerferien verbringt die Familie immer bei den taz.de 70 iGroßeltern in Hamburg. „Wir können nicht mehr zurück“, sagt die Mutter taz.de 70 ieines Tages zu den Kindern. Sie bleiben in Deutschland, mit nur zwei taz.de 70 iKoffern, ohne Geld. Auch der Vater schafft es noch nach Hamburg. Die taz.de 70 iFamilie zieht in eine Sozialwohnung; sie, die Tochter, muss eine Klasse taz.de 70 iwiederholen. „Mich hat das damals in eine Identitätskrise gestürzt. Ich taz.de 70 ikonnte zwar Deutsch, aber ich wollte keine Deutsche sein.“ Du redest taz.de 70 ikomisch, hätten die anderen Kinder gesagt. Sie fühlt sich zerrissen. taz.de 70 i taz.de 70 iUmbrüche: Der Vater findet einen Job; ist nun aber werktags in München. taz.de 70 i„Den Familienverbund, wie wir ihn kannten, gab es plötzlich nicht mehr.“ taz.de 70 iDer Vater will, dass die Kinder weiter in die persische Nachmittagsschule taz.de 70 igehen, die lehnen nun aber alles Iranische ab. „Wir wollten das alles nicht taz.de 70 imehr.“ Als Teenie liest Huschi Weltliteratur, lernt viel und gerne. „Ich taz.de 70 iwar ehrgeizig, das war meine Art der Integration, ich wollte dazugehören.“ taz.de 70 iDie Ehe der Eltern zerbricht, 1996 geht der Vater zurück in den Iran, taz.de 70 iheiratet erneut. Inzwischen lebt er abwechselnd mal hier und mal dort. taz.de 70 i taz.de 70 iUnabhängigkeit: Es ist wichtig, dass du als Frau unabhängig von einem Mann taz.de 70 ibist, das lernt sie von ihrem Vater. Medizin sei dafür perfekt, damit sei taz.de 70 isie überall geachtet, sagt er, der selbst kein Blut sehen kann. „Ich hatte taz.de 70 iimmer das Gefühl, dass ich alles schaffen kann, was ich will, unsere Eltern taz.de 70 ihaben mich und meinen Bruder in der Hinsicht gleich behandelt.“ Das taz.de 70 iMedizinstudium ist für Huschi vor allem eins: ernüchternd. „Ich dachte, ich taz.de 70 itreffe auf Menschen, die die Welt verändern wollen. Stattdessen waren da taz.de 70 iviele, die die Praxis ihrer Väter übernehmen wollten.“ Auch die Hierarchie taz.de 70 iin der Uni-Klinik ist ihr zuwider. „Nach oben buckeln, nach unten treten, taz.de 70 iso habe ich es wahrgenommen. Am liebsten hätte ich nach der Uni Tischlerin taz.de 70 igelernt.“ taz.de 70 i taz.de 70 iEin Mentor: Mitte der 90er gibt es zu viele Ärzt:innen, sie findet keine taz.de 70 iStelle in Hamburg, schließlich klappt es in Itzehoe, die Notlösung wird zum taz.de 70 iGlücksgriff. „Mein erster Chef dort hat mich geprägt. Bestimmt war er auch taz.de 70 iein guter Arzt, aber vor allem war er ein guter Mensch.“ Alle dürfen taz.de 70 imitreden, Machtspiele gibt es nicht. „Dort habe ich gelernt, wie Medizin taz.de 70 iauch sein kann, wie sehr einen Operationen und Geburten zusammenschweißen taz.de 70 ikönnen.“ taz.de 70 i taz.de 70 iSchicksalsschlag: Als sie 22 ist, erkrankt ihre Mutter an einer Vorstufe taz.de 70 ivon Brustkrebs. „Nach einer Operation dachten wir, sie sei geheilt.