# taz.de -- Leichtathletin Friedrich: Der kleine Sprung nach oben
       
       > Hochspringerin Ariane Friedrich muss sich nach ihrem Achillessehnenriss
       > in Bescheidenheit üben. Da sind 1,85 Meter lächerlich und zum Heulen
       > zugleich.
       
 (IMG) Bild: Die fehlende Höhe, sie nagt an der Diva Friedrich, hier bei einem Sprung Anfang 2012
       
       KARLSRUHE taz | Es ist ja keineswegs so, dass Ariane Friedrich alles
       verlernt hätte, man kann das sogar nachlesen: In der deutschen
       Jahresbestenliste wird die 28-Jährige der LG Eintracht Frankfurt derzeit
       mit 1,85 Meter geführt; nur vier deutsche Athletinnen hat es anno 2012
       schon in lichtere Höhen getrieben. Andere Hochspringerinnen wären also
       froh, wenn sie das Jahr mit solch einer Höhe begonnen hätten, aber für
       Ariane Friedrich gelten diese Maßstäbe natürlich nicht.
       
       Wenn Ariane Friedrich über 1,85 Meter sprechen soll, dann spricht sie erst
       mal gar nicht, sondern sie lacht nur. Es ist ein ziemlich aufgesetztes
       Lachen. Die Enttäuschung ist groß, sie macht sie ratlos und rasend.
       Eigentlich findet Ariane Friedrich 1,85 Meter gar nicht zum Lachen, sondern
       schlichtweg lächerlich, also eher zum Heulen, sie hat das schon öffentlich
       gezeigt: Zwei Wettbewerbe hat die gelernte Polizeikommissarin in diesem
       Jahr in der Halle bestritten, zweimal flossen hernach die Tränen.
       
       Dazu muss man wissen, dass Ariane Friedrich vor gar nicht all zu langer
       Zeit noch eine der besten Hochspringerinnen der Welt war. Bei 2,06 Meter
       steht ihre persönliche Bestleistung im Freien, bei 2,05 m jene in der
       Halle. 2009 setzte sie diese Bestmarken, im gleichen Jahr wurde sie
       Hallen-Europameisterin und Dritte bei der Berliner Heim-WM, ein Jahr später
       landete sie auch bei der Freiluft-EM auf Rang drei.
       
       Dann, zwei Tage vor Heiligabend 2010, riss ihre Achillessehne. Ein
       Achillessehnenriss ist für eine Hochspringerin die Super-GAV, die größte
       anzunehmende Verletzung. "Viele Hochspringer kommen danach nicht mehr
       wieder", weiß Friedrich.
       
       ## Nur noch ein "Schlappermuskel"
       
       Sie hat es immerhin zurück auf den Weg geschafft, auch wenn es ein langer
       und schwerer war und immer noch ist. Als sie nach zwölf Wochen den
       Vacoped-Schuh, der heute als Gips-Alternative verwendet wird, ablegte, war
       an ihrer Wade "nichts mehr, nur noch ein "Schlappermuskel". "Am Anfang
       freut man sich über jeden kleinen Schritt", erzählt Günter Eisinger, ihr
       Trainer und Manager. Ein paar Minuten joggen, ein Sprung über einen Kasten,
       solche Dinge eben.
       
       Aber jetzt, 13 Monate nach der GAV, hat Friedrich die Schnauze voll von
       kleinen Schritten. Sie will endlich wieder große Sprünge machen. "Ich habe
       gedacht, dass ich schon wieder höher springen kann", gibt sie zu. Zumal
       ihre Werte im Training laut Eisinger "zum Teil besser sind als zuvor".
       "Ariane ist körperlich in bombastischer Verfassung", fasst der Coach diese
       zusammen. Nun gehe es im Wesentlichen nur noch darum, all die bombastischen
       Werte umzusetzen - in Höhe.
       
       Hochsprung ist eine komplizierte Angelegenheit, vollgepackt mit technischen
       Abläufen und Finessen. Irgendwo in diesen vermuten Sportlerin und Trainer
       den oder die Fehler, jedenfalls sprechen beide von "technischen Defiziten",
       die noch aufzuarbeiten seien. "Schwächen in der Kurvenlage", hat Friedrich
       vor allem erkannt. "Der Anlauf passt noch nicht", stellt sie fest. "Wir
       brauchen etwas Ruhe und Geduld", sagt Eisinger. "Seit der Verletzung habe
       ich mit dem Wort Geduld gelebt, aber irgendwann reicht es auch mal",
       entgegnet sein Schützling: "Es wird Zeit, dass ich wieder Leistung zeige."
       
       Vor allem in Hinblick auf die Olympischen Spiele im Sommer in London ist
       dieser Satz sicherlich nicht falsch, auch wenn Trainer Eisinger den
       Istzustand nach wie vor als "normal" bezeichnet - und somit im Plan
       liegend. "Wenn der Knoten platzt, wird es ein Selbstläufer. Da bin ich mir
       sicher", sagt Eisinger.
       
       ## Macht der Selbstsuggestion
       
       Zumal die gerissene Achillessehne keinerlei Sorge mehr bereitet. "An die
       habe ich schon lange nicht mehr gedacht", sagt Friedrich, die das Problem
       mittlerweile weniger im Fuß als in ihrem Kopf lokalisiert. Früher, vor der
       Verletzung, ist sie mit 1,90 m erst in die Wettkämpfe eingestiegen, heute
       ist sie bei dieser Höhe schon gar nicht mehr dabei.
       
       Das muss man erst mal auf die Reihe kriegen, gerade eine Diva wie sie. "Die
       Situation nagt an mir", gibt Friedrich zu. Um so mehr müsse sie "daran
       arbeiten, dass ich meine mentale Stärke zurückbekomme". Schon mehrfach habe
       sie deshalb in den letzten Tagen versucht, ihren Sportpsychologen "zu
       erwischen". Bis es so weit ist, versucht Ariane Friedrich es mit der Macht
       der Selbstsuggestion, zum Beispiel wenn sie an ihren nächsten Wettkampf
       beim Internationalen Leichtathletik-Meeting am Sonntag in Karlsruhe denkt,
       ihren vorletzten in der Halle.
       
       In Karlsruhe ist sie vor drei Jahren 2,05 m gesprungen. "An Karlsruhe habe
       ich tolle Erinnerungen. Ich freue mich darauf", sagt Ariane Friedrich. Sie
       hofft, dass es nicht wieder in Tränen endet.
       
       12 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frank Ketterer
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
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