i# taz.de -- Buch über ikonische Denkerinnen: Dem Leid mitleidlos begegnen taz.de 70 i taz.de 70 i> Deborah Nelson porträtiert sechs ikonisch gewordene Denkerinnen und taz.de 70 i> Künstlerinnen, die bis heute polarisieren. taz.de 70 i taz.de 70 IBild: Hannah Arendt, Philosophin und Publizistin /picture/5595169/948/30308408-1.jpg taz.de 70 i taz.de 70 iDas Leid, das die Coronapandemie jenseits unserer Wohlstandsinseln im taz.de 70 iSchlepptau führt, ist in seiner Massivität schwer fassbar. Eine nackte Zahl taz.de 70 ivon 15 Millionen Toten in den Jahren 2020/21 lieferte Anfang Mai eine taz.de 70 iSchätzung der Weltgesundheitsorganisation. Doch ging diese Meldung taz.de 70 iirgendwie unter, sind wir doch derzeit mehr damit beschäftigt, uns an die taz.de 70 iatemraubenden Kriegsbilder von Gewalt, Tod und Zerstörung aus der Ukraine taz.de 70 izu gewöhnen. taz.de 70 i taz.de 70 iAddiert man zu diesem Horror das permanente Grundrauschen einer noch viel taz.de 70 igrößeren Bedrohung für das menschliche Überleben – den Klimawandel –, kommt taz.de 70 ieinem das Vorstellungsvermögen gehörig abhanden, wie diese Realität noch taz.de 70 ihändelbar sein soll und wendet den Blick vielleicht lieber fatalistisch ab. taz.de 70 iOder läuft sich, dem mitfühlenden Geist unserer Zeit entsprechend, in taz.de 70 isozialmedienverstärkter emotionaler Überhitzung tot. taz.de 70 i taz.de 70 iDie Protagonistinnen in Deborah Nelsons Buch „Denken ohne Trost“ – Diane taz.de 70 iArbus, [1][Hannah Arendt], [2][Joan Didion], Mary McCarthy, [3][Susan taz.de 70 iSontag] und Simone Weil – würden einem solche Empfindungen vielleicht als taz.de 70 i(selbst)mitleidiges Mimimi um die Ohren hauen. taz.de 70 i taz.de 70 i## Polarisieren bis in die Gegenwart taz.de 70 i taz.de 70 iBei ihnen handelt es sich um solitäre Intellektuelle, Schriftstellerinnen taz.de 70 iund Künstlerinnen, die sich in der westlichen Auseinandersetzung mit den taz.de 70 iTraumata des 20. Jahrhundert einen Ruf eminenter Bedeutung erstritten und taz.de 70 idie bis heute ihr Lesepublikum polarisieren. Von den einen kultisch verehrt taz.de 70 iob ihres kühlen Weltzugangs, sahen andere bei ihnen vor allem Gefühl- und taz.de 70 iHerzlosigkeit am Werk, was nicht selten in dem Vorwurf ad feminam gipfelte, taz.de 70 idass die Damen wohl unter charakterlicher Deformation litten. taz.de 70 i taz.de 70 iNeutraler spricht man besser von einer Haltung der Unsentimentalität, die taz.de 70 idiese Frauen in der Konfrontation mit dem Leid ihrer Gegenwart einnahmen. taz.de 70 iDer Auslotung dieser Haltung, der damit verbundenen Erkenntnispraxis und taz.de 70 ieinem von gefühligen Schlacken befreiten Stil, widmet sich Nelson in ihrem taz.de 70 iebenso voraussetzungsreichen wie lektüre-intensiven Gruppenporträt in fünf taz.de 70 iKapiteln. taz.de 70 i taz.de 70 i„Wir sind ästhetisch, politisch und moralisch verpflichtet, uns der taz.de 70 iRealität zu stellen, so schmerzhaft sie auch sein mag, und zwar ohne dabei taz.de 70 iden eigenen Gefühlen freien Lauf zu lassen“, bringt Nelson die taz.de 70 iunsentimentale Haltung der Denkerinnen ohne Trost auf den Punkt. taz.de 70 i taz.de 70 iDamit bewegen sie sich auf einem schmalen Grat zwischen Coolness und taz.de 70 iironiegepanzerter Kälte einerseits und einer von Traumastudien taz.de 70 ibeeinflussten, empathievollen und solidarisierungsbekennenden taz.de 70 