“ Zehn taz.de 70 iJahre später stirbt sie. Dass Huschi sich für die Fachrichtung Gynäkologie taz.de 70 ientscheidet, habe sicher damit zu tun. „Ich hatte das Gefühl, dass bei taz.de 70 iihrer Behandlung vieles schieflief, und wollte es besser machen.“ Bei der taz.de 70 iTumortherapie der Mutter war sie immer ganz nah dabei, zu nah, meint sie taz.de 70 iheute. „Für meine Mutter war das gut, für mich zu viel. Jahre habe ich taz.de 70 igebraucht, um das zu verarbeiten.“ Ihr Verhältnis war eng. „Wie sehr sie taz.de 70 imir wirklich fehlt, habe ich erst gemerkt, als ich selbst Mutter wurde.“ taz.de 70 i taz.de 70 iFamilie: Bei einer Hochzeit wollen Freunde sie verkuppeln und haben Erfolg. taz.de 70 iSie und ihr heutiger Mann sind die letzten Gäste auf der Party. Es ist taz.de 70 iAugust, im April darauf ist sie schwanger, im Juli heiraten sie und kaufen taz.de 70 iein Haus. „Vorher hatten wir noch nie zusammen gewohnt.“ Sechs Monate nach taz.de 70 ider Geburt geht sie, inzwischen Oberärztin, wieder arbeiten, Vollzeit, ihr taz.de 70 iMann ist Lehrer, bleibt ein Jahr zu Hause, arbeitet danach in Teilzeit. taz.de 70 i„Das war ein tolles Agreement, für das ich ihm dankbar bin.“ taz.de 70 i taz.de 70 iKarriere: Dass sie Leitungsaufgaben übernehmen will, wird ihr früh bewusst. taz.de 70 i„Die Alternative ist ja, immer nur über die Chefs zu meckern.“ Als sie taz.de 70 iOberärztin wird, ist sie die einzige Frau, umgeben von Männern. „Ich hatte taz.de 70 iimmer das Gefühl, dass die mich nicht ernst nehmen.“ In eine Praxis taz.de 70 iwechseln möchte sie nicht. „Viele Kolleginnen gehen diesen Schritt, wenn taz.de 70 isie Kinder haben. Aber ich operiere gerne und finde das Arbeiten im Team taz.de 70 itoll, das hat was von einer Familie.“ Die Doppelbelastung nimmt sie taz.de 70 iallerdings mit. Sie denkt, sie sei durch die vielen Nachtdienste gestählt. taz.de 70 i„Das war naiv. Mit einem kleinen Kind war ich dauererschöpft, über Jahre.“ taz.de 70 iElf Jahre ist sie leitende Oberärztin. Immer öfter bekommt sie Angebote für taz.de 70 iChefposten, die sie ausschlägt. „Damit hätte ich meinen Beruf quasi an den taz.de 70 iNagel gehängt. Viel Verwaltung, wenig Medizin.“ taz.de 70 i taz.de 70 iNicht ohne mein Team: Seit etwa anderthalb Jahren hat Setareh Huschi taz.de 70 idennoch einen Chefposten inne. Sie leitet gemeinsam mit zwei früheren taz.de 70 iKolleginnen die Gynäkologie der Asklepios-Klinik in Hamburg-Wandsbek. Ein taz.de 70 iFührungsteam wie ihres ist bislang in Deutschland einzigartig. Entstanden taz.de 70 iist es aus einer Sektlaune. „Wir alle wollten gerne Chefinnen sein, aber taz.de 70 ieben auch weiterhin Ärztinnen“, sagt Huschi. „Also haben wir ein Konzept taz.de 70 iausgearbeitet, wie man zu dritt die Leitung übernehmen kann, und uns damit taz.de 70 iinitiativ beworben.“ Erfolgreich. „Momentan arbeiten wir viel mehr als taz.de 70 ivorher, aber es macht Spaß und wir haben viel vor.