# taz.de -- Separatisten feiern Erfolg im Baskenland: Das Gesicht der Bewegung
       
       > Arnaldo Otegi ist Chef des baskischen Linksbündnisses EH Bildu. Der
       > Erfolg bei den Regionalwahlen wird vor allem seiner Strategie
       > angerechnet.
       
 (IMG) Bild: Für die einen Friedensbringer, für andere ein Terrorist: Arnaldo Otegi vom Chef des baskischen Linksbündnisses EH Bildu
       
       Madrid taz | So zufrieden war Arnaldo Otegi, Chef des baskischen
       Linksbündnisses EH Bildu, noch nie zu sehen. „Mit Bescheidenheit und
       Verantwortungsbewusstsein haben wir etwas erreicht, was vor vier Jahren
       niemand für möglich gehalten hätte“, erklärte der 66-Jährige am Sonntag
       nach der Auszählung der Stimmen bei den [1][baskischen Parlamentswahlen].
       Das Bündnis EH Bildu zog mit 27 Sitzen mit der seit Jahrzehnten regierenden
       konservativen Baskisch Nationalistischen Partei (PNV) gleich.
       
       Wenn [2][diese Erfolgsstrategie] an jemandem festzumachen ist, dann ist es
       Otegi. Der Politiker aus Elgoibar, einem Ort im baskische Binnenland
       zwischen San Sebastián und Bilbao, ist für die einen der Friedensbringer,
       für andere ist der Vater zweier Kinder ein „Terrorist“.
       
       In jungen Jahren gehörte Otegi der bewaffneten Separatistenorganisation ETA
       an. Er war unter anderem für Entführung und Gefangenenbefreiung in Haft.
       Nachdem er entlassen wurde, ging er in die Politik. 1995 zog er für die
       ETA-nahe Partei Herri Batasuna erstmals ins Baskenparlament ein. 1997 wurde
       er deren Sprecher und fortan das Gesicht des Linksnationalismus. Während
       eines ETA-Waffenstillstands erzielte die Partei eines ihrer besten
       Wahlergebnisse und ermöglichte es dem damaligen PNV-Kandidaten José
       Ibarretxe, ohne Unterstützung der spanischen Sozialisten baskischer
       Regierungschef zu werden.
       
       Keine Gewalt, Erfolg an den Urnen, lautete die Erfahrung jener Jahre. Otegi
       nahm Geheimgespräche über ein mögliches Ende ETAs mit einem Vertreter der
       in Madrid regierenden Sozialisten auf. Es war der Beginn eines langen,
       steinigen Weges Richtung friedliche Realpolitik, gepflastert mit
       Rückschlägen, wie der Rückkehr ETAs zu den Waffen, dem Verbot einer
       linksnationalistischen Kandidatur 2009 und einer kürzeren und einer erneut
       langjährigen Haftstrafe für Otegi.
       
       Linkes, soziales Programm 
       
       Sein damaliges Vergehen: Er hatte zusammen mit einem
       Gewerkschaftsvorsitzenden versucht, das politische Umfeld ETAs nach dem
       Verbot erneut zu strukturieren, um es auf eine Zeit nach der bewaffneten
       Gewalt vorzubereiten. Den spanischen Richtern galt dieses Projekt als
       Beteiligung an der ETA selbst. Sechseinhalb Jahre saß er in Haft. 2011
       verurteilte der Europäische Menschenrechtsgerichtshof den spanischen Staat
       zu 200.000 Euro Schmerzensgeld, „wegen Verstoß gegen die Meinungsfreiheit
       von Arnaldo Otegi“.
       
       Parallel zu seiner Haft hat der Friedensprozess an Fahrt aufgenommen. 2011
       stellte ETA endgültig alle bewaffneten Aktionen ein und löste sich 2018
       ganz auf. Otegi wurde nach der Haft Chef der neuen linksnationalistischen
       Partei Sortu. Nach deren Zusammenschluss mit mehreren anderen Parteien zu
       EH Bildu wurde er auch deren Chef-Koordinator. Wahl für Wahl erzielte EH
       Bildu unter Otegis Regie mit einem linken, sozialen Programm mehr Stimmen,
       übernahm Verantwortung in immer mehr Gemeinden und schreckte selbst nicht
       davor zurück, in Madrid mit ihren Abgeordneten die Minderheitsregierung
       [3][des Sozialisten Pedro Sánchez] zu stützen.
       
       2020 konnte Otegi nicht als baskischer Regierungschef kandidieren, weil er
       noch immer einem Ausübungsverbot für öffentliche Ämter unterlag. 2024 zog
       sich Otegi überraschend zurück und überließ dem jüngeren [4][Pello
       Otxandiano] den Platz an der Spitze der EH-Bildu-Liste. Befreit von der
       Last der bewaffneten Gewalt, haben Otegi und sein Team im Kampf um die
       Hegemonie im nationalistischen Lager ein Unentschieden erreicht. Seit
       Sonntag ist in der baskischen politischen Landschaft nichts, wie es war.
       
       22 Apr 2024
       
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