# taz.de -- Verleger Gerhard Steidl: Verachtung für "iDubai"
       
       > Er ist die Sonne seines Universums: "How to Make a Book with Steidl" am
       > Donnerstag auf 3sat zeigt das Schaffen des eigenwilligen Verlegers
       > Gerhard Steidl.
       
 (IMG) Bild: Ein Handwerker in seinem eigenen Universum: Gerhard Steidl.
       
       Gerhard Steidl war noch nie in Dubai, er will da auch gar nicht hin. Die
       iPhone-Schnappschüsse, die der New Yorker Fotograf Joel Sternfeld ihm aus
       dem Emirat vorlegt, reichen vollkommen, um das Stilempfinden des Göttinger
       Verlegers für Fotokunstbücher und Belletristik zu beleidigen. "Ein
       unästhetisches Disneyland", schimpft er - und veröffentlicht Sternfelds
       Aufnahmen dennoch: Am Ende des Dokumentarfilms "How to Make a Book with
       Steidl" von Jörg Adolph und Gereon Wetzel (Recherche: Alex Rühle) rollt
       "iDubai" vom Band, als einer von unglaublichen 283 Titeln, die während der
       Dreharbeiten zwischen April 2009 und März 2010 in Steidls
       konzernunabhängiger Göttinger Druckerei entstanden sind.
       
       Nur wenige Meter entfernt ist Steidl aufgewachsen. "Ich hatte keine Zeit
       wegzugehen, also bin ich hier geblieben", erklärt er dem britischen
       Fotografen Martin Parr in teutonisch hartem Steidl-Englisch. Seit
       Jahrzehnten reist der 59-Jährige rund um den Erdball, ungern, aber
       andauernd, auch in die USA, aber der Akzent ist geblieben. Darin ein Indiz
       für seinen Eigensinn zu erkennen, ist wohl nicht übertrieben. "Noch eine
       letzte Geschichte, dann muss ich los", zieht er in der Küche von Robert
       Adams in Oregon das Gespräch an sich. Und als der Taxifahrer ihn später
       fragt, wer der winkende Mann in der Einfahrt ist, antwortet Steidl: "Ein
       Fotograf", aber natürlich nicht irgendeiner, schließlich hat er ihn gerade
       besucht, "ein sehr berühmter Fotograf." Keine Frage: Gerhard Steidl ist die
       Sonne seines Universums oder hält sich zumindest dafür.
       
       Mit ihm zusammen zu arbeiten ist daher für Steidls Künstler nicht die reine
       Freude. "Bin ich zufrieden? Nein, aber unzufrieden bin ich auch nicht",
       kommentiert Joel Sternfeld, dessen Buchproduktion der Film schwerpunktmäßig
       verfolgt, das Fortkommen mit "iDubai". "Ich mag es schon, nur die Größe
       macht mir Sorgen." Das Format des Papiers, dessen Beschaffenheit, Farbe,
       Material und Artwork des Covers, inhaltliche Struktur des Buchs, Anordnung
       der Fotos und dann natürlich deren Look - all diese Fragen verhandeln
       Steidl und Sternfeld, teilweise auch mehrfach, weil der Fotograf
       dummerweise die Chance hatte, noch mal drüber zu schlafen.
       
       Auch wenn Steidl bis auf eine Ausnahme, als ein Mitarbeiter es wagt, in
       Abwesenheit des Meisters und ohne dessen ausdrückliche Erlaubnis mit
       Sternfeld über das weitere Vorgehen zu sprechen, nie laut wird, bleibt er
       bei diesem Nahkampf immer der Herr im Ring. Die Künstler unterwerfen sich,
       weil sie ihm vertrauen - weil er eben gut ist in dem, was er tut: ihr Buch
       in die Läden zu kriegen. Und so ist, abgesehen von den Fotos und dem Titel,
       alles an "iDubai" das Werk Steidls, die Goldschrift auf dem schrillen
       Cover, der bizarr vergrößerte Barcode auf der Rückseite, alles betont
       geschmacklos und konsumorientiert, ein Ebenbild von Steidls Dubai.
       
       Der legt Wert darauf, dass seine Bücher keine Industrieprodukte sind,
       sondern multiples, eine künstlerische Idee, umgesetzt von einem Handwerker.
       Dass Steidl, der in seinem bis unters Dach vollgestopften Verlagshaus nur
       im weißen Kittel rumläuft, sich als "Drucker" vorstellt, wirkt reichlich
       kokett. Ein Stück weit ist er selbst ein Künstler oder zumindest eine Art
       Kunstwerk. Sonst hätte man wohl kaum einen so präzisen, kurzweiligen
       90-Minüter über ihn machen können.
       
       "How to Make a Book with Steidl" läuft am Donnerstagabend, 22.25 Uhr, auf
       3sat.
       
       4 Nov 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) David Denk
       
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