iLeidenseinfühlung andererseits, die sich als Bewältigungsstrategien im taz.de 70 iUmgang mit den Verheerungen des 20. Jahrhunderts etablierten. taz.de 70 i taz.de 70 iArendt und Co. dagegen, so eine zentrale Differenzierung Nelsons, zeichnet taz.de 70 iaus, dass sie dem Schmerz gegenüber nicht gleichgültig bleiben, dass sie taz.de 70 ivielmehr auf einer mutigen, ungeschützten, für Selbstveränderung offenen taz.de 70 iAuseinandersetzung mit dem Leid bestehen. Während sie sich gleichzeitig taz.de 70 iweigern, dieses Leid zu sakralisieren. Wohlüberlegt und reflektiert taz.de 70 imisstrauen sie den Gefühlen und dem Tröstlichen, weil sie uns daran taz.de 70 ihindern, der schmerzhaften Realität ins Gesicht zu sehen. taz.de 70 i taz.de 70 iEs ist bei dieser Skizze des Unsentimentalen nicht unbedeutend, dass es taz.de 70 isich um Frauen handelte, die diese Haltung einnehmen. Denn von Frauen taz.de 70 ierwartete man, dass sie sich qua Frausein empathieprall und mitfühlend der taz.de 70 iWelt und den Anderen gegenüber zeigten. Weigern sie sich, dieser Erwartung taz.de 70 izu entsprechen, noch dazu recht furchtlos öffentlich exponiert, so ist das taz.de 70 ioben erwähnte Verdikt der Kälte und charakterlichen Deformation schnell taz.de 70 iausgesprochen. taz.de 70 i taz.de 70 iAufgrund der Häufung des Katastrophischen gewinnt Nelsons Analyse und taz.de 70 igewinnen die Arbeiten der sechs Denkerinnen ohne Trost an taz.de 70 iweiterlesenswürdiger Aktualität. Nicht nur schärft sich der Blick auf die taz.de 70 ieigene Gefühligkeit, mit der man dieser Wirklichkeit so wenig taz.de 70 irealitätstauglich begegnet. Darüber hinaus ist dies ein wohltuend taz.de 70 iunsentimentaler Einspruch gegen den Geist unserer Zeit. taz.de 70 i taz.de 70 iEs ist keine Aufforderung, gefühllos durch die Welt zu marschieren, wohl taz.de 70 iaber eine, den Gefühls- und Empathieanrufungen, den ständigen taz.de 70 iSolidarisierungs- und Identitätsbekenntnissen, von denen unsere öffentliche taz.de 70 iSphäre überquillt, mit etwas Skepsis zu begegnen. Denn Emotionalität macht taz.de 70 iuns nicht zwangsläufig zu besseren Menschen. Und Empathie ist kein Garant taz.de 70 ifür die Rettung unserer Welt. taz.de 70 i taz.de 70 i2 Jun 2022 taz.de 70 i taz.de 70 i## LINKS taz.de 70 i taz.de 70 1[1] /Hannah-Arendt-Ausstellung-in-Berlin/!5681502 /Hannah-Arendt-Ausstellung-in-Berlin/!5681502 taz.de 70 1[2] /Tod-von-Joan-Didion/!5822188 /Tod-von-Joan-Didion/!5822188 taz.de 70 1[3] /Biografie-ueber-Susan-Sontag/!5719479 /Biografie-ueber-Susan-Sontag/!5719479 taz.de 70 i taz.de 70 i## AUTOREN taz.de 70 i taz.de 70 1Eva Berger /!a24538 taz.de 70 i taz.de 70 i## TAGS taz.de 70 i taz.de 70 1Literatur /!t5008488 taz.de 70 1Porträt /!t5040900 taz.de 70 1Frauen /!t5007978 taz.de 70 1Künstlerinnen /!t5611399 taz.de 70 1Feminismus /!t5008172 taz.de 70 1Philosophie /!t5012520 taz.de 70 1Ausstellung /!t5007636 taz.de 70 1Literatur /!t5008488 taz.de 70 1Oper /!t5007509 taz.de 70 1Schwerpunkt Stadtland /!t5806714 taz.de 70 1Jüdisches Museum Berlin /!t5035901 taz.de 70 1Spielfilm /!t5011775 taz.de 70 1BDS-Movement /!t5071445 taz.de 70 i taz.de 70 i## ARTIKEL ZUM THEMA taz.de 70 i taz.de 70 1Bonner Schau zu Susan Sontag: Sie machte Denken zur öffentlichen Praxis /!6104588 taz.de 70 i taz.de 70 iSusan Sontag sollte man sich jetzt zu Gemüte führen. 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