# taz.de -- Weltmeister David Storl übers Kugelstoßen: "Ballett habe ich noch nie getanzt"
       
       > Weltmeister David Storl erzählt von den ewig wiederkehrenden Anfängen,
       > dem eigenen Wunschgewicht und warum in London im Sommer auch Platz 5
       > zufriedenstellend wäre.
       
 (IMG) Bild: Scheint Gold zu mögen: David Storl, Weltmeister im Kugelstoßen
       
       taz: Herr Storl, was macht das Gewicht? 
       
       David Storl: Ganz normal. Zurzeit wiege ich 120 Kilo.
       
       Wie viel mehr ist das im Vergleich zum Vorjahr? 
       
       Das müssten zwei Kilo sein, aber so genau weiß ich das gar nicht.
       
       Mit Ihren nun 120 Kilo verteilt auf 1,98 Meter Körpergröße zählen Sie nach
       wie vor zu den Schmächtigen in der Welt der meist doch recht dickbäuchigen
       Kugelstoßer. Was wäre Ihr Wunschgewicht? 
       
       Das ist schwer zu sagen. Ich muss einfach so viel wiegen, dass ich noch gut
       bin. Wenn ich plötzlich viel mehr wiege, könnte es ja auch sein, dass ich
       zu langsam werde. Die Relationen müssen da schon stimmen. Es muss einfach
       passen.
       
       Prinzipiell ist es aber schon so, dass mehr Masse im Kugelstoßen mehr Kraft
       bedeutet. Ist das der Faktor, den Sie noch am meisten verbessern können? 
       
       Na ja, ich glaube nicht, dass ein dicker Bauch was mit Kraft zu tun hat.
       Man muss da schon schauen, dass die Kraftleistung hoch geht - und nicht nur
       der Bauchumfang. Das soll ja nicht träge Masse sein, sondern aktive Kraft.
       Sonst bringt das nichts beim Beschleunigen der Kugel. Insgesamt, da haben
       Sie recht, gibt es bezüglich Maximalkraft und Körpergewicht bei mir noch
       Spielraum nach oben. Aber mit zunehmendem Alter kommt das noch.
       
       Wie schwer fällt es Ihnen, Kilos draufzupacken? 
       
       Also leicht fällt es mir nicht. Durch das Training, das ich täglich
       betreibe, verbrauche ich ja eine Menge Kalorien. Wenn man dabei noch
       zunehmen will, muss man schon eine Menge essen.
       
       Was Technik und Dynamik anbelangt, gelten Sie bereits als weitgehend
       ausgereift. 
       
       Nein, mit 21 wäre es vermessen zu sagen, dass man schon ausgereift ist.
       Ohnehin fängt man zu Saisonbeginn immer ein Stückchen weiter hinten an, als
       man am Saisonende aufgehört hat. Es ist immer wieder schwer, in der Technik
       richtig gut zu sein.
       
       Festhalten kann man dennoch, dass Ihre Technik als vorzüglich gilt. Die FAZ
       hat Ihnen unlängst gar die "Fußarbeit einer Balletteuse" bescheinigt. 
       
       Also Ballett habe ich noch nie getanzt. Aber ich muss natürlich etwas
       haben, womit ich die Defizite, die ich derzeit noch in der Maximalkraft und
       im Körpergewicht habe, ausgleichen kann. Ich muss das eben über die Technik
       wettmachen.
       
       Herr Storl, letzten Sommer sind Sie in Daegu mit 21 Jahren der erste
       deutsche Kugelstoß-Weltmeister geworden - und der jüngste aller Zeiten. Wie
       fühlt es sich an, Weltbester zu sein? 
       
       Wie Sie gesagt haben: Das war letztes Jahr und sicherlich ein toller
       Jahreshöhepunkt. Aber dieses Jahr muss ich wieder von vorne anfangen, um
       diesen Erfolg bestätigen zu können.
       
       Den Titel haben Sie mit Ihrem letzten Stoß auf 21,78 Meter gewonnen. Um das
       hinzukriegen, muss man wohl eine ziemlich coole Socke sein, oder? 
       
       Na ja, ich war schon aufgeregt. Aber ich hatte ja schon Silber. Da wäre es
       nicht der Weltuntergang gewesen, wenn ich nicht Gold gewonnen hätte. Von
       daher war ich trotz aller Aufregung doch ziemlich locker und hatte meinen
       Spaß.
       
       Stimmt es, dass die Menschen Sie seitdem bei den Meetings schon beim
       Einstoßen, also beim Warmmachen bejubeln? 
       
       Das hat vielleicht damit zu tun, dass ich beim Einstoßen meist weiter stoße
       als im Wettkampf. Außerdem muss man beim Einstoßen nicht immer gültig
       stoßen und kann auch mal ein bisschen Risiko gehen. Für die Zuschauer ist
       das natürlich eine Show.
       
       Warum wird ein junger Mann überhaupt Kugelstoßer? 
       
       Ich bin da eher durch Zufall reingerutscht. Ursprünglich habe ich Mehrkampf
       gemacht. Als dann mein Trainer gestorben ist, war keiner da, der das
       weitermachen konnte. Weil ich der beste Werfer war, wurde ich Kugelstoßer.
       
       Sie wurden 2007 U18-Weltmeister, haben 2009 einen U20-Weltrekord
       aufgestellt und waren bereits 2010 EM-Fünfter bei den Männern. Das hört
       sich nach einer Karriere nach Plan an. Ist dem so? 
       
       Nein, so würde ich das nicht sagen. In der Jugend kann man gerade im
       Kugelstoßen über viel Krafttraining zum Erfolg kommen. Oft ist es dann aber
       so, dass diese Jugendlichen einbrechen, sobald sie in den Männerbereich
       kommen. Bei mir hingegen war schon immer das große Ziel, irgendwann mal bei
       den Männern gut zu sein. Das habe ich jetzt erreicht.
       
       Was könnte der nächste Karriereschritt sein? 
       
       Das weiß ich doch nicht. Jetzt steht erst mal die Hallen-WM im Vordergrund.
       Das ist schwer genug. Die Spitze im Kugelstoßen ist so dicht geworden, da
       kann man auch mit einer richtig guten Leistung nur Fünfter werden.
       
       Bei den Olympischen Spielen im Sommer in London sind Sie als Weltmeister
       wohl automatisch einer der Goldfavoriten. Wie gehen Sie damit um? 
       
       Indem ich den Druck senke und die Dinge realistisch sehe.
       
       Nämlich? 
       
       Ich war Ende letzten Jahres Sechster der Weltrang-Bestenliste und nicht
       Erster. Die Jungs sind alle richtig gut. Da sind welche dabei, die haben
       schon fünfmal über 22 Meter gestoßen. Das heißt, dass man mit einer
       Leistung wie der meinen bei der WM bei Olympia auch nur Fünfter oder
       Sechster werden kann.
       
       Beim Saisonauftakt haben Sie Ihre Hallenbestleistung um fast einen halben
       Meter auf 21,14 Meter verbessert. Packt man diesen halben Meter auf die
       21,78 Meter vom Sommer, wäre man bei 22,28 Meter und dem recht sicheren
       Olympiasieg angelangt. Das hört sich gut an, oder? 
       
       Das hört sich sogar sehr gut an. Aber wenn es so einfach wäre, dann müsste
       ich mich ja nicht jeden Tag im Training schinden.
       
       23 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frank Ketterer
       
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