# taz.de -- „Man hätte mich erschlagen sollen“
       
       Ein Garderobenbesuch bei Nana Mouskouri kurz vor ihrem Auftritt im Pariser
       „Olympia“
       
       von JAN FEDDERSEN
       
       Eine halbe Stunde, keine Minute länger, keine einzige. Sagt ihr Manager,
       Monsieur Satge. Und nun bittet sie zum Gespräch. Bloß keine Minute
       verschenken. „Nana empfängt nun“, sagt der Mann, Nana Mouskouri ist bereit.
       Sie gastiert im „Olympia“. Das ist nicht irgendeine Showbühne, sondern das
       „Olympia“. Wer dort auftreten durfte, hatte es, zumindest in Frankreich,
       geschafft. „Olympia“, das ist die Bühne, auf der die Piaf groß wurde,
       Bécaud, Aznavour, Brel und Brassens. Und dann stehen wir vor ihrer
       Garderobe, in der eine ältere Dame sich gerade einen Überblick zu
       verschaffen scheint.
       
       Denn alles steht voller Blumen, mindestens vier Dutzend Vasen in einem
       Zimmer, das eben kaum größer ist als eine Garderobe. Dazwischen ein
       monströser Obstkorb. Die Frau, die zwischen all diesen Dingen hin und her
       trippelt, setzt plötzlich eine Brille auf. Nana Mouskouri. In weit
       geschnittener Bluse über einer schwarzen Hose. Die Haare schwarz, der
       Scheitel mittig gekämmt. Und dann sagt sie sehr zugewandt auf Französisch:
       „Herzlich willkommen, ich freue mich, dass ich etwas Zeit für Sie haben
       darf!“, und bittet Platz zu nehmen.
       
       Darf man auf Englisch und Deutsch fragen? „Ja, aber Sie müssen mir
       erlauben, auf Englisch, Französisch und Deutsch zu antworten“, sagt sie,
       eingezwängt zwischen zwei mächtigen Bouquets, das eine vom Chef ihrer
       französischen Plattenfirma, das andere von der Schahwitwe Farah Diba. „Die
       Blumen, sind sie nicht schön?“ Freut sie sich denn, mal wieder im „Olympia“
       auftreten zu können? „Natürlich, das ist immer eine Ehre, ich war hier ja
       schon vor vierzig Jahren.“ Und nach kurzem Zögern: „Das war früher hier
       natürlich ganz anders. Heute ist alles renoviert, die Teppiche sind neu,
       die Elektrik, die Bühne ist perfekt. Ich finde, das Haus ist nur noch
       äußerlich das berühmte Theater. Als ich jung war, wurde man eingeladen,
       hier zu singen. Heute kann man sich die Bühne mieten …“ Auftritt Monsieur
       Satge, der sich erkundigt, ob ihr beim Gespräch auch wohl sei. Gewiss, sagt
       sie und, an uns gewandt: „Möchten Sie Kaffee?“
       
       Monsieur bringt die Getränke im Plastikbecher, ehe Madame Mouskouri auf die
       Frage antwortet, ob es sie freue, dass deutsche Kritiker ihr seit der
       Wiederveröffentlichung des Album „Nana Mouskouri in New York“ Blumen
       streuen. „Ich war sehr berührt, als die Platte wieder herauskam. Alle
       Erinnerungen kamen wieder. New York, das kannte ich ja noch nicht, das war
       eine Stadt, die mich zuerst wirklich überfordert hat.“
       
       Was ihren damaligen Produzenten Quincy Jones dazu bewog, die Aufnahmen mit
       diesem reizend schüchternen Mädchen aus Athen um eine Woche zu verschieben.
       Nana, geh nach draußen, soll er gesagt haben, da wartet eine Stadt, die du
       nicht kennst, nicht ihr Wetter, nicht ihr Tempo, nicht ihre Menschen, nicht
       ihre Lieder. „Und dann bin ich Abend für Abend losgezogen und habe Ella
       Fitzgerald gehört, Lena Horne, Louis Armstrong – der reine
       Nachhilfeunterricht für mich. Wunderbar.“
       
       Heraus kam schließlich ein Album, auf dem alles amerikanisch klingt und
       doch vertraut durch die hohe und zugleich dunkel timbrierte Stimme der
       Mouskouri. In Deutschland fiel diese Produktion durch, man kannte die
       Griechin seit 1961 und ihren Song „Weiße Rosen aus Athen“, das erste Lied,
       das in puncto Fernweh dem Berufsseemann Freddy Quinn hierzulande das Wasser
       zu reichen vermochte.
       
