# taz.de -- Samuel Etoo spielt bald in Dagestan: Tore und Terror
       
       > Der FK Anschi aus der russischen Teilrepublik Dagestan will in die
       > Champions League. Mit Oligarchen-Millionen. Nach Roberto Carlos kaufte
       > man jetzt auch Samuel Etoo.
       
 (IMG) Bild: Samuel Etoo im Battle mit Roman Shishkin.
       
       MOSKAU taz | Machatschkala? Wo bitte liegt denn das? Noch vor Jahresfrist
       kannte kaum jemand die Hauptstadt der russischen Teilrepublik Dagestan.
       Selten brachte es die nordkaukasische Hafenstadt bis in die Schlagzeilen.
       
       Dabei wartet sie seit Jahren mit steigenden Rekordstatistiken auf. Nirgends
       im unruhigen Nordkaukasus wird mehr gebombt, geschossen und gestorben als
       in Dagestan. Seit Anfang des Jahres registriert die Verbrechensstatistik
       mehr als 50 zivile Todesopfer, 80 Schießereien und 45 Bombenanschläge.
       Bandenkrieg, islamistischer Terror, korrupte Stammesfürsten und Politiker
       verwandelten die einst beschauliche Bergregion in Russlands heißestes
       Pflaster. Wegschauen, das war immer Moskaus Devise.
       
       Inzwischen schaut zumindest die Fußballwelt nach Machatschkala. Der lokale
       Klub und russische Erstligist Anschi ist seit Monaten auf Einkaufstour bei
       europäischen Spitzenvereinen. Der letzte Coup wurde gestern besiegelt.
       Kameruns Stürmer Samuel Etoo wechselte mit sofortiger Wirkung von Inter
       Mailand zum dagestanischen Anschi, der erst seit 2009 wieder in der
       russischen Premier Liga spielt. Auf drei Jahre soll sich Etoo am Kaspischen
       Meer gegen einen jährlichen Nettosold von 20,5 Millionen Euro verpflichtet
       haben. Auch Inter Mailand konnte bei der Ablösesumme von angeblich 35
       Millionen Euro nicht mehr widerstehen. Der dagestanische Durchschnittslohn
       beträgt knapp 200 Euro.
       
       ## Samuel Etoo, Roberto Carlos
       
       Der Kauf des ehemaligen Torschützenkönigs der spanischen Primera Division
       war nicht der erste spektakuläre Fußballerkauf. Im Frühjahr holte der
       Milliardär und Klubbesitzer Suleiman Kerimow bereits den brasilianischen
       Weltmeister Roberto Carlos zu Anschi. Zur Unterstützung des gealterten
       Stars erwarb er gleich noch drei Spieler brasilianischer Herkunft, den
       Verteidiger João Carlos, Jucilei da Silva, einen Mittelfeldspieler, der
       auch schon in die Nationalelf berufen wurde, sowie den Stürmer Diego
       Tardelli. Ebenfalls im August wechselte der russische Nationalspieler Juri
       Schirkow von Chelsea nach Machatschkala. Der Wechsel in die Heimat dürfte
       ihm bei einer Gage von 5,5 Millionen Euro leicht gefallen sein. Allerdings
       schätzen nicht alle Fans sein Engagement bei Anschi: Im Länderspiel gegen
       Serbien vorletzte Woche wurde er ausgepfiffen. Die rassistische Fangemeinde
       sieht hinter dem Wechsel zu einem kaukasischen Klub Verrat.
       
       Noch soll die Einkaufstour nicht abgeschlossen sein. Kerimows Emissäre
       haben angeblich auch beim FC Barcelona nach Dani Alves und in Eindhoven
       nach dem Ungarn Balazs Dzsudzsak gefragt. Oligarch Kerimow verdirbt die
       Preise. Wer wirklich großes Geld verdienen will, zieht demnächst in den
       Kaukasus. Kerimow zählt zu den zehn reichsten Russen. Mit der
       Investmentfirma Nafta hat er Zugriff auf Russlands größten Silberexporteur
       Polymetal, überdies kaufte er sich bei der Credit Suisse, Morgan Stanley
       und der Deutschen Bank ein und hält auch noch Aktien im Ölgeschäft.
       Investitionen müssen sich für den gebürtigen Lesginen aus dem
       dagestanischen Derbent lohnen. In vier Jahren will der Geschäftsmann mit
       Anschi in die Champions League einziehen. Den Verein erhielt er zu
       Jahresbeginn jedoch umsonst. Die Schenkung des dagestanischen Präsidenten
       war allerdings mit der Auflage verbunden, jährlich mindestens 30 Millionen
       Dollar für Spielerkäufe und Gehälter auszugeben sowie das marode Stadion
       und den Maulwurfsrasen auf Uefa-Niveau zu bringen. Für 200 Millionen Dollar
       soll in Machatschkala nun ein neues Stadion entstehen. Die Investitionen
       sind Teil eines Kremlprogramms, das hofft, den Kaukasus mithilfe von
       Großprojekten in Sport und Tourismus befrieden zu können.
       
       ## Wohnen und trainieren bei Moskau
       
       Die Sicherheitsfrage ist denn auch Anschis drängendstes Problem. Der Verein
       fand unterdessen eine einfache Lösung: Die Spieler wohnen in Moskau und
       trainieren in Kratow im Moskauer Umland. Steht ein Heimspiel an, werden die
       Legionäre an die kaukasische Front geflogen. Dort füllt allein das
       Polizeiaufgebot die Ränge.
       
       Geiz und mangelnde Aufmerksamkeit sind dem Milliardär Kerimow nicht
       nachzusagen. Auf der Geburtstagsfeier von Roberto Carlos schenkte er dem
       38-Jährigen einen Bugatti Veyron im Spielzeugformat. Vor der Tür stand dann
       der echte.
       
       22 Aug 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus-Helge Donath
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Dagestan
       
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