# taz.de -- Labile Dortmunder: Fataler Irrglauben
       
       > Die erneute Schwäche von Borussia Dortmund steht pars pro toto für einen
       > strukturellen Malus in der Fußball-Bundesliga.
       
 (IMG) Bild: Trübe Stimmung: BVB-Trainer Terzic zieht von dannen, während Kollege Hoeneß feiert
       
       Borussia Dortmund ist der ewig unfertige Verein. Es schwingt zu Beginn
       jeder Bundesligasaison unglaublich viel [1][Hoffnung aufs ganz große Ding]
       mit. Mit Anlauf und ordentlich Schmackes rollen sie in Dortmund einen
       Findling bergauf und werden dann im Saisonverlauf – mal früher, mal später
       – zu Sisyphos, der vergeblich, aber beständig schuftet.
       
       Verhaftet im magischen Denken glauben die Anhänger der Schwarz-Gelben vor
       jeder Spielzeit: Heuer wird es aber anders. Diesmal klappt der große
       Durchbruch, und wir werden vielleicht sogar Deutscher Fußballmeister.
       
       Dieses nimmermüde, redliche Werkeln ist rührend, und um ein Haar wäre es ja
       auch vor einiger Zeit belohnt worden. Aber mittlerweile steht Borussia
       Dortmund wieder vor einer stinknormalen Saison, in welche die Wirklichkeit
       hereingebrochen ist wie die herbstliche Dunkelheit um fünfe. Gleich zweimal
       war Dortmund zuletzt krass unterlegen: Gegen die Bayern war ein mehr als
       deutlicher Klassenunterschied sichtbar.
       
       ## Nur Keeper Kobel zeigt Klasse
       
       Und auch gegen den VfB Stuttgart, den der BVB in der Vorsaison noch
       weggeblasen hätte, fraglos mit der Hilfe [2][des unwiderstehlichen Jude
       Bellingham], rannte der BVB fast schon hilflos hinter den Führichs und
       Undavs her. Nur Keeper Kobel bewahrte die Dortmunder am Samstag vor einer
       größeren Blamage, die sich mit dem sehr schmeichelhaften 1:2 in Grenzen
       hielt.
       
       Aber dieser Bellingham, jetzt in Diensten von Real Madrid, repräsentiert
       eben auch das Dilemma der Nicht-FC-Bayern-München-Vereine: Die Besten
       wandern ab, nach Spanien oder England, und hinterlassen eine leicht
       verunsicherte Mannschaft, die sich eben noch auf ihren (Ex)-Star verlassen
       konnte.
       
       Die Arbeit im Vergeblichen hat etwas Ehrenhaftes, und so wird der BVB
       ebenso gemocht wie Union Berlin, aber dieses strukturelle Problem der
       prinzipiellen Chancenlosigkeit könnte irgendwann die Liga zerreißen. Es
       wäre an den Fans, nicht die schönen Seiten des Fatalismus zu preisen,
       sondern gegen die Zwei- bis Dreiklassengesellschaft im Oberhaus
       aufzubegehren.
       
       In Dortmund, und auch anderswo, hofft man lieber auf das Wunder respektive
       die Ankunft des Messias. Die Religionswissenschaftler haben dafür einen
       komplizierten Begriff: Eschatologie. Und so bewegt sich das Wohl und Wehe
       der Dortmunder Befindlichkeit in den Sphären des Religiösen.
       
       Solange die mehr oder weniger Deplorablen in ihrem Glaubenssystem gefangen
       sind, wird sich nicht viel ändern in Fußballdeutschland. Die Liga braucht,
       wenn man so will, ein säkulares Erwachen – und kein quasireligiöses
       Erdulden mehr.
       
       12 Nov 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.schwatzgelb.de/
 (DIR) [2] https://de.wikipedia.org/wiki/Jude_Bellingham
       
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 (DIR) Markus Völker
       
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