       „Ich hatte ja überhaupt keine Ahnung, dass dieses Lied so viele Gefühle
       weckt“, sagt die Mouskouri, „aber es hat mir geholfen, etwas sicherer zu
       werden. Eines Tages rief mich Manos (Hadjidakis) an und sagte, hör mal
       Nana, der Song wird in Deutschland ein Hit.“ Damals pflegte sie ihre Hände
       auf der Bühne hinter dem Rücken zu verschränken; noch 1964, bei den
       Deutschen Schlagerfestspielen, als sie das todtraurige Lied „Wo ist das
       Glück vom vergangenen Jahr?“ noch trauriger als nötig vortrug – noch dazu
       im schwarzen, hochgeschlossenen Kleid –, nutzte sie ihre Hände nicht zum
       dramatischen Gestus. „Ich hatte mich nicht getraut. Sie müssen verstehen,
       es war ein langer Weg für mich von Kreta über Athen in die Welt, ich dachte
       immer, niemand würde auf mich warten.“
       
       Wisse man dies, erkläre sich auch, weshalb sie jenes Accessoire trägt, das
       sie erst besonders und dann berühmt machte: die Brille. Auf dem Cover ihrer
       ersten Platte war es noch ein Modell im Schmetterlingslook, 1965 erst
       verlegte sie sich auf die rechteckige Form mit weichen Kanten; sie verlieh
       ihrem Gesicht den bis heute gültigen Ausdruck, dem ein Moment von Distanz
       innewohnt: „Ich brauchte sie ja, weil meine Augen nicht so gut sind. Aber
       ich konnte mich auch hinter den Gläsern verstecken. Zwischen der Welt und
       mir blieb immer eine Grenze. Das hat mir geholfen, mich zu bewahren.“
       
       Das war vielleicht auch nötig. Denn Nana Mouskouri, gesegnet mit einer
       Stimme, die, klassisch ausgebildet, in große Höhe gehen kann, ohne ihre
       dunklen Schatten zu verlieren, war schon früh Objekt eines mal nett, dann
       wieder fies gemeinten Spotts. Ihre Kunst, Lieder zu singen, ohne deren
       Inhalt zu verraten, war in den Jahren des britischen Beats oder des
       amerikanischen Folks nicht gerade der Stoff, auf den eine jugendliche
       Kundschaft gewartet hätte. Unpolitisch sei sie, hieß es. Und naiv. Außerdem
       brauche man keine weißen Rosen aus Athen.
       
       Dennoch erwarb sie sich in den USA reichlich Meriten. Dort tourte sie mit
       Harry Belafonte, trat in der Carnegie Hall auf, gab Benefizkonzerte für die
       Unicef. Nein, sie habe nichts von den gehässigen Kritiken mitbekommen.
       „Einmal, in Los Angeles“, erzählt sie, „sagte mir ein Freund, Bob Dylan
       befinde sich in der Halle. Ich sagte, er solle doch zum Konzert bleiben.
       Dylan meinte nur, er würde bleiben, aber die Vorstellung interessiere ihn
       nicht. Dann sah ich ihn während des Konzerts hinterm Vorhang stehen. Und
       nach der Pause wieder. Das hat mir gefallen. Und ihm muss es auch gefallen
       haben.“ Im Übrigen habe sie keine Probleme, Lieder der amerikanischen
       Bürgerrechtsbewegung, Songs von Dylan oder Joan Baez zu singen:
       „Wunderschöne Musik haben sie gemacht.“ Am Abend, bei der Vorstellung, wird
       sie Dylans „A Hard Rain’s A-Gonna Fall“ auf Französisch singen und es
       innerhalb von neun Minuten unter dem Titel „Le ciel est noir“ mit ihren
       eigenen dramatischen Mitteln zertrümmert – und daraus eine apokalyptische
       Atmosphäre gezaubert haben: Da schien der Himmel nichts als schwarz,
       dräuend, gefährlich.
       
