# taz.de -- Olympia – Gewichtheben: Iraner gewinnen Obelixklasse
       
       > In der Welt des Gewichthebens sind die beiden stärksten Männer Iraner.
       > Titelverteidiger und Sympathieträger Matthias Steiner fallen 196 Kilo auf
       > die Nacken.
       
 (IMG) Bild: Was der alles aushält: 196 Kilo auf Steiners Nacken. Und nichts passiert
       
       Die Startbedingungen: Der Beutedeutsche Matthias Steiner – er ist
       gebürtiger Österreicher – geht nicht nur als Titelverteidiger in den
       Wettkampf, sondern auch als Sympathieträger. Vor vier Jahren in Peking
       hielt er bei der Siegerehrung ein Foto seiner tödlich verunglückten Ehefrau
       in die Kameras und zeigte dabei, dass nicht bloß seelenlose
       Anabolikamonster diesen Sport betreiben. In London startet er mit
       Verletzungshandicap.
       
       Auch dabei: Itte Detenamo von der Pazifikinsel Nauru, von der an dieser
       Stelle schon öfter die [1][Rede] war. Überhaupt ist die
       [2][Diktatorenquote] in der Obelixklasse (wer hier mitmacht, hat mindestens
       105 Kilo auf den Hüften) geringer als in den unteren Gewichtsklassen. Gut,
       aus dem Iran kommen zwei Teilnehmer, darunter der Weltmeister Behdad
       Salimikordasiabi, auch aus Weiß- und Normalrussland sowie aus der Ukraine
       sind Athleten dabei.
       
       Aber Kasachstan, China und Nordkorea, deren Gewichtheberinnen und
       Gewichtheber die Spiele in London dominiert haben, treten im
       Superschwergewicht nicht an, ebenso wenig die Türkei, die [3][gar nichts]
       dominiert hat. Dafür ist Aruba dabei, Kamerun und eben Nauru. Zwei
       gemeldete Athleten aus der Ukraine bzw. aus Aserbaidschan starten aus
       merkwürdigen Gründen erst gar nicht.
       
       Die Entscheidung: Nach dem [4][Reißen], der athletischeren, dynamischeren
       und technisch anspruchsvolleren Disziplin, ist das Feld einigermaßen
       ausgeglichen. Anders als in [5][einigen] niedrigeren Gewichtsklassen in den
       vergangenen Tagen gibt es keinen, der erst dort einsteigt, wo andere längst
       aufgehört haben. Der Weltmeister – das ist der mit dem klingenden Namen
       Salimikordasiabi – liegt nach drei Versuchen gleichauf mit dem Russen
       Ruslan Albegow. Beide haben 208 Kilo gerissen, das sind sechs Kilo unter
       dem von Salimikordasiabi gehaltenen Weltrekord. Dessen Landsmann Sajjad
       Anoushiravani liegt mit 204 Kilo auf dem dritten Platz.
       
       Im [6][Stoßen], der epischeren, meist dramatischeren Disziplin, schafft
       Salimikordasiabi 247 Kilo. Das ist das Gewicht von etwa 19 Kisten Bier. Mit
       vollen Flaschen. Die Hantel schwingt und schwingt und schwingt. Aber
       Salimikordasiabi hat sie unter Kontrolle. Der Russe schwächelt ein
       bisschen, so dass sich der andere Iraner auf den zweiten Platz vorarbeitet.
       Bleibt noch der Südkoreaner Sang-Guen Jeon, der im Reißen nur auf 190 Kilo
       und den neunten Platz geschafft hat. Im Stoßen schafft er 246.
       
       Dann lässt er 259 Kilo auflegen. Wenn ihm das gelingt, ist er in den
       Medaillenplätzen (bei Olympia gibt es nur Medaillen für den Zweikampf, also
       die Summe aus den besten Werten in beiden Disziplinen). Er hebt an – aber
       no way, er bekommt die Hantel nicht einmal kniehoch. Das heißt: Doppelsieg
       für den Iran, dahinter Russland. Also doch wieder die. Der Mann aus Nauru
       wird 14.
       
       Das Drama: Titelverteidiger Matthias Steiner hat vorsichtig mit 192 Kilo im
       Reißen angefangen. Bei seinem zweiten Versuch legt er 196 Kilo auf. Als er
       sich aus der Hocke aufrichten will, gerät die Hantel in Schieflage. Er
       bekommt sie nicht unter Kontrolle, bricht zusammen und die Hantel fällt ihm
       auf den Nacken. Er liegt kurz benommen auf dem Podest. Es sieht furchtbar
       aus. Dann kann er von allein aufstehen. Auf einen dritten Versuch
       verzichtet er. Nach einer ersten Untersuchung im Krankenhaus heißt es, dass
       sich Steiner nicht ernsthaft verletzt habe.
       
       Die Schlussfolgerung: Bei 15 Wettbewerben (acht bei den Männern, sieben bei
       den Frauen) in London wurden elf Olympische Rekorde und acht Weltrekorde
       aufgestellt. Ging bestimmt alles mit rechten Dingen zu. Denn die Schummler
       sind erst gar nicht angetreten. Und dass die komplette iranische Mannschaft
       von der Weltmeisterschaft ausgeschlossen wurde, ist schon sechs Jahre her.
       Schließlich: Der Prophet und der Ahmadinedschad haben Doping doch verboten,
       oder?
       
       Die Bilanz: Den Medaillenspiegel im Gewichtheben führt, na klar, [7][China]
       mit fünf goldenen und zwei silbernen Medaillen an. Es folgen
       [8][Kasachstan] (viermal Gold), Nordkorea (dreimal Gold und einmal Bronze)
       und der Iran (einmal Gold, zweimal Silber, einmal Bronze). Wie gesagt,
       Gewichtheben ist der Lieblingsport von Diktatoren in aller Welt. Und ist
       trotzdem [9][der geilste Sport wo gibt bei Olympia].
       
       Und sonst? Das war's. Nur eines noch: Gute Besserung, Matthias Steiner,
       dieser Sport braucht Athleten wie Sie!
       
       7 Aug 2012
       
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