“ Etwa soll es weniger taz.de 70 ianonym sein in der Klinik. Als sie ihrer Familie von dem Plan berichtet, taz.de 70 isagt sie auch, dass sie in den nächsten Jahren sicher noch mehr arbeiten taz.de 70 iwerde. „Mein Mann und mein Sohn konnten total verstehen, das ich das machen taz.de 70 iwill, und sind stolz auf mich.“ Ein wichtiges Ritual für die Familie: „Eine taz.de 70 iMahlzeit am Tag essen wir immer gemeinsam.“ taz.de 70 i taz.de 70 iFrauen: Da, wo sie gerade steht, ist sie glücklich. „Und wenn es nicht mehr taz.de 70 iso sein sollte, dann habe ich keine Angst vor Veränderungen; nichts ist taz.de 70 istatisch.“ Gerade wurde sie als Delegierte in die Hamburger Ärztekammer taz.de 70 igewählt. „Jetzt, wo ich die Reichweite habe und sichtbar bin, will ich mehr taz.de 70 imit anderen Frauen netzwerken. Uns gegenseitig unterstützen und Vorbild taz.de 70 isein, das müssen wir noch lernen.“ Auch unter Frauen habe sie oft taz.de 70 iRivalitäten erlebt. „Leider. Wir müssen zusammenhalten. Ich glaube an die taz.de 70 iMacht der Frauen.“ Dabei denkt sie auch an die [2][Frauen im Iran]. taz.de 70 i taz.de 70 i7 May 2023 taz.de 70 i taz.de 70 i## LINKS taz.de 70 i taz.de 70 1[1] /Autorinnen-ueber-Protest-in-Iran/!5910501 /Autorinnen-ueber-Protest-in-Iran/!5910501 taz.de 70 1[2] /Proteste-in-Iran/!t5884344 /Proteste-in-Iran/!t5884344 taz.de 70 i taz.de 70 i## AUTOREN taz.de 70 i taz.de 70 1Lea Schulze /!a72607 taz.de 70 i taz.de 70 i## TAGS taz.de 70 i taz.de 70 1Der Hausbesuch /!t5421637 taz.de 70 1Gynäkologie /!t5026324 taz.de 70 1Proteste in Iran /!t5884344 taz.de 70 1Schwerpunkt Iran /!t5007776 taz.de 70 1Solidarität /!t5012940 taz.de 70 1Der Hausbesuch /!t5421637 taz.de 70 1wochentaz /!t5894535 taz.de 70 1Der Hausbesuch /!t5421637 taz.de 70 1Handwerk /!t5017771 taz.de 70 1Der Hausbesuch /!t5421637 taz.de 70 i taz.de 70 i## ARTIKEL ZUM THEMA taz.de 70 i taz.de 70 1Der Hausbesuch: Er traut sich was /!5924206 taz.de 70 i taz.de 70 iKarim Yahiaoui ist Hochzeitsredner, viele Promis zählen zu seinen Kunden. taz.de 70 iHätte ihm das früher jemand erzählt, er hätte es nicht geglaubt. taz.de 70 i taz.de 70 1Der Hausbesuch: Ohne Gedöns /!5926952 taz.de 70 i taz.de 70 iSimone Schmidt alias Simono hat einen pragmatischen Künstlernamen gewählt. taz.de 70 iIhre Kunst aber ist frei und rastlos wie sie selbst. taz.de 70 i taz.de 70 1Der Hausbesuch: Geschichte am Küchentisch /!5926922 taz.de 70 i taz.de 70 iIn Marie Rolshovens Wohnung lebten einst Juden und Jüdinnen. Um an diese zu taz.de 70 ierinnern, öffnet sie jedes Jahr Anfang Mai ihre Wohnung für Fremde. taz.de 70 i taz.de 70 1Der Hausbesuch: „Ein Fussel kann den Tag versauen“ /!5926739 taz.de 70 i taz.de 70 iDas Lichtdruckhandwerk ist ein aussterbender Beruf. Janine Kittler tut taz.de 70 ialles, damit er nicht ganz verschwindet. taz.de 70 i taz.de 70 1Der Hausbesuch: Mensch sein ist schwierig und schön /!5923291 taz.de 70 i taz.de 70 iFür die Sängerin Inger Nordvik ist das Zuhause mehr als ein Ort. Zuhause taz.de 70 ikann auch ein Lied sein oder eine Art zu leben. taz.de 70 .