       Monsieur Satge schaut derweil in die Tür. Ein Blick zu ihr, eine Geste zur
       Armbanduhr. „Wir brauchen noch ein wenig“, bestimmt sie. Also weiter. Was
       hält sie von den Vorwürfen, anders als ihre Landsfrau Melina Mercouri,
       Aushängeschild des Widerstands gegen das Obristenregime in Athen, nicht
       ihre Stimme gegen die schrecklichen Folterer erhoben zu haben? „Ich höre
       das immer wieder. Meine Stimme habe auch ich erhoben, aber leiser. Denn
       meine Familie wohnte noch in Griechenland. Die wäre gefährdet gewesen.“
       
       Und, als müsse sie das erwähnen: „Melina und ich waren Freundinnen. Jede
       aber musste selbst entscheiden, ob sie ihren Protest öffentlich macht oder
       im Geheimen den armen Menschen hilft.“ Die Mercouri, das klingt zwischen
       den Zeilen durch, habe es als schauspielernde Politikerin leichter als
       andere gehabt. „Ich habe zu der Zeit in Paris und London gelebt. Und wenn
       ich konnte, habe ich geholfen. Aber nichts konnte ich laut machen. Meine
       Karriere stand am Anfang, die von Melina war schon unsterblich durch ihre
       Rolle der Ilja in ‚Sonntags nie‘.“
       
       Übermächtige Melina, moralische Mercouri, die alle Landsleute des Verrats
       zieh, wenn sie ihre Karrieren nicht aufs Spiel setzten. „Es waren nicht
       alle so prominent wie sie“, sagt Nana Mouskouri. „Ihre Bekanntheit hat doch
       erst möglich gemacht, dass ihre Stimme gehört wurde.“ Und die Mouskouri war
       noch nicht so weltberühmt wie die spätere Kulturministerin Griechenlands.
       
       Alles in allem steht das Repertoire der Mouskouri ja ohnehin außer
       Verdacht, Militärmachthabern gefällig zu sein. Man nenne es eher
       linksliberal: Dylan, Simon & Garfunkel, viele Stücke ihres Entdeckers, des
       Griechen Manos Hadjidakis, selbst ein Mann der weniger prominenten
       Resistenz – „ich konnte nie etwas singen, was gegen den Frieden, für den
       Krieg oder gegen die guten Ziele der Menschheit ist“. Künstlerisch blieb
       sie sich nichts schuldig, im Guten nicht, aber auch nicht im Schlechten.
       
       Viele, sehr viele spektakuläre Liveauftritte, ob in Amphitheatern in
       Griechenland oder eben im „Olympia“, aber auch wehmuttriefende Stücke,
       diese allerdings speziell für den deutschen und niederländischen Markt,
       „Die Welt ist voll Licht“, „La Provence“ oder „Cu-cu-rru-cu-cu Paloma“.
       
       Eine perfekte Stilistin für das Erbschleichergenre, musikalisches Treibgut,
       geeignet, die Welt wie aus einem Knäuel Watte heraus wahrzunehmen. So sah
       man sie, wenn man der Mouskouri übel wollte. Und so liebte man sie, eben
       weil alle ihre Lieder trösteten, streichelten, sentimental stimmten.
       
       Wer hat sie denn beraten, wenn es galt, ein Album zu produzieren? Diese
       Mischung aus „Seasons In The Sun“, „Aranjuez“, „Rote Korallen“. Sie
       unterbricht und stellt energisch eine Vase mit etwa sechzig langstieligen
       Rosen zur Seite. Dann sagt sie, als müsse sie ein Geständnis etwas
       hinauszögern: „Möchten Sie etwas von dem Obst? Es sind sehr aromatische
       Bananen darunter.“ Und beteuert dann: „Ja, ich muss es zugeben, meine
       Lieder waren nicht immer gut ausgewählt. Mein Mann André Chapelle meinte
       mal zu mir, als wir eine großes Buch über mich mit drei CDs für den
       französischen Markt vorbereiteten: Nana, man hätte dich für manche Lieder
       erschlagen sollen. Und er hatte wohl Recht. Aber ich denke, man muss eine
       Sache vom Ende her beurteilen, nicht vom Anfang.“
       
