# taz.de -- Fußball-WM 2015 in Kanada: Vor Pia haben alle Respekt
       
       > Schwedens Trainerin Pia Sundhage trifft mit ihrem Team auf die USA. Das
       > allein wäre schon brisant genug, hätte sie nicht auch jahrelang den
       > Gegner trainiert.
       
 (IMG) Bild: Noch als US-Trainerin: Pia Sundhage bei der WM in Deutschland 2011
       
       Ottawa taz | Europa hat sie nicht verändert. Pia Sundhage singt immer noch
       mit ihren Spielerinnen oder rennt, ein Flugzeug simulierend, mit
       ausgestreckten Armen über den Platz. Die schwedische Trainerin, die sieben
       Jahre lang das US-Team trainierte und seit 2013 das ihres Heimatlands,
       macht zu Hause das Gleiche, wofür sie schon in Übersee immer belächelt
       wurde. Auch die Schwedinnen fanden die Töne, die Sundhage von sich gab,
       anfangs eher befremdlich, erzählt Mittelfeldspielerin Caroline Seger.
       Mittlerweile hätten sie sich an die Eigenarten ihrer Trainerin gewöhnt.
       
       Das mussten sie auch. Pia Sundhage ist schließlich nicht nur eine Frau mit
       Schrullen. Sie hat für sechs Klubs gespielt, ist mit 146 Einsätzen und 71
       Toren schwedische Rekordnationalspielerin. Sie war Assistentin der
       chinesischen Nationalmannschaft und führte das US-Team zu zwei olympischen
       Goldmedaillen (2008 und 2012), zum Vizeweltmeistertitel (2011) und zu
       insgesamt 91 Siegen in 107 Spielen.
       
       Von der großen Unkonventionellen im Fußball kennt man aber nicht nur die
       Eigenarten, zu denen auch das A-capella-Singen von Bob Dylan, Elvis Presley
       oder Simon & Garfunkel bei offiziellen Anlässen gehört. Man kennt auch die
       Offensive der 55-Jährigen. Ob auf dem Platz – um ein Spiel zu gewinnen,
       holt sie schon mal die Abwehr runter und ersetzt sie durch Stürmerinnen,
       auch wenn der Gegner Brasilien heißt – oder abseits davon. Sundhage ist
       immer in Angriffsstimmung. Der singende Coach sagt und singt, was andere
       sich verbieten. Ob Gegnerinnen oder Spielerinnen, niemand ist vor ihr
       sicher.
       
       USA gegen Schweden – was sowieso schon eines der Spitzenspiele in der
       WM-Vorrunde ist, wurde dank Sundhage im Vorfeld zu einer kleinen
       Schlammschlacht. Die schwedischen Spielerinnen hatten großspurig
       angekündigt, dass nichts unmöglich sei. Im Halbfinale der EM 2013 waren sie
       zwar gegen Deutschland rausgeflogen, die USA hatten sie aber während der WM
       in Deutschland besiegt. „Wir haben sie schon mal geschlagen, und wenn man
       das einmal geschafft hat, kann man es wieder tun“, sagte Torhüterin Hedvig
       Lindahl. Und ihre Kollegin Carola Söberg fügte hinzu: „Sie sind auch nur
       Menschen.“
       
       ## Kapitänin gedisst
       
       [1][In einem Interview] mit der New York Times zog Sundhage nun, zwei Tage
       vor der Begegnung, über ihr ehemaliges Team her und brüskierte ihre
       damaligen Spielerinnen. Der zentralen Mittelfeldspielerin Carli Lloyd und
       der Torhüterin Hope Solo bescheinigte sie, „eine Herausforderung für den
       Trainer“ zu sein: Lloyd, weil sie flatterhaft sei und ganz schnell von der
       besten zur schlechtesten Spielerin im Team werden könnte, und Solo wegen
       ihrer Eskapaden. Außerdem ging sie US-Trainerin Jill Ellis und die
       Kapitänin Abby Wambach an. Letztere würde sie auf der Bank sitzen lassen
       und nur als Joker einwechseln. Ein Diss, der unter echten Hip-Hoppern
       Respekt ernten würde.
       
       Respekt haben vor der grauhaarigen Eminenz Sundhage alle. Immer wieder aber
       gibt es Gerüchte, sie führe ein hartes Regime, lasse sich von niemandem
       etwas sagen, und die Spielerinnen würden sich nicht trauen, ihr zu
       widersprechen. Die Kritik an ihr wird in Schweden immer lauter. Allein für
       ihre Aufstellung für Kanada bekam sie einen heftigen Shitstorm. Der
       schwedische Fußballverband hatte eigentlich den WM-Sieg als Ziel
       ausgegeben. Sundhage aber stapelte tiefer. „Wenn man bedenkt, was wir
       hinter uns haben, wäre das Viertelfinale okay.“
       
       Nach den miserablen Ergebnissen im letzten Jahr und dem verlorenen
       Testspiel gegen den WM-Neuling Schweiz hatte sie mit vielen
       verletzungsbedingten Ausfällen zu kämpfen. Sie stellte deswegen das
       traditionelle 4-1-3-2-System auf ein 4-4-2 um. Im hochspannenden
       Auftaktspiel gegen Nigeria (3:3) hatten ihre Spielerinnen gar nicht so viel
       falsch gemacht. Mit derart kampfstarken Gegnerinnen hatte Sundhage aber
       einfach nicht gerechnet.
       
       ## Schwierigste Vorrundengruppe
       
       Was die USA drauf haben, weiß Sundhage natürlich genau. Spannend wird die
       Begegnung USA gegen Schweden (Samstagmorgen, 2 Uhr, ZDF) also allemal.
       Nicht nur wegen der Rivalitäten, sondern auch, weil beide Teams in der
       schwierigsten aller Vorrundengruppe spielen und keinen Punkt verschenken
       können. Das US-Team hat allerdings einen leichten Vorteil, da es sein
       erstes Spiel gegen Australien mit 3:1 gewann.
       
       Beenden wird Pia Sundhage ihre Trainerkarriere als Nationalcoach wohl nach
       der WM. Ihr Vertrag mit Schweden läuft in diesem Jahr aus. Am liebsten
       würde sie wieder Vereinstrainerin werden. Für einen US-Klub.
       
       12 Jun 2015
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.nytimes.com/2015/06/10/sports/soccer/for-pia-sundhage-swedens-itinerant-coach-its-old-home-week.html?_r=0
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Doris Akrap
       
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