# taz.de -- Revolution in Myanmar: Für die Freiheit und mehr
       
       > In Myanmar kämpfen Minderheiten und prodemokratische Kräfte gegen eine
       > rechte Militärjunta. Linke sollten ihren Aufstand unterstützen.
       
 (IMG) Bild: Aufständische der Volksverteidigungseinheiten auf dem Weg zur Front im östlichen Shan-Staat, wo sie gegen das Militär kämpfen
       
       Stellen Sie sich vor: ein Land, in dem eine genozidale Militärjunta
       herrscht. Eine Clique alter Männer, die sich an die Macht putscht und dann
       auf friedliche Demonstranten schießen lässt. Stellen Sie sich weiter vor:
       eine junge Studierendenbewegung für Demokratie und Menschenrechte, die sich
       bewaffnet und mit benachteiligten ethnischen Minderheiten gegen ebenjenes
       Regime kämpft – entgegen allen Erwartungen mit Erfolg. Und jetzt stellen
       Sie sich vor, dass linke Gruppen weltweit diesen Kampf einfach ignorieren.
       
       Wenn Sie eine durchschnittliche Zeitungsleserin sind, werden Sie wohl
       zuerst den Titel dieses Textes gelesen haben und wissen, dass es hier um
       Myanmar geht. Aber warum interessieren sich linke Bewegungen verschiedener
       Couleur nicht für den dortigen revolutionären Freiheitskampf – auch nicht,
       bevor der Krieg in Israel und Gaza ab dem 7. Oktober alle Aufmerksamkeit
       auf sich zog?
       
       Für die Missachtung dieses Konflikts, wie zahlreicher anderer, mag es
       Gründe geben: weit, weit weg, keinen Bezug, fremde Kultur und so weiter.
       Aber es gibt eben keine gute Begründung. Zumindest nicht für jene, die sich
       noch an die ehrenwerte Tugend des Internationalismus erinnern. Und während
       Linke gerne ihren lost causes, also den gescheiterten Revolutionen von
       vorvorgestern, frönen, ist der Kampf in Myanmar heute erfolgreich: Erst am
       Wochenende eroberten Rebellen im Katschin-Staat im Nordosten wohl [1][drei
       Militärbasen], immer wieder [2][laufen Regimetruppen zu den Aufständischen
       über]. Die Junta kontrolliert heute weniger als 40 Prozent des
       Staatsgebiets.
       
       ## Kampf in Myanmar kein lost cause
       
       Gegen wen kämpfen die Rebellen genau? Gegen ein Militär, das sich
       jahrzehntelang anmaßte, das Land zu unterjochen. 2011 ließen die Generäle
       vorsichtig etwas mehr Demokratie zu, putschten sich dann aber nach einer
       unliebsamen Wahl im Februar 2021 wieder an die Macht – festgehalten auf dem
       legendären [3][Video einer tanzenden Fitnesstrainerin].
       
       Dazwischen begingen die Militärs, auch Tatmadaw genannt, einen Völkermord
       an [4][den muslimischen Rohingya]: mordeten, vergewaltigten, brandschatzten
       und vertrieben etwa 700.000 von ihnen über die Grenze nach Bangladesch. Die
       Junta, aufgerüstet von Russland, ist verbündet mit den
       rechts-nationalistischen Pyusawhti-Milizen. Rebellengruppen werfen ihr vor,
       [5][mit Chemiewaffen zu bombardieren].
       
       Als das Militär nach dem Coup 2021 auf friedliche Demonstranten schoss,
       verließen viele junge Demokratieaktivistinnen die Städte, gingen in die
       Berge und die Dschungel und bewaffneten sich, um die
       Volksverteidigungseinheiten (PDF) zu gründen. Sie kämpfen seitdem für
       Liberalisierungen, eine parlamentarische Demokratie und die Freilassung der
       gewählten Regierungschefin Aung San Suu Kyi.
       
       Ohne nennenswerte Unterstützung müssen die PDF oft auf einfache oder
       [6][selbstgebaute Waffen] zurückgreifen. Ihre Guerillas verbündeten sich
       mit den bereits etablierten Milizen der zahlreichen ethnischen Minderheiten
       im Land, die historisch unterdrückt wurden und sich von der Revolution mehr
       Autonomie erhoffen.
       
       ## Wo bleibt die Solidarität?
       
       Dieses historische Unrecht zwischen den Bevölkerungsgruppen ist Grund zur
       Sorge über weitere Spannungen, die eine erfolgreiche Revolution überdauern
       könnten. Doch es gibt hoffnungsvolle Zeichen. So gründete der Aktivist und
       Dichter Maung Saungkha aus der vorherrschenden Ethnie der Bamar eine Miliz,
       die BPLA, die sich gar für die [7][Abschaffung ihrer eigenen Privilegien]
       einsetzt. Auch Frauen und Männer genießen dort gleiche Rechte.
       
       Mit diesen Entwicklungen und Bewegungen sollte sich eine global
       interessierte Linke beschäftigen, freilich ohne den Kampf zu romantisieren.
       Sie könnte, ganz praktisch, ihre nationalen Regierungen drängen, die
       Aufständischen stärker zu unterstützen, selbst Spenden für Waffen und
       Ausrüstung sammeln oder auf die Verbrechen der Junta aufmerksam machen.
       
       Die Revolutionäre kämpfen in den Wäldern und Bergen Myanmars und entlang
       des Irawaddy-Flusses für ihre eigene Freiheit, aber – wie sie selbst sagen
       – auch für Prinzipien und Ideale, die darüber hinausgehen. Sie haben unsere
       Solidarität verdient.
       
       27 Mar 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.irrawaddy.com/news/war-against-the-junta/kia-pdf-seize-another-three-bases-from-myanmar-military.html
 (DIR) [2] https://www.theguardian.com/global-development/2024/jan/29/myanmar-military-junta-totters-as-battalions-surrender
 (DIR) [3] https://www.youtube.com/watch?v=r6lqE_MQv8o&ab_channel=OnDemandNews
 (DIR) [4] /Die-Rohingya-in-Myanmar/!5751183
 (DIR) [5] https://www.irrawaddy.com/news/burma/myanmar-junta-using-chemical-weapons-pa-o-army.html
 (DIR) [6] https://www.irrawaddy.com/news/burma/myanmar-resistance-groups-get-creative-to-manufacture-weapons.html
 (DIR) [7] https://www.aljazeera.com/news/2024/2/1/blood-and-sweat-myanmar-resistance-fights-to-overturn-military-coup
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Leon Holly
       
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