       Nana Mouskouri – auf eigenen Wegen. Sieht sie nur ihr Repertoire? Oder
       nimmt sie Rücksicht auf die Wünsche ihres Publikums? „Ich denke, das muss
       zusammengehen. Kein Land gleicht dem anderen. Für das amerikanische
       Publikum bin ich die griechische Stimme. Es mag die fröhlichen Lieder.
       Meine griechischen Landsleute bevorzugen die dramatischen Songs, die Lieder
       von Hadjidakis vor allem. Und die Deutschen? Die sind so romantisch. Die
       wollen immer eine bessere Welt, die träumen und haben Sehnsucht.“ Die
       meisten der bekannten Lieder Mouskouris sind in mindestens fünf Sprachen
       publiziert worden. „Weiße Rosen aus Athen“, der deutsche Klassiker mit dem
       Text von Hans Bradtke, kam in Frankreich als „Rose blanche de Corfou“
       heraus – „Weiße Rose von Korfu“. Und in Griechenland lief das Lied unter
       dem Titel „Drei Blumen aus Athen“.
       
       Und für jedes Publikum werden andere Gebiete im Repertoire der insgesamt
       etwa viertausend gesungenen Lieder abgesteckt. Stets etwas in der Sprache
       des Landes, in dem sie gerade auftritt; in Neuseeland war es einmal gar ein
       Song auf Maori; schließlich einige internationale Klassiker, davon
       mindestens einer auf Griechisch; englische und französische Texte werden im
       deutschsprachigen Raum jedoch selten gesungen. „Ich finde, die Menschen,
       die in meine Konzerte kommen, sollen das hören können, was sie möchten.
       Überraschungen mögen sie nicht so sehr. Sie mögen mich wegen der Lieder,
       die sie kennen. Das respektiere ich gerne.“
       
       Dann verabschiedet sie sich freundlich, zeigt noch ein wenig gerührt die
       Blumensträuße: „Ist es nicht schön? All diese Liebe.“ Seufzt hörbar
       zufrieden und fügt hinzu: „Das konnte ich doch nicht ahnen, dass mir das
       einmal geschieht, als ich in Athen, vor vielen, vielen Jahren, hoffte,
       einmal auf einer Bühne singen zu können.“
       
       Monsieur Satge lässt sich nun nicht mehr abwimmeln. Draußen warte noch ein
       Team von der Illustrierten Paris Match, das dürfe nicht verprellt werden.
       „Ja, ich bin bereit. Aber ich muss noch etwas lernen“, sagt sie, „die Texte
       meiner neuen CD in Frankreich beherrsche ich noch nicht perfekt.“
       
       Perfektion, handwerkliche Sicherheit – das ist, so wird sich am Abend beim
       Konzert herausstellen, das, was die Mouskouri von den meisten ihrer
       Kolleginnen und Kollegen unterscheidet.
       
       Ihrem Charme zum Trotz kann sie, so wird es glaubwürdig berichtet, garstig
       und kühl werden, wenn sie das Gefühl hat, sich mit ästhetisch zwielichtigen
       Gestalten gemein machen zu müssen. Einmal, während einer deutschen
       TV-Produktion, kam Helmut Lotti auf sie zu. Jener Belgier, der unter
       anderem das Album „A Tribute To The King“ herausgab, auf dem er Presleys
       Songs knödelnd zerstörte. Lotti, nicht unfreundlich, streckte ihr seine
       Hand entgegegen – aber Nana Mouskouri verweigerte ihm ihren Teil der Geste
       und teilte nur sachlich mit: „Respektieren Sie die Musik!“
       
       In solchen Szenen schimmert wohl durch, was Nana Mouskouri als
       Entertainerin vier Jahrzehnte hat überleben lassen, und zwar mit durchweg
       nach wie vor ausverkauften Tourneen: eine Härte sich selbst und eine
       Zähigkeit dem Stoff, den sie bewältigen will, gegenüber, die dem Gros ihrer
       Kolleginnen fehlt. Nur deshalb kann sie Unverständnis signalisieren, wenn
       man sie fragt, was sie sich dabei denke, wenn in Travestieshows auf der
       Bühne ein Nana-Mouskouri-mit-Brille-Klon-Wettbewerb stattfinde. „Ich
       verstehe sie nicht. Sie meinen es wohl gut.“
       
       Ein Lied sei dann gut, meinte die Mouskouri, so steht es im Notizblock,
       wenn jeder etwas anderes darin erkenne. „Das nenne ich Magie. Oder Zauber.
       Wie Sie möchten.“ Nana Mouskouri wird später ihr Pariser Publikum wieder zu
       Applaus hinreißen, zu Standing Ovations gar. Ihre Stimme wird in den hohen
       Lagen etwas brüchig, in den Tiefen warm und rund. Der deutsche Liedermacher
       Funny van Dannen wird wissen, weshalb er gesungen hat: „Gib es zu, du warst
       im Nana-Mouskouri-Konzert, / ich war auch da und du hast geweint.“ Auch in
       Paris laufen vielen Zuschauern Tränen die Wangen hinunter. Ob bei „Le
       tournesol“ oder, vor allem, bei „Je chante avec toi la liberté“, dem
       hierzulande als Gefangenenchor aus „Nabucco“ bekannten Stück. Es ist
       ergreifend und, sagen wir, unerklärbar, was diese Stimme derart nah macht.
       
       Vielleicht liegt es daran, dass an Nana Mouskouri alle Ironie, aller
       Sarkasmus, alle Bosheit abprallt – als habe sie irgendwann beschlossen,
       sich so zu Markte zu tragen, wie sie ist. Ein Entschluss, der keine
       distanzierende Ironie verträgt und sie auch nicht braucht. Eine, die sich
       während der Sechzigerjahre traute, mit einer schützenden Brille
       aufzutreten, die keinen Sex-Appeal versprühte und nur Lieder voll Sehnsucht
       und Träumerei darbot, eine, die an das glaubt, was sie vorzutragen hat, die
       hat womöglich auch keine Haltung der Welt gegenüber nötig, die als
       Entschuldigung zu nehmen wäre.
       
       Später, als noch mehr Blumengestecke die Garderobe füllen, nach zweieinhalb
       Stunden auf der Bühne, nach der Umarmung ihres Mannes, nach Fragen des
       Managers, nach der Verabschiedung der Band in den Feierabend und dem Small
       Talk mit Freunden aus ihrer deutschen Plattenfirma hat sie die Pumps
       endlich ausgezogen, ein Handtuch um die Schultern. Wir fragen sie, ob sie
       ihren Dylan-Song bei ihren deutschen Gastspielen geben wird. Sie will nicht
       enttäuschen, aber: „Ich glaube nicht. Die Deutschen mögen so ein Lied
       nicht. Sie könnten sich bedroht fühlen. Das wäre mir nicht lieb. Aber alles
       kann anders werden. Ich werde sehen.“
       
       Auf dem Notizzettel steht noch, hastig aufgeschrieben, während der
       Heimfahrt erst entziffert, die Frage, ob sie gedenke, irgendwann nicht mehr
       zu singen. Und die Antwort: „Mein Weg war lang. Es gab wunderbare Jahre.
       Die meisten Jahre waren sehr schön. Und einige Jahre, die mich sehr
       unsicher gemacht haben. Jetzt singe ich, weil ich mich auf der Bühne nicht
       mehr allein fühle.“
       
       Ein Eindruck mag dies unterstreichen. Von der Mouskouri, die ihre Arme auf
       dem Rücken versteckte, ist nichts geblieben. Während dieses Konzerts, im
       „Olympia“, dort, wo sie einst eine schüchterne Griechin war, untermalt sie
       mit ihren Armen den Gesang wie eine Zauberin, die ihren Körper unverwundbar
       weiß. Wie das aussieht? Magisch.
       
       JAN FEDDERSEN, 45, taz.mag-Redakteur, mag vor allem Mouskouris Lieder „Wo
       ist das Glück vom vergangenen Jahr“, „Plaisir d’amour“, „And I Love You So“
       – und neuerdings: „Le ciel est noir“
       
       16 Nov 2002
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) JAN FEDDERSEN
       
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